Anwältin der Demokratie oder Mann der Kraftmeierei? Was den USA und uns zu gönnen wäre, das wäre eine Frau, die in der ältesten Demokratie der Welt als erste weibliche Persönlichkeit, als US-Präsidentin ins Weisse Haus zu Washington einziehen würde. Noch ist es nicht so weit. Doch Kamala Harris entpuppt sich aber als das, was ihr niemand so recht zugetraut hat, als eine Wahlkämpferin für Demokratie, Freiheit, Rechtsstaat und auch für die Rechte der Frauen, selbst über eine Abtreibung zu entscheiden. Im Hintergrund steht ihr eine eingespielte, verlässliche Administration zur Seite, auf die sie sich verlassen könnte, die sie tragen würde. Die Administration von Joe Biden, ergänzt durch ihre Gefolgsleute. Die Kontinuität einer demokratischen Politik, die atlantische Sicherheit, das Verteidigungsbündnis, die Nato wären gesichert. Europa, die Ukraine könnten aufatmen. Noch braucht sie den Segen ihrer, der Demokratischen Partei. Und schliesslich hat sie die Wahl am 5.November 2024 für sich, auch für ihre Partei zu entscheiden.
Derweil lässt sich Trump auf monströsen Wahlveranstaltungen von seinen Getreuen feiern und fragte bei der ersten Gelegenheit nach dem Attentat auf ihn: «Soll ich versöhnlich bleiben?» Die einhellige, spontane, lautstarke Antwort, wie aus einem Munde: Fight, Fight, Fight…Und Trump setzt gleich hinzu: «Die stets lachende Harris ist doch eine Verrückte…».
Kamala Harris blieb ihm nichts schuldig, setzte ein Statement ab, das immer wieder weltweit in den Medien aufscheinen wird: «Ich weiss als ehemalige Staatsanwältin wie Verbrecher funktionieren, die Frauen missbrauchen, Betrüger, die Verbraucher abzocken, und Schwindler, die Regeln zu ihrem eigenen Vorteil gebrochen haben. Hört mir also zu, wenn ich sage, dass ich Typen wie Donald Trump kenne.»
Es wird uns in den nächsten 100 Tagen ein grässlicher Walkkampf bevorstehen, den wir aus Distanz verfolgen und eigentlich nur hoffen können, dass zumindest Gewalt aussen vor bleibt. Oder, dass Vernunft einkehrt. Kamala Harris könnte dafür sorgen.
Wenn Kamala Harris gewinnt, könnte sie sich als erste Frau im höchsten Amt der USA, gestählt durch den brutalen Wahlkampf, einordnen in die Reihe grosser Frauen, wie Golda Meir, die von 1969 bis 1974 der Regierung Israels vorstand, wie Indira Gandhi, die von 1966 bis 1977 und erneut von 1980 bis 1984 als Premierministerin Indiens amtierte, wie Margaret Thatcher, die von 1979 bis 1990 als erste Frau, als eiserne Lady Grossbritanniens regierte. Oder wie Angela Merkel, welche, während 16 Jahren von 2005 bis 2021, als Bundeskanzlerin Deutschlands zur «mächtigsten Frau der Welt» weltweit von den Medien hochgeschrieben wurde.
Die USA hätten aufgeholt, hätten endlich eine Frau, welche ohne Goggel-Gehabe die Geschicke des Landes leiten, an der Spitze der ersten Führungsmacht der Welt stehen würde. Und das in einer Zeit, in der Autokraten und gar Autokratinnen mit allen Mitteln die Macht an sich zu ziehen versuchen, wie in Frankreich, Italien, gar in Deutschland im Ansatz durch die AfD und dort, wo es schon geschehen ist: wie in China, in Russland, in Ungarn, in der Türkei, um auf wichtige Länder hinzuweisen. Zu schnell ist geschrieben worden, nicht zuletzt selbst von Schweizer Medien, landab und landauf, von der NZZ bis zum Tagesanzeiger, dass die Demokratie auf dem Rückzug, gar gefährdet sei. Dass Egomanen wie Putin, wie Orban, wie Erdogan, dass selbst Frauen, wie Giorgia Meloni, wie Marine Le Pen, sollte sie Präsidentin in Frankreich werden, nicht davor zurückschreckten, immer noch mehr Macht auf sich zu vereinigen.
