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Wenn Milliardäre regieren: Auch in der Schweiz?

«Mehr Demokratie wagen» (Willy Brandt, 28.10.1969). „Meine Mitbürger in der ganzen Welt: Fragt nicht, was Amerika für euch tun wird, sondern fragt, was wir gemeinsam tun können für die Freiheit des Menschen“ (John F. Kennedy am 20. Januar 1961). „Wir werden die USA aus dem Chaos befreien und wieder zur ganzen Grösse führen mit: Amerika First“ (Donald Trump am 6. November 2024 nach seinem „grandiosen“ Sieg).

Willy Brandts Aufforderung an die Demokratinnen und Demokraten, Kennedys beschwörender Wunsch an die Weltbevölkerung haben sich im Gedächtnis unserer, meiner Generation tief verankert, haben bereits in den Geschichtsbüchern weltweit Einzug gehalten.

Und Trumps Botschaft „Amerika First“? Wird sie in das trumpische „Goldene Zeitalter“ oder in die selbst gewählte Isolation der USA oder gar ins wirkliche Weltchaos führen? Noch geben sich viele politische Führungskräfte, Kommentatorinnen und Kommentatoren im Westen arglos gelassen: Es wird nicht so schlimm kommen.

Doch Tag für Tag liefert Trump den Beweis, dass er es ernst meint, dass er seine angekündigte Politik schlicht und einfach umsetzen wird, koste es was es wolle. Er ist noch nicht im Amt, seine künftige Mannschaft erhält mit seinen laufenden Ernennungen ein immer deutlicheres, erkennbareres Bild, das sich stetig verfestigt: Ein Gruppenbild von Vasallen, die ihm treu und loyal ergeben sind. Nicht Qualität zählt, sondern Gesinnung. Und die Frauen? Die sind deutlich in der Minderheit, obwohl er vor allem von den weissen Frauen überraschend stark gewählt worden war. Sieht man von Susie Wiles (67), Wahlkampfleiterin Trumps und nun Stabchefin im Weissen Haus, oder von Tulsi Gabbard (43), ehemalige Demokratin, jetzt Trumps liebste Diktatorenfreundin mit Kontakten zu Putin, ab. Sie sass für die Demokraten im Kongress, bevor sie zu Trumps Bewegung konvertierte. Nun soll sie eines der mächtigsten Geheimdienstämter erhalten – ohne Erfahrung, wie alle Medien weltweit in gleichen Worten übereinstimmend schreiben. Hätten die US-Amerikanischen Geheimdienste nicht einen exzellenten Ruf, wäre eines zu befürchten: eine Marginalisierung der auch für uns so bedeutenden Sicherheitsorgane.

Der Milliardär Trump ist mit 78 der nun älteste US-Präsident, der am 20. Januar 2025 seine zweite Amtszeit antreten wird. Und bereits mit einer dritten Amtszeit liebäugelt. Neben ihm wird sich Elon Musk (54), der Reichste der Reichen von Trumps Gnaden als Schattenpräsident, ohne Ministerrang, quasi freischwebend, in der neuen Administration festsetzen, die er wie ein Bulldozer radikal durchforsten, planieren, gnadenlos eindampfen wird. Tausende Mitarbeitende der bisherigen Administration werden auf der Strecke bleiben.

Hinter Trump wartet bereits J.D. Vance (40), der neue Vizepräsident. Wie die «Zeit» berichtet, baut er sein Netzwerk mit weiteren Milliardären, wie mit dem Deutschamerikaner Peter Thiel (57) laufend aus. Zum Kreis von Thiel gehört beispielweise auch Yurtis Yarvin (51), der als Vordenker der «neuen Rechten» gilt. Die Bewegung hält die Demokratie als reformunfähig, weil korrupt. Er fordert einen monarchischen Führer, einen CEO, der die USA wie einen Weltkonzern führt. Eine Rolle, zu der Trump bereits jetzt greift.

Milliardäre sind uns nicht fremd. An Christoph Blocher (82) haben wir uns gewöhnt. Das Parlament wollte ihn zuerst bändigen, einbinden in die Konkordanz des Bundesrates, schickte ihn dann aber in die Wüste, als er sich nicht einbinden liess. Mit den Milliardären Alfred Ganter (56) und Urs Wiedlisbach (63) tingeln nun zwei durch die Schweizer Lande, um uns vor der EU zu retten, mit Geld, viel Zeit und im Schlepptau treu ergebene Groupies aus Sport und Medien als Aushängeschilder. Mit ihrer Initiative wollen sie, dass das vor dem Abschluss stehende Abkommen mit der EU erstens vors Volk, zweitens auch vor die Stände kommt, obwohl für Staatsverträge eigentlich der Bundesrat allein zuständig ist, das Staatsvertrags-Referendum vorbehalten, welches aber ohne Ständemehr zur Abstimmung kommt. Die schlauen Männer aus Zug wissen genau, dass das Abkommen am ehesten durch das Ständemehr zu Fall gebracht werden kann. Hat doch ein Appenzeller aus Innerrhoden eine 40fach stärkere Stimmkraft als ein Zürcher. Was als mehr Demokratie wagen daherkommt, ist das Gegenteil davon.

