Während die Kunstwelt 2024 Caspar David Friedrichs 250. Geburtstag feiert, ist über die Ehefrau des grossen Malers der Romantik, Caroline Bommer, nur wenig bekannt. Die Kunsthistorikerin Birgit Poppe erzählt im Roman «Die Frau am Fenster» von deren Leben anhand von Publikationen und Briefen.
Caspar David Friedrich (1774-1840) stammte aus Greifswald in Vorpommern und lebte die meiste Zeit in Dresden, wo sich sein Atelier direkt an der Elbe befand. Er ist vor allem als Landschaftsmaler bekannt. Sein Interieurbild Frau am Fenster von 1822 ist ungewöhnlich. Dargestellt ist seine junge Ehefrau im Atelier am offenen Fenster. Als Rückenfigur im grünen Kleid blickt sie auf Bäume, Bootsmasten und Himmel. Dieses Bild regte die Kunsthistorikerin Birgit Poppe an, mehr über die Frau zu erfahren, die den Künstler im Alltag unterstützte und ihm drei Kinder gebar.
Traugott Leberecht Pochmann, Porträt von Caroline Friedrich, geborene Bommer, um 1824, Privatbesitz.
Caroline Bommer (1793-1847) war 24 Jahre alt, als sie den 20 Jahre älteren Caspar David Friedrich heiratete. Niemand hatte dem eingefleischten Junggesellen zugetraut, je einmal zu heiraten. Doch durch die Berufung an die Dresdner Akademie war er finanziell erstmals in der Lage, eine Familie zu gründen. Caroline kannte den Maler seit ihrer Kindheit bis zum Tod des Vaters 1807, der Direktor in einer Blaufarbenfabrik in Dresden war. Friedrich war ein Freund der Familie, den sie stets bewunderte. Sie selbst war an Kunst interessiert und besuchte gerne die Museen in Dresden.
1816 begegneten sich Caroline und Friedrich erstmals wieder, verliebten und verlobten sich. Zwei Jahre später folgte die Hochzeit. Es war ihre glücklichste Zeit. «Line», wie Friedrich seine junge Frau zärtlich nannte, veränderte sein Leben, was Auswirkungen auf seine Kunst hatte. Er, der zu Depressionen neigte, blühte auf. Die Hochzeitsreise führte sie zu seiner Familie in Greifswald mit einem Ausflug an die Ostsee, wo ihr Hochzeitsbild Kreidefelsen auf Rügen entstand. Auch hier erscheinen die Personen als Rückenfiguren, von Caroline im roten Kleid ist das Gesicht kaum erkennbar. Die drei Figuren am Abgrund lenken den Blick auf die Aussicht, die weissen Felsen und auf das Meer. Die Baumkronen umschliessen die Szenerie herzförmig.
Caspar David Friedrich, «Kreidefelsen auf Rügen», um 1818. Kunst Museum Winterthur
Der Künstler hatte sich von der realistischen Malerei abgewandt, was er seiner Frau vergeblich versuchte zu erklären. Er malte die Landschaften im Stil der Romantik mit religiösen, spirituellen, auch politischen Aussagen und lud sie mit besonderen Stilmitteln energetisch auf, wie etwa den Rückenfiguren.
Neben der Frau am Fenster und Kreidefelsen auf Rügen taucht Caroline nur auf wenigen seiner Werke auf. Zwar beherrschte Friedrich die Porträtmalerei, aber sie interessierte ihn nicht. Die Darstellung der Menschen diente ihm dazu, die Wirkung seiner Landschaften magisch zu erhöhen. Im Roman wird dieser Umstand zum Plot, zum roten Faden der Geschichte. Für seine hübsche Frau war es unverständlich und schmerzlich, dass er sie nicht porträtieren wollte. Das führte dazu, dass sie sich zu geheimen Porträtsitzungen von einem jungen Maler verführen liess. Eine fiktive Geschichte.
Caspar David Friedrich, «Auf dem Segler» (Detail), 1818/1819. Ein Bild aus glücklichen Tagen, die Fahrt in eine gemeinsame Zukunft. Eremitage St. Petersburg
Die Malerei stand für Friedrich immer an erster Stelle, Caroline durfte ihn beim Malen im Atelier nie stören. Trotzdem ging er in den glücklichen Tagen aufmerksam und sensibel auf sie ein, wie die Autorin aufgrund seiner Briefe feststellte. Doch Enttäuschungen liessen ihn zusehends verbittern: Die erhoffte Professorenstelle an der Akademie in Dresden ging nicht an ihn, er verkaufte immer weniger Bilder, sie wurden nicht mehr verstanden, zudem fehlte ihm sein bester Künstlerfreund, Gerhard von Kügelgen, der ermordet worden war. Friedrich kapselte sich immer mehr ein, wurde eifersüchtig auf seine Frau, jähzornig und krankhaft depressiv. Caroline hatte es nicht einfach an seiner Seite, doch wie stark sie darunter litt, lässt sich nicht eindeutig belegen.
Birgit Poppe versteht es, aus den zahlreichen Publikationen über Caspar David Friedrich und den Briefen an seine Frau, Verwandte und Freunde das Leben der Caroline an der Seite ihres Mannes lebendig zu erzählen. Denn aus der Zeit zwischen 1800 und 1836 sind allein von Friedrich 105 Briefe erhalten, die besondere Ereignisse in der Ehe authentisch schildern und Caspars und Carolines Charaktere widerspiegeln, schreibt die Autorin im Nachwort. So weit wie möglich schöpfte sie aus den vorhandenen Quellen. Aber wie in einem Roman üblich mischen sich Realität und Fiktion.
Titelbild: «Frau am Fenster», 1822. Alte Nationalgalerie Berlin. Alle Bilder: Wikimedia Commons
Birgit Poppe, «Die Frau am Fenster. Ein Leben an der Seite von Caspar David Friedrich». Gmeiner Verlag, Messkirch, 2024. ISBN 978-3-8392-0579-2
s.a. Ruth Vuilleumier, Mystiker, Suchender, Romantiker