StartseiteMagazinKolumnenWarum die AHV stärken?

Warum die AHV stärken?

Eigentlich müssten auch all die Gutverdienenden, selbst die Bestverdienenden Ja zur 13. AHV-Rente sagen. Eigentlich müssten Medien, insbesondere die NZZ, welche diesen Leuten nahesteht, das Ja unterstützen. Das Gegenteil ist der Fall: Es gibt in der NZZ kaum einen Inland-Artikel, in dem nicht auf irgendeine Weise die verheerende Wirkung einer 13. AHV-Rente heraufbeschworen wird. Tatsache ist aber, die Bessergestellten sind bei der AHV Nettozahler, sie bekommen aus der Sozialversicherung AHV nicht das zurück, was sie einbezahlt haben. Sie sind auch die, welche im Bezug auf die Höhe ihrer Rente aus der 2. Säule, der beruflichen Vorsorge, ganz spürbare Abstriche in Kauf nehmen müssen. Denn in den letzten 20 Jahren sind die Renten aus der zweiten Säule um 39% gesunken, während sie bei der AHV um 16% gestiegen sind. Gut sieht es für die Frauen und Männer meiner Generation aus, die jetzt so um 75-90 Jahre alt sind. Wir gehören der sogenannten «Goldenen Generation» an, sofern Mann/Frau während des ganzen Berufslebens mit ihren Arbeitgebern zusammen in die 2. Säule einbezahlt haben. Wir profitieren jetzt lebenslang von einem Umwandlungssatz von 7,2%, der damals galt, als wir in Rente gingen. Ganz so rosig ist es dann aber durch die Teuerung auch wieder nicht, denn unsere  Renten aus der 2. Säule sind im Gegensatz zur AHV nie der Teuerung angepasst worden, ihre Kaufkraft ist also deutlich gesunken.

Heute schwankt der Umwandlungssatz im überobligatorischen Bereich – und der ist relevant – je nach Pensionskasse zwischen 4 und 5%. Ein Beispiel zeigt, was das bedeutet: Betrug das angesparte Pensionskassen-Kapital bei einem damals Gutverdienenden beispielsweise rund 1,2 Mio. Franken, beträgt heute seine lebenslange Rente  7’200 Franken im Monat. Bei einem heute aktuellen Umwandlungssatz von 4,5% sind es beim gleichen Betrag noch 4’500 Franken, die Differenz beträgt 2’700 Franken, also ein Drittel weniger. An sich ist angestrebt, dass AHV und Pensionskasse zusammen rund 60% des letztverdienten Lohnes erreichen sollen, heute sind es nach dem VermögensZentrum VZ noch 53%. Diesen Rückgang vermag eine 13. AHV-Rente zwar etwas auszugleichen, aber den reduzierten Betrag aus der zweiten Säule kann sie nur im Ansatz kompensieren.

Entscheidend ist, dass die AHV weit besser finanziert und deshalb weit zukunftssicherer geregelt ist als die  2. Säule. Insgesamt beträgt das angesparte Kapital bei der 2. Säule aktuell über 1100 Milliarden Franken, ein Riesenberg Geld, der auf dem Kapitalmarkt, in Immobilien angelegt ist, der Erträge zu erwirtschaften hat, um einen möglichst hohen Umwandlungssatz zu ermöglichen. Und hier besteht jederzeit ein Risiko; die Finanzmärkte geben nicht immer her, was sie hergeben sollten. Dazu kommt, dass die Höhe der Verwaltungs- und Anlagekosten bei der 2. Säule 3-mal höher sind als bei der AHV. Und zudem ist ihre Höhe stark umstritten. Sind es nun 6,  8 oder gar gegen 20 Milliarden? Je nach Interessenlage wird der Betrag, der der Finanzbranche für ihre Dienstleistungen bei der Verwaltung und der Anlage der Gelder jährlich zufliesst, rauf oder runter gerechnet. Für die Finanzbranche ist die zweite Säule wirtschaftlich so interessant, dass sie auf keinen Fall geschmälert, gar in Frage gestellt werden darf, aus ihrer Sicht, in ihrem Interesse. Auf jeden Fall kommt die Reform der 2. Säule, die einige Verbesserungen vorsieht, aber kein Wurf ist, noch in diesem Jahr zur Abstimmung. Klar ist: Die Vorlage wird den Rückgang der Rente aus der 2. Säule nicht stoppen. Die Reform wird einen ähnlichen, einen genauso heftigen Abstimmungskampf auslösen wie den um die 13. AHV-Rente. Er wird stark vom Ausgang des Urnengangs am 3. März  beeinflusst sein. Zu hoffen ist, dass gerade auch die umstrittenen Verwaltungskosten eine Klärung erfahren.

