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Über den Kuppeln von Jerusalem

Der Blick über das historische Jerusalem faszinierte Fotografinnen und Fotografen schon immer. Ein Archivar und ein Pfarrer haben Panorama-Aufnahmen von 1898 sowie 1907 aktuellen Fotos gegenübergestellt und in einem einzigartigen Buch veröffentlicht. Mit erklärenden Texten.

In Jerusalem begegnen sich viele Kulturen der Antike und der Moderne. Die Altstadt ist in das jüdische, christliche, armenische sowie muslimische Viertel gegliedert und von einer aus osmanischer Zeit stammenden Befestigungsmauer umgeben. Die Metropole beindruckt auch ästhetisch: In einem alten Text heisst es: «Zehn Mass Schönheit kamen in die Welt, Jerusalem nahm neun und der Rest der Welt eines.»

Kunst- wie kirchenhistorisch gibt es viele einzigartige Stätten zu bewundern. Im christlichen Viertel liegt die Grabes- und Auferstehungskirche, in der Jesus von Nazereth gemäss dem Stand heutiger Forschungen wohl gekreuzigt und begraben wurde. Im islamischen Viertel, auf dem Tempelberg, stehen der Felsendom und die Al-Aqsa-Moschee. Der Legende nach blieben beim Bau der Kuppel 100 000 Golddinare übrig. Die Architekten lehnten es ab, die Summe einfach so anzunehmen und vergoldeten damit die Kuppel.

Das Baugerüst des Kirchturms der Dormitio-Abtei, von wo aus 1907 ein unbekannter Fotograf Panorama-Aufnahmen der Altstadt von Jerusalem machte. Foto: Landeskirchliches Archiv Stuttgart.

Heute ist Jerusalem eine moderne Stadt mit Bewohnenden aus aller Welt, die leider von den Spannungen zwischen den Menschen jüdischen und den Menschen islamischen Glaubens geprägt ist. Der politische Status der Stadt ist international umstritten und seit Jahrzehnten Teil des Nahostkonflikts.

Berühmt ist Jerusalem auch für seine einmalige Skyline. Ein kürzlich erschienenes Buch von Jakob Eisler und Christoph Knoch ermöglicht Panoramablicke vom Turm der Erlöserkirche und der Dormitio-Abtei in den Jahren 1898, 1907/10, 2012 und 2022. Pfarrer Knoch hatte von seinem Grossvater ein historisches Leporello «Rundblick» mit Aufnahmen des jungen Leipziger Fotografen Bruno Henschel erhalten. Die einzigartigen Panoramen waren kurz vor dem Besuch des deutschen Kaisers Wilhelm II. in Jerusalem vom Turmgerüst der Erlöserkirche aus gemacht worden. Sie zeigen die Bauten und räumlichen Ausmasse der Altstadt von Jerusalem im Jahr 1898. Von dem wertvollen, grossen Leporello sind weltweit nur wenige erhalten. Eine kleinere Ausgabe ist bibliographisch gar nicht verzeichnet.

Rundblick vom Turm der Erlöserkirche damals (oben) und heute (unten). Fotos Henschel / Ck.

Als Pfarrer Knoch sein Erbstück einem Palästina-Kenner, Professor Alex Carmel, zeigte, beschlossen die beiden, die einmaligen Aufnahmen der Altstadt von Jerusalem einer grösseren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Mehrfach reiste Knoch in den vergangenen Jahren für neue Aufnahmen in die Heilige Stadt. Dabei entstanden die aktuellen Aufnahmen von fast exakt denselben Standorten aus, von denen die historischen Aufnahmen gemacht worden waren. Gemeinsam mit Carmels letztem Assistenten, Jakob Eisler, entstand nach Knochs Pensionierung der vorliegende Bildband. Die Finanzierung des Werks unterstützten zahlreiche kirchlichen Organisationen aus der Schweiz und Deutschland.

Der Band beginnt mit prominenten Geleitworten von Joachim Lenz, Probst der Erlöserkirche, und Nikodemus C. Schnabel OSB, Abt der Dormitio-Abtei. Weitere Beiträge beleuchten das Leben des Leipziger Fotografen Bruno Henschel, die Geschichte der «deutschen» Kirchtürme in Jerusalem sowie das kirchliche Leben der Johanniter und Malteser in Jerusalem. In abschliessenden Kapiteln werden die Aufnahmen vom Turm der Dormitio-Abtei (von einem unbekannten Fotografen) sowie die Geschichte der «Hagia Maria Sion» und der Wallfahrten erläutert. Besonders spannend ist der Bericht über die Kamerastandorte und Kameratechniken der historischen Aufnahmen.

Rundschau vom Turm der Dormitio damals (oben) und heute (unten). Fotos Unbekannt / Ck.

Einen Schweiz-Bezug liefert das Foto eines Graffitos (Schriftzugs) des Berner Adligen Adrian von Bubenberg beim Davidsgrab. Im Jahr 2022 hatte die Antikenbehörde Israels (IAA) bei detaillierten Untersuchungen den Namenszug des berühmten Berner Schultheissen identifiziert. In der Tat waren Vater und Sohn Bubenberg im 15. Jahrhundert ins Heilige Land und nach Jerusalem gereist. Der Schriftzug dürfte vom älteren der beiden Bubenbergs stammen.

Der Bildband schliesst mit einem wertvollen Anhang, mit Rezensionen zu Henschels Leporello, zahlreichen Quellenangaben und einer Auswahl an Hinweisen auf die weiterführende Literatur. Insgesamt ist «Über den Kuppeln von Jerusalem» ein sehr sorgfältig und mit viel Liebe produziertes Fachbuch, das sich zweifellos als überraschendes Weihnachtsgeschenk (in einer Hardcover- oder Softcover-Version) für alle Jerusalem-Fans eignet.

Titelbild: Blick auf die heiligen Stätten heute. Fotos Ck.

Bibliographische Angaben:

Eisler / Knoch: Über den Kuppeln von Jerusalem, Verein für württembergische Kirchengeschichte Stuttgart, 2023, ISBN 978-3-994051-66-6 (Hardcover), ISBN 978-3-994051-67-3 (Softcover). Buchbestellung via info@voirol-buch.ch

LINK

www.jerusalempanorama.ch

Cover des Buchs (Hardcopy).

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