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Hilfe zur Selbsthilfe in Afrika

Der Berner Roland Frutig ist Agroforst-Pionier. Er betreibt in Indien und in Afrika landwirtschaftliche Sozialprojekte, in denen er den lokalen Bauern neue, nachhaltige Anbaumethoden beibringt.  Seniorweb sprach mit dem studierten Juristen über das neuste Modellprojekt in Uganda.

Roland Frutig ist ein viel beschäftigter Rentner. Statt sich – wie andere Schweizer Senioren in seinem Alter – zur Ruhe zu setzen, pendelt er zwischen Indien und Afrika hin und her und engagiert sich für die Kleinbauern vor Ort. Seit acht Jahren arbeitet Frutig vollamtlich als Agroforst-Pionier, entwickelt spezielle Anbauprojekte und betreibt in Deutschland und in der Schweiz aktives Fundraising. In seinem Büro in Uganda sitzend, erklärte er Seniorweb in einem Zoom-Interview, was und weshalb er es tut.

Erstausbildung Jurist, Agronom im Selbststudium

Der 67-Jährige studierte von 1976-1980 an der Universität Bern Rechtswissenschaften. Anschliessend arbeitete er als Jurist in der Immobilienbranche und verdiente nach eigenen Angaben gut. Für grosse Immobiliengesellschaften entwickelte er Projektanalysen. Privat betreute Frutig jahrelang seinen schwerstbehinderten Sohn. «Durch ihn hörte, sah, spürte ich, was im Leben wichtig ist, was die Welt braucht, weshalb wir Menschen da sind», beschreibt er heute seine Erkenntnisse aus der Pflege seines Sohns und ergänzt: «Ich lernte ziemlich genau das Gegenteil von dem, was ein Jurist tut.»

Agroforst-Pionier Roland Frutig arbeitet in Uganda mit lokalen Bauern und Agronomie-Studenten zusammen.

1993 stieg Frutig in die Entwicklungshilfe ein und begann, sich für Sozialprojekte zu interessieren. 25 Prozent seiner Jahresarbeitszeit verbrachte er in Indien, 75 Prozent in der Immobilienbranche in der Schweiz. Als Volontär lernte er auf dem indischen Subkontinent, was die lokale Bevölkerung braucht, wie man Kühe nachhaltig nutzt, wie man Landwirtschaftsprodukte ökologisch anbaut, Wasser für die Bewässerung gewinnt, Saatgut produziert. Auf diesem Weg brachte er sich wesentliche Teile der Entwicklungs-Agronomie im praktischen Selbststudium bei.

Wechsel vom Beruf zur Berufung

Als sein behinderter Sohn vor zwölf Jahren starb, stockte Frutig sein Engagement für die Ärmsten der Armen auf und erweiterte sein Betätigungsfeld nach Afrika. In Nigeria baute er 2019 ein Trainingszentrum für lokale Bauern auf. In Malawi eröffnete er eine 350 Hektaren grosse Musterfarm. Sein neustes Umweltprojekt befindet sich in Uganda. Es wird von der Schweizer Stiftung Fight for sight – Foundation unterstützt: Ziel der Bemühungen ist es, die landwirtschaftliche Ausbildung junger Menschen zu fördern und bei der Bevölkerung «Hilfe zur Selbsthilfe» zu betreiben.

Arbeiter auf einem Modellfeld in Nandere.

Frutigs Methoden basieren auf den Erkenntnissen der Agroforstwirtschafts-Lehre. Unter dem Begriff versteht man den Mischanbau von Pflanzen am Boden und Früchten auf Bäumen. Im Zentrum steht die nachhaltige, ökologische Herstellung lokaler Produkte, gezogen aus lokal produziertem Saatgut, ohne Kunstdünger, aber unter Verwendung einer umweltschonenden Wachstumshilfe aus Kuhdung, Urin, Wasser, Zucker und Erbsenmehl. Die entsprechenden Erkenntnisse hat der Berner Umweltpionier in Indien erworben und in Afrika optimiert.

Fünfzig Kilometer nördlich der ugandischen Hauptstadt Kampala, in Nandere, betreibt Frutig mehrere Demo-Anbauflächen mit hochverdichteten Pflanzenarten, Büschen und Bäumen. Auf den Feldern wachsen Bohnen, Linsen, Mais, Medizinalpflanzen und Futtergras. Auf den Bäumen dazwischen gedeihen Bananen, Mangos usw. Speziell an der Anbaumethode sind eine hohe Bodendiversität sowie schnelles Wachstum. Wasser wird aus lokalen Brunnen gewonnen. Das feucht-warme Klima fördert das Wachstum und macht einen raschen Fruchtfolge-Wechsel möglich.