Gott sei Dank gibt es die Gegenentwicklung. In Polen schickte das Volk die regierende, rechtsnationale PiS–Partei (Recht und Gerechtigkeit) in die Opposition. Der wirtschaftsliberale Donald Tusk gewann mit einer Mitte-Links-Koalition die Wahl und führt das Land zurück in die Demokratie und in den Kreis der europäische Familie. Keir Rodney Starmer, seit dem 5. Juli 2024 Premierminister von Grossbritannien, landete mit seiner Labour Party einen grandiosen Sieg über die Konservativen und sucht nun den Weg zurück nach Europa. Marine Le Pen gewann nicht, was ihr vorausgesagt wurde, die Wahlen zur Nationalversammlung, musste sich mit dem dritten Platz begnügen. Staatspräsident Emmanuel Macron sieht sich gezwungen, an seiner Präsidialmacht Abstriche vorzunehmen, eine Mehrparteien-Regierung zu ernennen und den Kompromiss als politisches Ziel einzuführen. Er muss mehr Demokratie wagen. Wie dies Willy Brandt schon 1969 als Regierungschef einer sozialliberalen Koalition im deutschen Bundestag geforderte hatte, als er zum vierten Bundeskanzler gewählt worden war. Jetzt stehen wir tatsächlich wieder mal am Scheideweg. So sind die Wahlen in den USA zentral für den weiteren Weg, entweder weg von der oder hin zur Demokratie. Was wie ein leichter Sieg für den Egomanen Donald Trump aussah, scheint sich zu wenden. Kamala Harris ist Garantin dafür, dass wieder an Willy Brandts Worte erinnert werden kann: Mehr Demokratie wagen, insbesondere im Interesse der Frauen weltweit.
Great and thank you for your input.
Glaube wir sind am Anfang einer neuen Erkenntnis und neuer Entscheidungen die nun fällig sind und dies ist ein grosser Schritt.
Danke dir Anton!
Grüsse Bettina M.
Auch Senioren haben verschiedene Meinungen Herr Schaller! Was ich bis jetzt als Frau von Frauen in wichtigen Positionen erleben durfte war leider vor allem eine emotionsgetriebene Politik, die sich negativ bis desaströs auswirken kann. In der Politik sind realitätsnahe Entscheidungen gefragt, was offenbar Männern besser gelingt.
Frau Doris Sowieso, mit Ihrer Aussage, dass es Männern in der Politik besser gelingt, realitätsnahe Entscheidungen zu treffen als von «Emotionen getriebenen Frauen», zeugt m.E. von wenig Selbstvertrauen in die eigene Person und wenig Respekt für die Hälfte der Weltbevölkerung.
Mit dieser unrealistischen Sicht auf das Weltgeschehen wollen Sie im Ernst behaupten, dass all die Gewalt, die Kriege, die Despoten brutaler Regierungen, die Unterdrückung der Frauen, Kinder und Andersdenkender über Jahrhunderte und bis heute, nicht zuletzt die Zerstörung der Natur durch Ausbeutung, die unseren Planeten in die heutige Schieflage gebracht haben, dies seien emotionslose Entscheidungen von Männern?
Sorry, aber Sie sollten einmal über Ihre Nasenspitze hinaus sehen und denken lernen.
Eigentlich mag ich Emotionen: Enttäuschung, Wut, aber auch Freude, Tränen aller Art.
Nicht wirklich der gleichen Meinung mit Doris, aber ich verstehe ihren Einwand gut.
Anton Schallers wohlgemeinte Sicht auf namentlich herausragende Politikerinnen erregt Widerspruch. Zumindest die zweite Regierungszeit von Indira Gandhi diente vor allem dem Machterhalt ihrer indischen Partei und der eigenen Familie. Margret Thatchers grosser Verdienst: Sie hat mit ihrer ultraliberalen Politik die öffentlichen Dienstleistungs-Unternehmen endgültig zu Tode gebracht. Ganz Grossbritannien leidet auch nach über 35 Jahren daran. Und was die tatsächlich “von den Medien hochgeschrieben” Angela Merkel betrifft. “Muttis” über Jahre hinweg fehlgeleitete Politik verhindert nach wie vor, dass Deutschland endlich wieder auf die Beine kommt. Nicht nur, weil ihr Adlatus Scholz versucht, wie sie, wichtige Entscheide einfach auszusitzen. Sie selbst hat sich als das Mass aller Dinge begriffen und trägt erhebliche Mitschuld am Erfolg der AfD.
