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Vevey im Zeichen der Fotografie

Insgesamt 50 Ausstellungen zeigt die diesjährige «Images» in Vevey mit faszinierenden fotografischen Projekten und Installationen, welche die Spanne von der analogen Fotografie zur Künstlichen Intelligenz zu Thema haben. Hier unsere zweite Folge mit weiteren Highlights.

Die alle zwei Jahre stattfindende «Images» in der Fotostadt Vevey zeigt dieses Jahr interessante Projekte und Installationen zum Thema Vergangenheit und Zukunft – als Brücke von der analogen Fotografie bis hin zur Künstlichen Intelligenz. Die insgesamt 50 Ausstellungen präsentieren sich in Museen, Galerien und im Freien, wobei hier besonders die fassadengrossen Bilder zur Spezialität der Images gehören. Besonders eindrücklich ist das Bild am Hauptgebäude von Nestlé, das zu den grössten ausgedruckten Bildern der Welt gehört.

Vincent Jendly: «Belle Epoque»

Die Genfer Schifffahrtsgesellschaft CGN unterhält auf dem Genfersee eine Flotte von acht grossen Schaufelraddampfern, die mit luxuriösen Salons zu Beginn des 20. Jahrhunderts erbaut wurden. Der Schweizer Fotograf Vincent Jendly hatte es sich 2012 zum Thema gemacht, diesem emblematischen Erbe eine zeitlose Dimension zu verleihen. Die «Belle-Époque» ist eine Hommage an diese historische Schiffsflotte, deren Bilder sich im Park des internationalen Hauptsitzes von Nestlé und auf dessen Fassade in einer gigantischen Dimension von tausend Quadratmetern präsentiert.

Aleksandra Mir: «Happy Landing»

Originell ist die Installation von Aleksandra Mir mit einem Ballon in Form eines Verkehrsflugzeugs. Die Künstlerin beauftragte eine Spezialfirma mit der Herstellung des 20 Meter langen Gebildes mit einer Spannweite von 15 Metern, das sie mit Helium gefüllt an verschiedensten Orten fotografiert hat. Seit mehr als 20 Jahren «landet» dieser Gigant, der leichter als Luft ist, an ikonischen Orten. 2023 erwarb das Kunsthaus Zürich dieses monumentale Werk und organisierte auf Einladung der Biennale Images Vevey eine weitere Landung.

Işık Kaya & Thomas Blank: «Second Nature»

Das Künstlerduo Kaya & Blank erforscht die Beziehung zwischen Mensch und Natur, insbesondere in bebauten Gebieten. In Los Angeles entdeckte das deutsch-türkische Paar einen künstlichen Baum, der eine Mobilfunkantenne tarnte. Fasziniert von diesem Artefakt, beschlossen sie, die vielen Mobilfunkmasten camoufliert in künstlicher Vegetation zu fotografieren. Die hyperrealistischen Bilder verdeutlichen unsere Abhängigkeit von der Infrastruktur und das Paradoxon unserer Zeit, in der wir die gefälschte Natur der Hässlichkeit der realen Infrastruktur vorziehen.

Sasha Kurmaz: «Red Horse»

Als am 24. Februar 2022 die Ukraine in Flammen aufging begann Sasha Kurmaz seine zerstörte Umwelt zu dokumentieren. Sein Ziel war es die russische Invasion anzuprangern und mit seinen Dokumentationen die Situation persönlich zu verarbeiten. Er sammelte verschiedene Objekte aus den Trümmern, erstellte damit mehr als 300 Collagen, in denen er seine eigenen Fotos mit wiedergefundenen Objekten überlagerte. Wie in einem persönlichen Tagebuch teilte er seine innersten Gefühle in handschriftlichen Notizen neben Zeichnungen und gemalten Details mit. Als Zeitleiste präsentiert, bietet Red Horse einen ergreifenden Bericht aus erster Hand über den Krieg und wird zu einem universellen Instrument des Widerstands, das des Grand Prix Images Vevey 2023/2024 würdig ist.

Romain Mader: «Get the Look!»

