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Panorama des Alterns

Unter dem Titel «Älter werden und Alter in der heutigen Gesellschaft» hat das Bundesamt für Statistik zusammen mit den Universitäten Neuenburg und Freiburg sowie den Akademien der Wissenschaften Schweiz das Altern in der Schweiz unter die Lupe genommen.

In 9 Kapiteln werden Forschungsergebnisse präsentiert, Schlussfolgerungen und Trends formuliert. Das äusserst reichhaltige und anregende Buch, das an einer Vernissage im Berner Generationenhaus am 26. 8. 2024 vorgestellt wurde, kann hier heruntergeladen werden und je nach Interesse zu vertieftem Fragen und zur Entwicklung von individuellen, sozialen und politischen Lösungsansätzen herbeigezogen werden.

In diesem Artikel werden zu den Schlussfolgerungen aller Kapitel einige Fragen gestellt, um die Leserschaft einzuladen, bei individuellen und politischen Lösungsansätzen mitzudenken und an der einen oder anderen Umsetzung mitzuarbeiten.

Lea Haller, Generalsekretärin in Co-Leitung der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW), begrüsst die Teilnehmenden an der Buchvernissage. Im Hintergrund die erste Gesprächsgruppe auf dem Podium: vl. Adrian Fischer, Sonia Pellegrini, Christian Suter, Sabina Misoch, François Höpflinger

Kapitel 1: Einleitung: Neue Lebenssituationen und Kontinuitäten des Älterwerdens

Welche der vielen Lebensstile des Alterns wähle ich für mich persönlich in den wechselnden Lebenssituationen? Habe ich dazu die nötigen finanziellen, sozialen und gesundheitlichen Ressourcen? Wie können soziale Ungleichheiten abgefedert werden, so dass alle in Würde altern können? Kann ich sinnvoll und zufrieden altern, auch wenn der soziale Status sich verändert, allenfalls gesundheitliche oder finanzielle Probleme auftauchen und sich mein soziales Netzwerk etwa durch den Verlust einer lieben Person drastisch verändert? Wie werden in einer Gesellschaft des langen Lebens Strukturen angepasst, etwa bei der Flexibilisierung des Pensionsalters, der Ermöglichung von Teilzeitbeschäftigung vor und nach der Pensionierung oder bei der Betreuungs- und Pflegearbeit?

Kapitel 2: Lebenssituationen älterer Frauen und Männer – Feststellungen und Trends

Wie können die Ressourcen und Kompetenzen pensionierter Frauen und Männer in einer demographisch alternden Gesellschaft besser genutzt werden? Wie kann ich meine Ressourcen und Kompetenzen zum Wohl der Gemeinschaft und zum eigenen Wohl noch besser einsetzen? Können alternde Gesellschaften von einer „demographischen Dividende“ etwa durch das soziale Engagement von Grosseltern, durch Freiwilligenarbeit oder durch politische Unterstützung der Interessen der nachkommenden Generationen genügend profitieren oder darf hier von fitten Alten noch mehr erwartet werden?

Kapitel 3: Finanzielle Situation der Bevölkerung im Rentenalter

Schön, dass „ein Grossteil der Personen im Rentenalter relativ gut abgesichert ist.“ Aber wie können geschlechtsspezifische Benachteiligungen ausgeglichen werden? Wie können die 10,3% der Personen über 65, die nicht in der Lage sind, „eine unvorhergesehene Ausgabe von 2500 Franken zu bewältigen“, unterstützt werden? Wie kann die materielle und soziale Deprivation von Menschen nur mit AHV/IV (plus eventuellen Ergänzungsleistungen) oder von „Alleinlebenden, Personen ohne nachobligatorischen Abschluss und ausländischen Personen“ entschärft werden?

Kapitel 4:  Soziale Teilhabe und Ausgrenzung in der alternden Gesellschaft von heute

Erfreulicherweise haben viele Ältere engere Kontakte zur Familie und zu Freundinnen und Freunden und treffen sich gelegentlich mit Nachbarn oder in Vereinen. Oder sie besuchen kulturelle Anlässe oder Weiterbildungskurse. Mit ihren sozialen Aktivitäten sind sie „wichtige Stützen des gesellschaftlichen Zusammenhalts.“ Gibt es neben der digitalen Ausgrenzung von Hochaltrigen und bildungsfernen Menschen nicht auch viele Einsame, die aus den sozialen Netzwerken fallen oder die sich trotz gelegentlichen Kontakten einsam fühlen? Besteht hier Handlungsbedarf?

Kapitel 5: Freiwilliges Engagement von älteren und für ältere Menschen

Institutionalisierte und informelle Freiwilligenarbeit wirkt sich positiv auf die Gesundheit und das Zusammenleben aus und hat erhebliche ökonomische Effekte. Man denke nur an die Care-Arbeit, die von Sorgenden und Umsorgten sehr geschätzt wird. Wie können günstige Rahmenbedingungen geschaffen werden, so dass auch Jüngere in ihrem Einsatz für Ältere Erwerbs-, Familien- und Freiwilligenarbeit besser kombinieren können? Wie kann die Weiterbildung in der Freiwilligenarbeit verbessert werden, so dass unabhängig vom Bildungshintergrund wertvolle soziale und kulturelle Kompetenzen eingeübt werden können?

