Maya Dunietz (*1981) ist Künstlerin, Musikerin, Performerin und Komponistin. Sie verbindet in ihrer Arbeit klassische Musik und bildende Kunst, Installation und Konzert, Klang und Rhythmus und zeigt ihre Werke im Kunstmuseum Luzern.
In ihrem Werk finden der Herzschlag des Publikums, Vogelgezwitscher oder die Klagen ausrangierter Klaviere zusammen. Die Künstlerin lässt sich inspirieren vom Verhalten eines Schwarms von Fischen, Vögeln oder Insekten oder vom samischen Joik, dem eintönig-gutturalen Gesang der Ureinwohner Lapplands, bei dem die Musik wichtiger ist als der Text und der eine Sache stimmlich widergibt (im Gegensatz zu einem Lied, das von dieser Sache handelt).
Wie von Geisterhand spielt das Klavier im grossen Saal Stücke, die Maya Dunietz komponiert hat
Dunietz’ Installationen werden mit dem ganzen Körper erlebt und schaffen einen Raum für Innehalten, Zuhören und Reisen durch die Zeit. Ausgehend vom traditionellen Küssnachter Klausjagen mit Hunderten von Peitschen, Glocken und bunten Laternen, die durch das nächtliche Dorf Küssnacht strömen, entwickelt Maya Dunietz für Luzern eine neue Soundinstallation.
Maya Dunietz hört den Klängen, die das Klavier selber spielt
Von Geisterhand bedient, spielt ein Flügel, im leeren Saal ein Konzert. Maya Dunietz hat dieses Stück speziell als Auftakt für ihre Ausstellung komponiert und drei Nächte vor der Eröffnung eingespielt. Der selbstspielende Flügel gibt die Komposition in einem endlosen Loop wieder. Er erinnert so an das Spiel der Künstlerin und erzählt von Anwesenheit in der Abwesenheit und dem Gewicht der Leere.
Brain on a Plate, 2022, kinetische Sculptur, Silikon, Keramik, Motor
Das Gehirn aus gallertartigem Material wackelt, tanzt, zittert, krampft und erzeugt Töne. Neben seiner spielerisch-komischen Präsenz thematisiert Brain on a Plate, die Verortung von Klang und seiner Wahrnehmung: Wo ist der Klang? Ist er im Raum, in den Gegenständen, in unserem Körper, im Gehirn?
Siebzehn Klaviere mit Niederfrequenz-Schallwandler, Ver stärker, Programmierung und zusätzliche Kompositionen von Daniel Meir
Für Air Sculpture 1.6 hat Maya Dunietz mit dem französischen Musiker Ghédalia Tazartès eine 5-Kanal-Sounginstallation geschaffen, die auf Feldaufnahmen aus Frankreich, Marokko, Algerien, Indien und Israel basiert. Sie hat die Frequenz dieses Rohmaterials manipuliert, um ein Raumgefühl zu erzeugen, das sich von dem eigentlichem Raum unterscheidet.
Fanni Fetzer zeigt die Notenblätter, auf denen Schülerinnen und Schüler Musikstücke komponieren können
Eine Herde altersschwacher Klaviere hat sich im Raum niedergelassen. In der Klanginstallation schnaufen, brummen und röhren die Instrumente wie eiszeitliche Mammuts. Die Klaviere sind in kleinen Familien im Raum verteilt, in denen die Familienmitglieder miteinander interagieren, sich anbrummen oder unisono wiederkäuen. Ihre schweren Körper grummeln, brüllen und zittern.
Bird Whistle, 2016, kinetische Skulptur, verschiedene Materialien
In einem grossen Raum mit vielen Lautsprecher an den Wänden erlebt man ein besonderes Ereignis: Töne vom traditionellen Küssnachter Klausjagen, die sie am 5. Dezember 2023 aufgenommen hat. Kern dieses alljährlichen St. Niklaus-Brauchs ist ein nächtlicher Umzug mit Hunderten von Geiseln, Glocken, Kuhhörnern, Blasinstrumenten und bunten Laternen. Für das Kunstmuseum Luzern hat Maya Dunietz aus ihren Tonaufnahmen eine vielstimmige Klanginstallation entwickelt. Der Umzug ist nach Instrumenten geordnet. Alle Klangkörper und Klaviere sind mit 3 km Kabel miteinander verbunden.
Bis zu 3 km Kabel verbinden die verschiedenen Installationen und Klaviere
Die kinetische Skulptur ist ein humorvoller autobiografischer Kommentar zum Leben in der modernen Zeit, der den enormen Aufwand thematisiert, um dem Lied eines Vogels zu lauschen – der natürlichsten, grundlegendsten Erfahrung. Bird Whistle spielt mit den Erwartungen des Publikums. Das Zwitschern des Vogels ist in der Ausstellung zu hören. Wenn man sich ihm nähert, ist das Aussehen des Vogels überraschend.
Die Klaviere spielen wie von Geisterhand
Inspiration findet die isrealische Künstlerin in musikalischen Traditionen auf der ganzen Welt oder in der Natur. Das Verhalten eines Schwarms von Fischen, Vögeln oder Insekten fliesst ebenso in ihre Arbeit ein wie der samische Joik, der eintönig-gutturale Gesang der Ureinwohner Laplands. Das verbindende Element ist die Arbeit am Klang, am weltumfassenden Sounderlebnis.
Die von Fanni Fetzer kuratierte Ausstellung dauert bis 16. Februar 2025
Fotos: Josef Ritler