Klar ist: Mit der 13. Rente wird die AHV gestärkt. Sie bewegt sich einen Schritt weg von der fragileren 2. Säule. Es ist der richtige Schritt hin zu einer umfassenden Reform, wie ich sie schon einmal auf Seniorweb skizziert habe: Die AHV wäre der Verfassung entsprechend weiter zu sozialisieren. Sie wäre für alle zu einer solidarischen Grundsicherung, quasi zu einem Grundeinkommen (3’500 bis 4’500 Franken) auszubauen. Die Ergänzungsleistungen würden sich damit erübrigen, die Kantone wären von Beiträgen und die Kommunen bei der Sozialhilfe entlastet.

Die 2. Säule wäre zu liberalisieren. Sie wäre weit stärker in die Eigenverantwortung zu überführen, indem sie mit einer Mitsprache des Einzelnen verknüpft würde. Wenn sie vom Zwangssparen befreit wäre, könnte der Einzelne stärker über sein angespartes Kapital mitbestimmen. Die 3. Säule wäre steuerbegünstigt in die 2. Säule einzugliedern. Die Beiträge an die AHV (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) wären zu erhöhen, die an die 2. Säule zu senken. Jede/Jeder könnte nach seinen Möglichkeiten einzahlen. Die Arbeitgeber hätten einen gesetzlich festgelegten Beitrag zu leisten. Jede/Jeder wäre in der 2. Säule ihres/seines Glückes Schmied, zumindest zum Teil.

 

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13 Kommentare

  1. Also, wenn jetzt jemand nach diesen ausführlichen Erklärungen, den finanziellen Auswirkungen der zweiten Säule auf die erste und zu guter Letzt, die plausiblen Vorschläge mit einer Umverteilung der Lohnbeitragsmilliarden zur Stärkung unserer Volksrente, nicht den Durchblick hat, warum zur längst fälligen Aufstockung des monatlichen AHV-Betrages JA gestimmt werden soll, dem ist nicht zu helfen.

    Wenn wir das Geld, die Parteienspielchen, das Profitdenken der Versicherungs- und Bankenlobby, das Schüren der Angst von rechts und das einiger kurzsichtiger Wohlstandsjugendlicher und anderer Profiteure des Ist-Zustandes, ausser Acht lassen, was bleibt unter dem Strich? Eine gelebte und gerechtere Sozialdemokratie auf gut schweizerisch, wie es von den Begründern der AHV gewollt war.

  2. Ich bin sehr verärgert. Gleich 2x wird der 13. AHV-Rente das Wort geredet, durch Schaller und durch Maillard, der sowieso unserem Land nur schadet.
    Ich erwarte in der nächsten Ausgabe, dass sich 2 Gegner der 13. AHV-Rente genauso ausbreiten dürfen.
    Oder ist Seniorweb grundsätzlich unfair?

    • Auf andere schimpfen ist leicht, seine Meinung sachlich zu argumentieren schon anspruchsvoller. Also legen Sie los. Sie dürfen gerne auch weitere Nein-Sager zu einem Statement animieren. Seniorweb ist nach meiner Erfahrung offen für alles oberhalb der Gürtellinie.

    • Natürlich sind Artikel, die nichts zur Gegenfinanzierung (ginge bekantlich voll auf Kosten unserer Enkel und Urenkel) sagen, nicht das Papier wert, auf dem sie stehen. Aber in der Schweiz haben wir gottlob Pressefreiheit. Die Autoren im Seniorweb (sie sind nun mal zu einem grossen Teil links) sollen Ihre Meinung vertreten dürfen, ohne Gegendarstellung.
      Jeder Leser kann sich selbst ein Bild darübe machen, welche Aussagen frei erfunden und welche sauber hergeleitet sind. Die Aussage «Klar ist: Mit der 13. Rente wird die AHV gestärkt» gehört eher zur ersten Kategorie……..