In den USA regiert nun ein selbsternannter Milliardär mit Freunden, die alle über Milliarden verfügen. Und einige stehen bereits in der Warteschlange. Sie setzen auf den CEO der Weltfirma USA, unterstützen ihn vorbehaltlos und bereiten sich schon jetzt auf seine Nachfolge vor.

Noch haben wir Zeit, um nicht in das gleiche Fahrwasser zu geraten. Bleiben wir wachsam. Erinnern wir uns an John F. Kennedy, an die «Freiheit des Menschen» und nicht nur an die der Milliardäre.

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8 Kommentare

  1. Es wäre interessanter gewesen, wenn Sie die Argumente von Wiedlisbach, Ganter und Baudenbach widerlegt hätten.

    • die argumente von kompass wurden vom ehemaligen chef von seco, herrn gerber, faktengerecht zersaust.

      ich danke anton schaller für seine einschätzungen, die ich teile.

      der einfluss der milliardäre auf den röstirat (früher bundesrat) lässt sich täglich nachzeichnen.

  2. Das Bild das Sie uns, verehrter Anton Schaller, über die aktuellen politischen Szenarien zeichnen, zeigt die fortschreitende Zerrüttung demokratischer Regeln und Werte sowie den Siegeszug des westlichen Kapitalismus mit seinen negativen Konsequenzen für die Menschen und Staaten. In der Vergangenheit schlug das Pendel immer wieder in die eine oder andere Richtung aus. Trotzdem hat sich die Demokratie in den letzten Jahrzehnten als zuverlässige Staatsform bewährt, denn sie basiert auf der Teilhabe des Volkes an politischen, sozialen und wirtschaftlichen Prozessen. Die EU hat die Demokratie erweitert und ausgebaut und weitere Staaten sind dazu gekommen. Schliesslich hat uns die Sozialdemokratie Wohlstand, Frieden und Sicherheit in Europa gebracht.

    Diese Werte werden wir verlieren wenn es nicht gelingt, zusammen mit der EU, den Trumps und Putins, den Wirtschaftsfürsten und den Reichsten dieser Welt eine klare Absage zu erteilen und unsere demokratischen Werte zu verteidigen und durchzusetzen.
    Das wird kein Spaziergang, denn die kriminellen Machenschaften und die Beeinflussung aller, die auf den «Sozialen Medien» auf den vier grössten Plattformen unterwegs sind, ist immens, denn alles was durch KI-gesteuerte Falschmeldungen generiert wird, hat Folgen für unser reales Leben.
    Sehen Sie sich die Doku vom 19.11.2024 auf Arte an und lernen Sie, wie die Tech-Giganten unsere Welt verändern und sich dabei zu den Ultrareichsten der Welt aufgeschwungen haben. Elon Musk, ihm gehört u.a. Facebook und X, gilt mit 300 Milliarden Dollar Vermögen als der Reichste unter Ihnen. Selbstkritik, Gewissensbisse? Fehlanzeige! Er hält sich für den Grössten und walzt alle(s) nieder, was ihm nicht passt. Zusammen mit Trump in der kommenden US-Regierung, wird diese Regierung ein Tanz auf dem Vulkan, mit Verbrennungen aller Art.
    https://www.arte.tv/de/videos/109029-000-A/im-sog-der-sucht-maschine/

    • Mein Gott Herr Müller, es gibt Schreiber die Textinhalte und politische Zusammenhänge einfach nicht verstehen und deshalb glauben, mit Beleigungen diese niedermachen zu müssen. Dieses Verhalten halte ich wiederum für «schwachsinnig». Eine eigene, sachbezogene Meinung zu haben, ohne anders Denkende zu diffamieren, ist hingegen eine Bereicherung der Meinungsvielfalt und gelebte Demokratie.

  3. Bruchlinien des Vertrauens in demokratische Institutionen und in politische Entscheidungsprozesse zeigen sich nicht nur in den USA und in europäischen Staaten, sondern zurzeit leider auch in der Schweiz. Wir haben hierzulande bereits zwei Abstimmungswochenende hinter uns mit überraschenden Ergebnissen (13. AHV, BVG-Reform). Nun steht ein weiteres riskantes Abstimmungswochenende bevor. Gleich vier Vorlagen stossen mehr oder weniger auf Gegenwind. So sagen es mindestens die Abstimmungsprognosen voraus. Zu erwarten ist bei praktisch allen vier Vorlagen ein Fifty-Fifty-Ergebnis, das entweder auf die eine oder andere Seite kippen könnte.

    Sollte sich das bewahrheiten, stellen sich meines Erachtens für das Parlament und den Bundesrat recht unangenehme Fragen. Sie gehen in die Richtung, inwieweit Bundesbern noch den Puls des Stimmvolks realistisch einschätzt. Sollten wirklich alle Vorlagen keine Gnade finden bzw. einzelne Vorlagen praktisch im Zufallsbereich entschieden werden, müsste man auch in der Schweiz von einer Zeitenwende sprechen, wenngleich dieser Begriff etwas abgegriffen daherkommt.

