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Ein Schloss – zwei Museen

Die Domäne Landshut im bernischen Utzenstorf ist berühmt für ihre wunderschöne Parkanlage. Nun steht dem einzigen Wasserschloss im Kanton Bern mit seinen zwei Museen eine Neupositionierung bevor. Das Schlossmuseum und das Schweizerische Museum für Wild und Jagd werden von Grund auf neu konzipiert.

Das an vergangene Zeiten erinnernde «adelige Kleinod» thront auf einem Sandsteinrücken, sechs Meter über dem Schwemmland des Flusses Emme. Die Türme und Mauern spiegeln sich im idyllischen Schlossteich. Besuchende gelangen über eine Tuffsteinbrücke oder über eine hölzerne Zugbrücke in den Schlosshof, respektive auf die Südterrasse. Wechselvoll ist die Geschichte des Baus, der sich abwechslungsweise in staatlicher und dann wieder in privater  Hand befand.

Um 1253 als Burg erstmals erwähnt, wurde das Gebäude im Lauf der Zeit mehrfach erweitert und umgebaut. Von 1514 bis 1798 diente es dem Stadtstaat Bern als Landvogteisitz. Ab 1812 baute der damalige Besitzer, Niklaus Rudolf von Wattenwyl, das Anwesen in einen romantischen Landsitz um und liess einen grossen Landschaftspark nach englischem Vorbild errichten. Architekt des Parks mit über 100 in- und ausländischen Baum- sowie Buscharten war der Berner Patrizier Rudolf Samuel Karl von Luternau, der ab 1817 auch den Park Elfenau in der Stadt Bern gestaltete.

Schlossführung für einer Schulklasse, mit Rundgangleiterin Maya Wüthrich.

Die heute erhaltenen Gebäudeteile stammen mehrheitlich aus dem 19. Jahrhundert. 1958 kaufte der Kanton Bern das Schloss und den Park und rettete das Gebäude vor dem drohenden Zerfall. Im Jahr 1988 wurde die Stiftung Landshut gegründet, an welche der Kanton Bern das Schloss verkaufte. Seit 2024 sind unter der Dachmarke «Schloss Landshut» zwei Museen vereinigt, das Museum Schloss Landshut sowie das Schweizerische Museum für Wild und Jagd. Im benachbarten Ökonomiegebäude ist die Schweizerische Jagdbibliothek untergebracht. Hinter der Scheune befindet sich die Wildstation Landshut, die verletzte sowie kranke Wildtiere aufnimmt und pflegt.

Im schattigen Schlosshof unter mächtigen Platanen werde ich von Annelies Hüssy, Präsidentin des Stiftungsrats, und von Rebecca Nobel, der neuen Schloss- und Museumsleiterin, begrüsst. Durch den Haupteingang betreten wir den Treppenturm. Die beiden Damen führen mich durch das Schloss und das angebaute ehemalige Kornhaus. In den Räumen werden, verteilt auf vier Stockwerken, Dauerausstellungen der beiden Museen gezeigt.

Annelies Hüssy (Stiftungsratspräsidentin, links) und Rebecca Nobel (Schloss- und Museumsleiterin, rechts).

Im repräsentativen ehemaligen Wohnteil sind vor allem kostbar ausgestattete Zimmer aus der Zeit des 17. Jahrhunderts zu sehen: das Landshut-Zimmer, das Von-Wattenwyl-Zimmer, die Landvogteiwohnung, die Landvogteistube, das Esszimmer, das Von Sinner-Zimmer und der Schiltensaal mit den Wappen der Landvögte. Prachtvoll geschnitzte Täfer und Möbel, Meisterwerke der Tischler- und Zimmermannskunst, ein mit Leder tapeziertes Zimmer und schwungvolle Malereien vermitteln Eindrücke vom Lebensgefühl dieser Zeit, die üppigem Essen und einem Trank zuviel etwas abgewinnen konnte.

Das neue Kauw-Zimmer

Eine Augenweide ist das neue Kauw-Zimmer: Schloss Landshut besitzt neben dem Kunstmuseum Bern die bedeutendste Sammlung an Gemälden des Berner Malers Albrecht Kauw (1616-1681). Seit Mai 2024 ist im Kauw-Zimmer ein ebenso kleines wie feines Kunstkabinett seiner Werke zu sehen.

Kauws Darstellung aus dem Jahr 1664 zeigt das zum repräsentativen Landvogteisitz ausgebaute Schloss (links) inmitten der natürlichen Emme-Landschaft. 

Der zu seiner Zeit wohl sehr beschäftigte Künstler schuf seine Gemälde sowohl in obrigkeitlichem als auch in privatem Auftrag. Berühmt sind seine Veduten von Berner Schlössern und Landsitzen. Bekannt sind auch Kauws Stilleben-Bilder unter dem Titel «Segen des Landes». Es sind Blicke in üppig gefüllte Vorratskammern mit Früchten, Gemüse, Fisch, Fleisch und Wild.