Was würde passieren, wenn wir uns von Algorithmen einkleiden liessen? Diese Frage stellte sich Romain Mader, als er Get the Look! gründete. Er stellte sich der Herausforderung, den Empfehlungen des Algorithmus auf seinem Smartphone zu folgen und die vorgeschlagenen Kleidungsstücke in Online-Shops zu bestellen, ohne eine persönliche Auswahl zu treffen. In seinem Atelier nimmt der Künstler eine Reihe von inkongruenten Haltungen ein. Indem er die Verkaufstechniken und Marketinginstrumente untersucht, die von Fast-Fashion-Websites konsumfördernd eingesetzt werden, prangert die Serie ironisch die von der Industrie verursachte Sucht an und zeigt am Beispiel Mode den Einfluss von Algorithmen auf unser Leben.

Katja Stuke: «Supernatural»

Seit dem Jahr 2000 verfolgt Katja Stuke die Spitzensportler der Olympischen Spiele und hält die Gesichter der Athleten auf ihrem Fernsehbildschirm fest. Ohne physisch anwesend zu sein, fängt Stuke den Moment der höchsten Konzentration ein. Indem die Künstlerin die Bilder in Grossaufnahme zeigt und sie aus ihrem medialen Kontext herausnimmt, intensiviert sie die Emotionen. Diese Porträts werden durch die Oberfläche des Fernsehbildschirms gerastert, was den eingefrorenen Gesichtern ein übernatürliches Aussehen verleiht. Im Laufe der Jahre widergespiegelt dieses Projekt die Entwicklung der Fernseh- und Kameratechnologien.

Guanyu Xu: «Resident Aliens»

Künstler, die sich in den Vereinigten Staaten aufhalten, ohne die US-Staatsbürgerschaft zu besitzen, nennt man «resident aliens». Guanyu Xu zeigt in seinem Projekt die Räumen von Menschen, die auf die Normalisierung ihres Status warten. Der chinesische Künstler, der nach Chicago ausgewandert ist, trifft Menschen mit unterschiedlichem Visastatus und fotografiert ihre Innenräume sowie ihre persönlichen Gegenstände. Die Bilder druckt er danach aus und kombiniert sie bei seiner Rückkehr an den Ort zu einer ephemeren Installation, die er dann wiederum fotografiert. «Resident Aliens» ist ein anspruchsvolles Werk, das die Komplexität der Migrationsbedingungen und die Widerstandsfähigkeit derer, die ihr Leben zwischen zwei Ländern aufteilen, betonen will.

Marion Zivera (Kollektiv ACA): «Blame the algorithm»

Von der virtuellen Assistentin Siri bis zum neuen internationalen Miss AI-Wettbewerb sind Maschinen mit idealisierten und geschlechtsspezifischen Erscheinungsbildern in unserer Gesellschaft allgegenwärtig. Die Schweizer Künstlerin sendet Aufnahmen ihres eigenen Körpers an eine Reihe künstlicher Intelligenzen, um neue «Selbstporträts» zu erstellen. Die kostenlose Software, die nicht in der Lage ist, ihre anatomische Merkmale zu verstehen, produziert eine Reihe von seltsamen Körpern, die im Gegensatz zu den physischen Stereotypen stehen, die normalerweise von der KI erzeugt werden. Das Projekt liefert einen kritischen Kommentar zur Normalisierung des Körpers und hinterfragt gleichzeitig das geistige Eigentum, die Rolle des Künstlers und den kreativen Prozess.

Titelbild: Daido Moriyama: «Pretty Woman» ist die Nahaufnahme einer Schaufensterpuppe mit Sonnenbrille, die das städtische Leben widerspiegelt und zugleich ein Selbstporträt des Fotografen darstellt. In Vevey neu positioniert, wird die Fotografie zu einem monumentalen «Mise en abyme», einer Hommage an Moriyamas Stil und an die Schönheit des Gewöhnlichen.

Situationsbilder © Urs Tillmanns / Fotointern.ch
Mehr Informationen auf Fotointern.
Die Biennale Images Vevey ist noch bis 29. September zu sehen.
Zum ersten Beitrag über die Foto-Biennale in Vevey 2024

 

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