    In Zeiten zugespitzter geopolitischer Bedrohungslagen, in Zeiten unkalkulierbarer wirtschaftlicher Risiken auf der Grundlage eines entfesselten neu/alten Präsidenten Trump, in Zeiten, wo beträchtliche Bevölkerungsteile in vielen Ländern und auch in der Schweiz mit Inflation, Teuerung, stagnierenden Löhnen, steigenden Krankenkassenprämien und Mietzinsen, mit Unsicherheiten auf dem Arbeitsmarkt zu kämpfen haben und existenziell entscheidende Klimaziele ob der genannten Herausforderungen je länger je mehr in den Hintergrund gedrängt werden, sollte man alles unternehmen, damit der Konfusion Einhalt geboten werden kann.

    Ich bin nicht Politologe. Aber es ist doch nicht mehr zu übersehen: Die Lage ist ernst, sehr ernst sogar! «Klein-Klein» im politischen Hickhack sollte aufhören. Das grosse Ganze verdient in den Vordergrund gehoben zu werden. Rasche Lösungen müssen für die sträfliche Vernachlässigung der militärischen Sicherheit gefunden werden. Nicht nur die Schweiz, ganz Europa könnte sich vielleicht demnächst in einer äusserst brenzligen Situation finden, falls die Ukraine nicht standhält. Man mag es sich gar nicht vorstellen, aber man sollte sich wappnen. Nicht nur militärisch! Zur Sicherheitspolitik gehört auch der innere gesellschaftliche Zusammenhalt. Da gilt es mit einer geeigneten politischen Massnahmen Spannungen abzubauen. Das letzte, was wir brauchen können, sind binnenpolitische Aufbauschungen und ungelöste Konflikte.

    Man nehme sich ein Beispiel an der Wirtschaft! Um resilienter zu werden, sieht sie sich herausgefordert, Risiken und Abhängigkeiten neu zu beurteilen. Das Just-in-Time-Prinzip wird überdacht, Lieferkettenprobleme durch Diversifizierung entschärft, die Energieversorgung, die Produktionsprozesse und CO2-Ausstoss werden mit ökologischen und klimatechnischen Vorgaben neu beurteilt, um gegen Krisen besser gewappnet zu sein.

    Auch die Gesellschaft an sich sollte resilienter werden, damit die kommenden Herausforderungen für alle Menschen in diesem Land bewältigbar sind. Beispiele des näheren und ferneren Auslands führen uns vor Augen, welche gesellschaftlichen Spannungen sich aufbauen können, wenn die Lebensgrundlagen tangiert sind. Selbst hierzulande tritt klar zutage, dass allzu viele Menschen sich vor existenzielle Probleme gestellt sehen oder mindestens in Sorge sind, dass ihnen das bei einer Verschärfung der Lage passieren könnte. Dafür, dass die soziale Kohäsion auch in schwieriger werdenden Zeiten weiter hin Bestand hat, muss man sich auch in unserem Land immer wieder einsetzen.

    Die Parteien sollten sich ihrer Verantwortung bewusst werden. Der Blick aufs Ganze und eine Priorisierung der Aufgaben sind gefragt, um in gesellschaftspolitischen Abwägungsprozessen zu dienlichen Lösungen zu kommen. In einer Konkordanzdemokratie wie der Schweiz spielt das Aushandeln konsensualer Ergebnisse eine entscheidende Rolle. Dieses Prinzip, das Ganze im Auge zu behalten, Kompromisse auf der Grundlage des Nehmens und Gebens zu schliessen und manchmal parteipolitische Desiderate hintan zu stellen, hatte sich doch schon in früheren Bewährungszeiten bewährt.

    • Kompliment Bruno Kägi zu Ihrer klaren und verständlichen Analyse des Ist-Zustandes, den daraus möglichen, resultierenden Folgen aber auch der Ansätze zu plausiblen Lösungen.
      Es wäre mutmachend und sehr hilfreich für uns alle, wenn die Verantwortlichen Politiker:innen unsere Regierung und unsere Volksvertreter:innen in Parlament und Ständerat das Prinzip, das Ganze im Auge zu behalten, verstehen würden und das hinderliche und, wie ich finde, infantile Parteiengedöns endlich ablegen könnten und echt zusammenarbeiten. Ich befürchte, dass wir ohne diese Voraussetzung nicht vorwärts kommen werden, eher das Gegenteil. Die Wahl Trumps ist das beste Beispiel für Rückschritt und Zurückfallen in alte patriarchale Muster und Ungleichheiten.

  4. Was soll ein «selbsternannter Milliardär» sein? Milliardär ist man oder nicht, dazu kann man nicht ernannt werden. Der ganze Artikel ist ohnehin nicht gerade ein Meisterstück des Autors, eher etwas für die Tonne.

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