Museum für Wild und Jagd

Seit 1968 befindet sich auf Schloss Landshut auch das Schweizerische Museum für Wild und Jagd, dessen Ausstellung vom Naturhistorischen Museum Bern betreut und im Auftrag der Gesellschaft Schweizer Museum für Wild und Jagd gefördert wird. Im ehemaligen Kornhaus wird die Schweizer Jagdgeschichte präsentiert. Themen sind etwa der Jagdhund, die Falknerei, Lockenten sowie eine bedeutende Sammlung mit Jagdwaffen und -utensilien. Die kostbare jagdhistorische Sammlung La Roche besteht aus vielen Vitrinen mit Jagdgewehren und Pistolen, Messern, Hirschtötern, Besteck, Jagdhörnern, einer Armbrustsammlung. Eine Entenkanone als Kuriosität kann ebenfalls bestaunt werden.

Armbrust mit Jagdverzierung aus der Sammlung La Roche.

Sowohl die Ausstellung im Wohntrakt des Schlosses als auch diejenige im Kornhaus wirken heute etwas veraltet, nicht auf dem neusten Stand. «Das Schloss befindet sich derzeit im Dornröschenschlaf. Wir möchten es zum Leben erwecken», sagt Stiftungsratspräsidentin Annelies Hüssy. Zu diesem Zweck hat der Stiftungsrat beschlossen, die Dauerausstellungen komplett neu zu konzipieren und inhaltlich moderner auszurichten. Um das Vorhaben zu finanzieren, werden noch Sponsoren und Spender gesucht.

Museumsleiterin Rebecca Nobel erwähnt drei Säulen aus dem Vorprojekt: Das umbenannte Museum für Wild und Jagd wird die kulturgeschichtliche Entwicklung der Jagd von der Ernährungsfunktion hin zur Wildtierpflege in den Vordergrund rücken und alte Klichees beseitigen. Der zweite Schwerpunkt gilt den Lebensräumen der Wildtiere; drittens soll erklärt werden, wie die moderne Jagd funktioniert und was die Aufgaben der Jäger heute sind. Der Fokus liegt auf der Schweiz. Weitere Schritte in der musealen Neupositionierung werden etappiert folgen.

Zimmer: Wohnen im 17. Jahrhundert. 

Im Wohntrakt des Schlossmuseums sollen Täfer, Möbel, Bilder und Teppiche besser kontextualisiert werden. Ein Vorgeschmack bietet die Sonderausstellung über Truhen im Erdgeschoss: In Berner Landen waren Truhen und Tröge verbreitet, bevor im 17. Jahrhundert grossformatige Schränke aufkamen. Truhen dienten für die Aufbewahrung des Hausrats, für den Umzug und für die Besitzsicherung. Truhen aus Eisenblech mit komplizierten Mehrfachschlössern wurden vor allem für Geld und Dokumente verwendet. Die Sonderausstellung ist hell und originell.

Diverse Truhen in der Sonderausstellung (PS).

Rundgang durch den Schlosspark

Nach der Tour durch die Schlossräume begleiten mich die beiden Damen auf einen Rundgang durch den Schlosspark. Für den Schöpfer der Anlage, Rudolf Samuel Karl von Luternau, war das Konzept der englischer Landschaftsgärten (Landscape Garden) Auftrag und Vorbild zugleich. Die grosszügig angelegten Wege laden zu lustvollen Spaziergängen ein, rund um den Schlossteich, unter mächtigen Bäumen hindurch, vorbei an blühenden Büschen und Pflanzen.

Schlosspark mit Teich und Pavillon.

Vor einem Jahr pries die Tageszeitung «Der Bund» den Park als «den schönsten Ort im Kanton Bern». Zitat: «Wenn die Sonne wieder wärmt, das Grün der Bäume spriesst und die Entenküken den Wassergraben entdecken, gibt es keinen besseren Ort als den Park rund um Schloss Landshut in Utzenstorf. Das trifft auch dann zu, wenn die Temperatur steigt und steigt, kein Lüftchen weht und alle den Schatten suchen. Oder der Herbstwind welke Blätter vor sich hertreibt, Nebel übers Land zieht und die warme Jacke ihren ersten Auftritt hat. Selbst wenn Schnee fällt, der Atem kleine Wolken bildet und die Vögel sich gen Süden verzogen haben: Der schönste Ort im Kanton ist der Park von Schloss Landshut mit seinen mächtigen alten Bäumen.»

Dem ist nichts beizufügen.

Titelbild: Das Schloss Landshut. Alle Fotos: zVg: F. Brodmann, L. Schäublin. A. Gempeler.

LINKS

Schloss Landshut   https://www.schlosslandshut.ch/de/

Veranstaltungen https://www.schlosslandshut.ch/de/jahresprogramm.html

Schweizer Museum für Wild und Jagd  https://www.schlosslandshut.ch/de/museum-ausstellungen/schweizer-museum-f%C3%BCr-wild-und-jagd.html

Bildergalerie – Impressionen   

                                                                                      

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