Etwas arg zugespitzt empfinde ich Doris’ Ausdruck der emotionsgetriebenen Politik. Wider Erwarten gibt es doch verschiedene Sichtweisen zwischen Politikerinnen und Politikern. Gott sei Dank. Und Emotionen werden ebenso verschieden ausgedrückt. Mir sind in den vielen Jahren einige Artgenossen begegnet, deren Entscheidungen durch Machtdenken und Inkompetenz gezeichnet waren, die dann in der unteren Liga wieder geradegerückt werden mussten.
Bref, ich mag Frauen, sehr sogar, auch wenn sie zuweilen nerven.
So, Frau Mosimann, und jetzt stellen wir den Zweihänder wieder in die Ecke. Auf diesem Parkett wird mit der feinen Klinge gefochten. Hoffe ich wenigstens.
PS: Vergessen wir doch nicht, Männer werden zumeist von den Müttern erzogen. Es gibt also noch viel zu tun.
Herr Weber, einmal mehr zeigen Sie uns die Seite eines alten Mannes, der zum Rollenbild Frau und Mann nichts dazu gelernt hat und der jetzt auch noch die Mütter für die Gewalt und Dominanz von Männern weltweit verantwortlich machen will. Sie sollten sich schämen und acht geben: Die Felle schwimmen Ihnen davon.
Sie teilen ganz arg aus, wenn eine Meinung nicht der Ihren entspricht. Zugegeben, mit etwas über 80 nicht mehr jung, vor allem nicht verbittert. Ich nehme sowas gelassen. Versuchen Sie es auch einmal, Frau Mosimann.
Wenn Sie eine 80-jährige Frau wären und Unterdrückung und Gewalt schon in jungen Jahren durch Männer im Privaten wie auch im Beruf hätten erfahren müssen, was ca. 80 % der Frauen und Mädchen weltweit über Jahrunderte bis heute erdulden müssen, würden Sie es auch so gelassen nehmen, wie Sie mir aus Ihrem privilegierten Seniorenleben in Frankreich weissmachen wollen?
weismachen natürlich mit einem s!
Apropos privilegiertes Seniorenleben in Frankreich: Mit 60 habe ich auf 10% Rente verzichtet, bin in die Freiheit ausgewandert und habe nochmal ein Unternehmen gegründet. Seit meinem 75sten treten meine Frau und ich etwas kürzer, das heisst, wir gingen jetzt wirklich in Rente. Meine Frau, die in den vergangenen bald 56 Jahren mit mir durchs Leben geht und weder Unterdrückung noch Gewalt erleben musste.
Friedvolle Gelassenheit ist manchmal eine Altersfrage. Sehen Sie nach vorn; was hinter uns liegt ist unveränderlich und wird ohnehin unwichtig.
Lieber Schaller
Ich muss Ihnen schreiben. Denn Ihre politische Einschätzung ist immer sehr erfrischend und aufschlussreich. Jeden Text von Ihnen lese ich. Ihre Komentare sind sehr professionell und intelligent. Bitte weiter so. Ich möchte noch lange von Ihnen lesen.
Wow, ein starkes Statement für Frauenpower in der Politik! Danke Herr Schaller für diesen Beitrag.
Trotzdem, auch eine Wahl einer gebildeten und fähigen Frau ins höchste Amt der USA, wäre nur ein Etappensieg im Kampf gegen einen antidemokratischen und frauenfeindlichen Despoten und Menschenverführer. Gegen die Übermacht toxischer Männlichkeit in Regierungen der Grossmächte und weltweit, braucht es starke Bündnisse bestehender Demokratien besonders in Europa und den Willen jedes Einzelnen, dies ändern zu wollen. Gewaltfantasien und Machtgelüste entstehen genauso, wie Gedanken an ein friedliches Miteinander, im menschlichen Hirn. Es fehlt m.E. an Berichterstattungen von positiven und gelingenden Beispielen in den Medien, die wesentlich zu einem Umdenken beitragen könnten.