      • Lieber Herr Vogel, natürlich bin ich des Rechnens und der Zahlen mächtig, was Sie sich scheinbar nicht vorstellen können; Mathematik war sogar eines meiner Lieblingsfächer.
        Dass Sie die Argumente von Herrn Schaller für eine 13. AHV-Rente eher in die Kategorie «Aussagen frei erfunden», einordnen, da begeben Sie sich auf ganz dünnes Eis. Meinungen sollten Meinungen bleiben und keine versteckten Anschuldigungen, insbesondere wenn sie so ausführlich begründet werden, wie dies Herr Schaller getan hat.

        • Die Begründunjg, die Sie im Artikel Schaller gefunden haben, habe ich trotz intensiver Fahndung nicht gefunden.

    • Nein, Herr Lebsanft, es sind nicht alle Mitglieder der Seniorweb-Redaktion Ja-Stimmende. Hier mein Kommentar, den ich zu einem anderen AHV-Artikel geschrieben habe:

      SP-Mitglied Dorothea Walther Steiger und ich werden wohl Nein stimmen. Mit der 13. Giesskanne würden Steigers wohl eine zusätzliche Ferienwoche machen oder den schönen Teppich kaufen. Viele andere würden das Geld wohl ebenso vergänggele. Trudi Müller im Tscharni, 17. Stock, Bümpliz, hätte bessere Verwendung. Aber stattdessen würde ihr eine höhere EL noch mehr nützen.

      • Die sog. Giesskanne ist bei der AHV gewollt und sinnvoll, weil die Reichen viel mehr einzahlen, als sie je beziehen können. Ihre Maximalrente von Fr. 2’450 deckt übrigens das seit 50 Jahren in der Bundesverfassung versprochene Existenzminimum genausowenig wie die durchschnittliche AHV von 1’800. Die 13. Rente geht so immerhin in die verfassungsmässig richtige Richtung. Sie ist auch ein kleiner Ausgleich für die bei 150% plafonierte Rente des Ehepaars Steiger. Und Ihr «Trudi Müller in Bümpliz» braucht sie dringend und bekommt sie sofort, entgegen der höheren EL, wovon die Gegner jetzt schwatzen, nachdem ihre Leute im Parlament sie gerade erst rücksichtslos gekürzt haben.
        Anton Schaller schreibt sachlich und gut begründet für die 13. Rente. Sie ist für die meisten Alten nötig und besonders auch ein Hoffnungsschimmer für die Jungen, die bei einem nomalen Lohn (um die 6’000) etwa 24 Franken monatlich bezahlen. Somit weit weniger als für ihre Pensionskassen, deren Renten im freien Fall sind. Die AHV ist stabil und rechnet sich für alle.

  3. @Ernst Lebsanft
    Aktuell sind 2/3 für diese Initiative. Es ist Ihre Chance, ein wirklich überzeugendes Nein zu begründen. Damit wäre die Berichterstattung fair und ausgewogen. Ich bin ja gespannt.

    • Hier geht es nicht um Politik, sondern um pure Arithmetik (sollten eigentlich alle Schweizer in der Primarschule gelernt haben). Wenn die Bevölkerung immer älter wird (was an sich positiv ist), beziehen sie länger Rente. Hierfür braucht es mehr Geld. Hinzu kommt, dass nun die geburtenstarken Jahrgänge in Pension gehen. Die Einnahmen aus den Prämien der heute aktiven Bevölkerung nehmen aber nicht im selben Ausmass zu. Wenn wir nichts tun, wird also künftig mehr ausgegeben, als eingenommen wird. Und irgendeinmal ist die AHV pleite.
      Höchstwahrscheinlich gerät sie in rund 5 Jahren in rote Zahlen.

      Um das zu verhindern, wird heute schon an Reformvorschlägen gearbeitet. Dabei gibt es grundätzlich nicht tausend Möglichkeiten:
      man kürzt die Renten (no go)
      oder man erhöht das Renteneintrittsalter
      oder man definiert eine Lebensarbeitszeit: wer später in den Arbeitsprozess eintritt (Akademiker) wird später pensioniert
      oder man erhöht die Prämien (Lohnabzüge) der Aktiven (d.h. die Rentner leben auf Kosten der Generation ihrer Enkel).