Zusammenarbeit mit erfahrenem Institut mit Campus

Agroforestry: Mischanbau von Pflanzen am Boden und Früchten auf Bäumen.

In Zusammenarbeit mit europäischen sowie indischen Forschungsinstituten entwickelt Frutig seine Methoden weiter und bringt diese lokalen Bauern und Studenten bei. Umgesetzt werden die Erkenntnisse vom Bethany Land Institute, einer Stiftung, die ebenfalls in der Nähe von Nandere einen 100 Hektaren grossen Campus mit Ausbildungsplätzen für Jungbauern betreibt. Nicht zufällig hat Frutig seine Modellfelder ganz in der Nähe des Campus angesiedelt.

Frutigs Modellfelder in Uganda befinden sich auf dem Campus des Bethany Land Instituts, nördlich von Kampala.

Vor Ort arbeitet der Berner mit lokalen Bauern zusammen. Er zeigt ihnen auf, dass die Wasser-, Kohlenstoff- und Nährstoffkreisläufe die entscheidenden Grundlagen für eine nachhaltige Landwirtschaft sind. Mit Hilfe von den Arbeitsschwerpunkten wird an ausgewählten Schulen und in Dörfern der Region Unterricht betrieben. Die Projektleitung liegt bei Roland Frutig und seinem designierten Nachfolger, Lucky Mukasa. Frutig hat den ebenso motivierten wie intelligenten Jungbauern in einem Projekt in Indien kennengelernt. Nun befähigt er ihn, in ein paar Jahren die alleinige Leitung des Agroforst-Projekts in Uganda zu übernehmen.

Frutigs designierter Nachfolger, Lucky Mukasa.

Finanziert und überwacht wird das Agroforst-Projekt von der Stiftung «FIGHT4SIGHT». Die Stiftung, die 2015 von Justus und Silvia-Daniela Garweg, einem in Wabern bei Bern ansässigen Ärzte-Ehepaar gegründet wurde, engagiert sich ausser in der Ausbildung von Augenärzten vermehrt auch für Gesundheits- und Umweltprojekte weltweit, in Gebieten mit extremer Armut. In Uganda ist das Ziel der Stiftung, das Agroforst-Projekt in den nächsten drei Jahren in 15 Dörfern sowie an 36 Schulen aufzubauen und beitragen, wirtschaftliche Perspektiven zu schaffen.

Roland Frutig wird die Arbeit nicht ausgehen:  Auf die Frage, wann er sich an seinem Wohnort in Lobsingen zur Ruhe setzen werde, meint er mit einem Augenzwinkern: «Ein Agroforst-Pionier kennt keine Pensionierung.»

Roland Frutig (rechts) und Seniorweb-Redaktor Peter Schibli, vergangene Woche während dem Zoom-Gespräch.

Spenden willkommen

Die Stiftung «Fight4Sight» bittet um finanzielle Unterstützung für das Projekt «Agroforestry in Uganda». Nach Angaben von Markus Jampen, verantwortlich für die Projektbegleitung und das Fundraising, kommen 100 Prozent der Spenden dem Hilfe-zur-Selbsthilfeprojekt zu gut. Die administrativen Kosten der steuerbefreiten Fight4Sight Stiftung werden vollumfänglich von den Stiftungsräten und der Berner Augenklinik getragen.

Futter für afrikanische Kühe: 400 Laufmeter Gras für 100 Franken.

Und was geschieht konkret mit den Spenden? Mit 40 Franken können 20 Kilo Saatgut gekauft oder 3000 Maniok-Setzlinge gekauft werden, 40 junge Frucht- und Holzbäume kosten 80 Franken. Für 100 Franken gibt’s 2000 Cocoyam-Setzlinge oder 400 Laufmeter Gras (Futter für Kühe und Ziegen). 600 Franken kostet Baum- und Pflanzenmaterial für 1000 Quadratmeter Agroforst-Fläche, inkl. Transporte.

Titelbild: Roland Frutig (2. von rechts), umgeben von Kleinbauern vor deren Hütte in Zimbabwe. Alle Fotos zVg.

LINK

Agroforesty – fight for sight Foundation (fight4sight.ch)

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