Kapitel 6: Altern in der Schweiz, im Ausland oder in mehreren Ländern

„2023 waren 190 270 Personen ab 65 mit Schweizer Staatsangehörigkeit bei einer konsularischen Vertretung der Schweiz im Ausland gemeldet“, sowohl eingewanderte Personen mit Doppelbürgerschaft und Schweizer Staatsangehörige, die nach der Pensionierung die Schweiz aus unterschiedlichen Gründen verlassen.  Wie geht es Pensionierten, die den Wohnort ganz oder teilweise ins Ausland verlegen? Werden Erwartungen erfüllt oder enttäuscht? „Künftige Verlaufsstudien könnten (…) noch offene Fragen beantworten.“

Kapitel 7: Entwicklungen in der Langzeitpflege

In den letzten 15 Jahren „zeigt sich ein Rückgang der institutionellen Pflege zugunsten ambulanter und intermediärer Versorgungsformen.“ In den Schlussfolgerungen stellt die Autorin des Kapitels, die Gesundheitsökonomin Sonia Pellegrini, gleich selbst zentrale Fragen: „Wie kann man den erheblichen Mangel an medizinischem und Pflegepersonal begegnen, der zudem mit einer sinkenden Zahl pflegender Angehöriger einhergeht? Werden Frauen wieder vermehrt zuhause bleiben, um sich um ihre alternden Eltern zu kümmern, was den Arbeitsmarkt noch weiter austrocknen würde? Kann die Qualität der Versorgung aufrechterhalten werden? Welche Rolle werden in Zukunft die Palliativmedizin und Patientenverfügungen spielen?“

Und wie sieht es mit dem Zeitplan aus? „Wurde die Beschleunigung der Bevölkerungsalterung ausreichend antizipiert? Wie gross ist die strukturelle Anpassungsfähigkeit des Gesundheitssektors in einem Zeithorizont von 15 Jahren? Werden die Strukturen rechtzeitig zur Verfügung stehen (…)“?

Kapitel 8: Planung und Vorbereitung auf das Älterwerden und das hohe Alter

Wie kann die letzte Lebensphase, die nach der Pensionierung vielleicht 30 oder 40 Jahre dauert, individuell und gesellschaftlich geplant werden? Von welchen Werten und Zielen lassen wir uns leiten? Welche Ressourcen stehen zur Verfügung? Welche physischen, psychischen, mentalen, sozialen, finanziellen, gesellschaftlichen Einschränkungen sind zu erwarten? Was ist planbar, was nicht? Wofür übernehmen wir unter welchen Bedingungen Verantwortung, wofür nicht?

Kapitel 9: Demografischer Wandel und Hochaltrigkeit im internationalen Vergleich

In der Schweiz und in anderen Staaten nimmt die Zahl der Hochaltrigen zu: „Hochaltrigkeit wird definiert als jene Gruppe  von Personen, die 80 Jahre und älter sind, und bezeichnet damit jene Lebensphase, in der dem Individuum (statistisch betrachtet) zunehmend weniger Ressourcen (physisch-gesundheitlich, sozial, aber auch psychisch) zur Verfügung stehen, dadurch eine erhöhte Vulnerabilität entstehen kann (zunehmende Fragilität, Multimorbidität, Demenzrisiko) und der Bedarf an Unterstützung durch Betreuung und /oder Pflege steigt.“ Inwiefern kann die Schweiz von anderen Staaten, in denen die Zahl hochaltriger Personen ebenfalls zunimmt, diesbezügliche Probleme zu erkennen und zu lösen lernen?

Schlussworte von Markus Schwyn, Stv. Direktor des Bundesamtes für Statistik. Im Hintergrund die zweite Gesprächsgruppe: vl. Ivo Staub, Laura Ravazzini, Moderator Christian Suter, Dominique Oehrli, Monica Budowski

Es ist zu wünschen, dass der Band 2024 der Panorama Gesellschaft Schweiz nicht nur bei Gerontologinnen und  Gerontologen und Mitarbeitenden von Altersinstitutionen konsultiert wird, sondern auch politische Akteure inspiriert, sich für das Wohl der Älteren und der Gesamtgesellschaft einzusetzen. Die Kapitel sind gut lesbar auch für interessierte ältere Personen.

A+Swiss Platform Ageing Society der Akademien der Wissenschaften Schweiz: https://ageingsociety.ch/de

Berichte des Bundesamtes für Statistik zum Älter werden in der Schweiz: https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/querschnittsthemen/aelter-werden-schweiz.html

Titelbild: Ausschnitt aus dem Titelblatt der Publikation der Panorama Gesellschaft Schweiz 2024: Älter werden und Alter in der heutigen Gesellschaft. 

Fotos bs

 

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