      Und nun kommt diese Initiative und will, dass das Loch in der AHV-Kasse noch früher eintritt und noch grösser wird. Anstatt, dass man Lösungen findet, die die knappen Mittel den wirklich Bedürftigen zukommen lassen, zahlt man allen, auch den Milliardären und Millionären Beträge aus, die diese weder wollen noch nötig haben.
      Alle kriegen mehr, nur die wirklich Bedürftigen nicht. Denn dort ist es bekanntlich Aufgabe der Sozialdienste, die Höhe der zusätzlichen Beiträge so zu bemessen, dass Kantons- und Gemeindekassen nicht stärker als nötig belastet werden.
      Und künftige Generationen müssen dann für das angerichtete Schlamassel aufkommen.

  4. In aussergewöhnlichen Zeiten wie den heutigen mit raschen Abfolgen von Krisen sollte man auch in gesellschaftspolitischen Fragen ähnliche Strategien wählen, wie sie aktuell der Wirtschaft aufgezwungen werden. Um resilienter zu werden, sieht sie sich vor die Aufgabe gestellt, Risiken und Abhängigkeiten neu zu beurteilen und entsprechende Konsequenzen zu ziehen. Auch die Gesellschaft an sich sollte resilienter werden, damit die kommenden Herausforderungen für alle Menschen in diesem Land bewältigbar bleiben. Dabei spielen die Bekämpfung der Armut und die Alterssicherung eine wichtige Rolle. Beispiele des näheren und ferneren Auslands führen uns vor Augen, welche gesellschaftlichen Spannungen sich aufbauen können, wenn die Lebensgrundlagen und die Rentenfrage tangiert sind, die Energiepreise explodieren, Teuerung und Inflation galoppierende Sprünge machen, Wohn-, Gesundheits- und allgemeine Lebenskosten für bestimmte Bevölkerungsgruppen nur noch mit Mühe zu stemmen sind.

    Anton Schaller macht in seiner Kolumne aus meiner Sicht bedenkenswerte Vorschläge, wie die drei Säulen der Altersvorsorge und die soziale Kohäsion gestärkt werden könnten. Wer ein Leben lang arbeitet, ob bezahlter oder unbezahlter Weise, hat ein Altern in Würde verdient. Dies gilt ganz besonders für die vulnerabelste Phase dieses Entwicklungsabschnittes, nämlich die Hochaltrigkeit.

  5. 13. AHV-Rente im Faktencheck

    Im «seniorweb» ist bei Veröffentlichung in Kolumnen oder Beiträgen strikte verboten «Werbung» zu machen. Das heisst aber NICHT, dass Meinungen VERBOTEN sind. Im Gegenteil: Konsultiert man die Beiträge im seniorweb, stellt man fest, dass Menschen aller Generationen auf der die Plattform «seniorweb.ch» angesprochen werden. Damit ist das vorgegebene Ziel «aktive Teilhabe an Gesellschaft, Politik, Kultur und digitalen Errungenschaften» erfüllt.
    Dass die Abstimmung vom 3. März über die Initiative der 13. AHV-Rente derzeit ein aktuelles Thema ist, mag nachvollziehbar sein. Auch die Vielfalt der Meinungen? Darum mag das Interview mit SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard unter dem Titel «Ist eine 13. AHV-Rente die faire Lösung?» mit Fragen nach den Gründen, die für eine Annahme der 13. Altersrente sprechen, mehr als berechtigt sein. Und, dass Anton Schaller, de4r Gründer des seniorweb, in der TV- Sendung «Club» klar und deutlich seine Meinung äusserte, ist gerechtfertigt und auch auf grosses Echo gestossen.
    Und, dass auch auf Kolumnen, Beiträge, Interviews die allen Generationen die Möglichkeit zum freien Meinungsaustausch gegeben ist, beweist die Freiheit der Meinung für jedermann (w/m/Jung und Alt). Die einzige Frage bleibt dennoch im Raum, ob es angezeigt ist, dass ehemalige Bundesrätinnen und Bundesräte (Doris Leuthard, Adolf Ogi, Johann Schneider-Ammann per Brief und Joseph Deiss, Pascal Couchepin in anderer Form, gegen die 13. AHV-Rente auf die Barrikade gehen? Die ehemalige Bundesrätin Ruth Dreifuss hatte immerhin den Mut zur Kritik an die Adresse ihrer Kollegin und Kollegen ausser bundesrätlicher Pflicht, die sich alt nennen. Die Freiheit zum Entscheid für oder wider die 13. AHV-Rente bleibt schlussendlich zum Glück beim Souverän am 3. März 2024.

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