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«Gerhard Pfister muss es trotzdem machen»

Schreibt die Sonntags-Zeitung. Und wie recht sie hat. Tatsächlich stellt sich die bange Frage: Findet die Mitte, die Partei der aktuell Unwilligen, noch aus der Zerrissenheit, rappelt sie sich auf, nimmt sie die gebotene Verantwortung wahr und präsentiert der Bundesversammlung, was diese zurecht verlangt: ein valables Ticket mit einer Frau und einem Mann, die beide nicht nur gerade noch wählbar, sondern auch tatsächlich für das hohe Amt qualifiziert sind? Zwei Persönlichkeiten, die über einen anerkannten Leistungsausweis verfügen und damit Gewähr dafür bieten, dass sie dem Amt auch gerecht werden können. Den Mann gibt es, die Frau ist noch zu finden. Und wenn die Partei keine qualifizierte Frau findet, hat sie mit Gerhard Pfister (62) den Mann, der Bundesrat kann.

In dieser Unentschlossenheit in der Partei taucht plötzlich der Name einer Grünliberalen auf: Tiana Angelina Moser (46), Ständerätin des Kantons Zürich. Was zwar unwahrscheinlich ist, dass sie das auch nur erwägt, so zeigen die Spekulationen der Medien, welches Bild die Partei der Mitte nach aussen  vemittelt.

Das war nicht immer so. Ganz im Gegenteil. Die ehemalige katholisch-konservative  Partei, die ehemalige CVP und jetzt Die Mitte, hat eine lange Geschichte hinter sich, auf die sie stolz sein kann, zumindest bis 2003.

In ihren Reihen hatte sie mit Martin Rosenberg (1908-1976) einen  Generalsekretär,  der als einer der wichtigsten politischen Strategen der Nachkriegszeit in der Schweiz gilt. Er erfand 1959 sie nicht nur, er setzte sie im damaligen Parteiengefüge auch durch: Die Zauberfomel, mit welcher die Zusammensetzung des Bundesrates bis 2003 als Konkordanz-Regierung unverändert überlebte. Den ersten wirklichen Tiefschlag auf ihrem einsetzenden steten Niedergang musste die heutige Mitte bei den Gesamterneuerungswahlen 2003 entgegennehmen. Ruth Metzler (61) wurde abgewählt. An ihrer Stelle Christoph Blocher (84) mit lediglich 5 Stimmen Vorsprung gewählt. Mit dieser Wahl erhielt die SVP einen zweiten Bundesratssitz. Die Bundesversammlung sprengte 44 Jahre nach Rosenbergs Politkunst «seine» Zauberformel.

Der Verlust des zweiten Bundesrats-Sitzes tat weh, die Partei leckte ihre Wunden, zu mehr reichte es nicht. Erst mit Gerhard Pfister als zupackender Präsident kam es 2016 zur Wende. Mit intellektuellem Scharfsinn, philosophischem Weitblick streifte er seinen eher rechts ausgerichteten Politstandpunkt ab und verordnete sich zum Macher, zum Leader für eine auf Vernunft ausgerichtete Politik der Mitte. Er strich auch das C endgültig aus dem künftigen Parteinamen – trotz Widerstand in der Partei –  und mutierte mit seiner Partei nicht nur dem Namen nach zur «Die Mitte». Er fusionierte mit der serbelnden Bürgerlich Demokratischen Partei BDP der damaligen Bundesrätin Evelyne Widmer-Schlumpf und sendete zu den Grünliberalen Signale aus, sich der Mitte anzuschliessen. Mit dem Ziel, eine starke Mitte zu formieren, die sich einer Politik der Vernunft verschreibt. Signale, die die Grünliberalen schlicht nicht verstanden oder aus Selbstüberschätzung nicht verstehen wollten.

Ist es Ironie des Schicksals, dass Gerhard Pfisters offensive Politik ihm selbst zum Verhängnis wurde, hatte er doch ein straff geführtes Sekretariat einzurichten, geführt von einer ebenso führungsstarken Generalsekretärin? Daraus erwuchs ihm Widerstand. Ständerätin Andrea Gmür liess mit anderen Mitte-Frauen zusammen, ohne zu informieren, untersuchen, ob es stimme, dass die Generalsekretärin zu autoritär führe. Die Zürcher Nationalrätin Yvonne Bürgin (54) fand in der Arena des Schweizer Fernsehens Pfister zu alt für das Amt. Gerade sie, die ihr Mandat nicht zuletzt Pfister zu verdanken hat, welcher trotz «hohem» Alter die Partei geöffnet und sie im urbanen, traditionell eher reformierten Kanton Zürich auch in Zukunft wählbar gemacht hat.

Nachdem die meisten noch einigermassen passablen Kandidatinnen und Kandidaten abgesagt haben, steht nun die zweite Reihe im Fokus, aber durchwegs ohne Glanz. Markus Ritter (58) beispielsweise, der oberste Bauernlobbyist, der kandidieren und im VBS aufräumen will. Eine Aufgabe, die nur er sich und sicher keiner Frau zutraut, aber nichts dazu sagt, wie er die Schweizer Armee abwehrbereit aufstellen, wie er die Schweiz in eine europäische Verteidigungsstrategie eingliedern will, wenn überhaupt. Oder Christophe Darbellay (54), Staatsrat des Kantons Wallis, der von 2006 bis 2016 die CVP Schweiz präsidierte, aber den steten Rückgang der CVP-Wahlanteile nicht stoppen konnte. (Er hat in der Zwischenzeit ebenfalls abgesagt.)

Wie dünn die Personaldecke der Mitte ist, kommt durch die mögliche Kandidatur von Nicole Barandun (57) zum Ausdruck. 2008 wurde sie in den Zürcher Kantonsrat gewählt, die Wiederwahl misslang ihr. Auch 2019 die Wahl in den Ständerat. Im Nationalrat sitzt sie nun seit 2023 verfügt über keine Regierungserfahrung. Auch sie hat nicht zuletzt ihre Wahl der neu geöffneten Partei Die Mitte zu verdanken. Wenn eine Frau aus dem Parlament zu beachten ist, so ist das die Baselbieterin Nationalrätin und Juristin Elisabeth Schneider-Schneiter (61). Sie war 2018 schon einmal von ihrer kantonalen Partei für eine Bundesrats-Kandidatur nominiert worden, als Nachfolgerin von Doris Leuthard (61). Viola Amherd (63) ist ihr damals vorgezogen worden. Elisabeth Schneider-Schneiter ist Präsidentin der Handelskammer beider Basel, was ihre Chancen reduziert, nur schon nominiert zu werden, ist ihr starkes Engagement für ein gutes, einvernehmliches Verhältnis der Schweiz zur EU.

Ab Montag ist die Findungskommission der Mitte an der Arbeit. Dann wissen auch wir, wer sich gemeldet hat. Bleibt es bei den angekündigten Namen, wird die Kommission, will die Partei nicht an Reputation, an Glaubwürdigkeit verlieren, nach aussen Ausschau halten müssen. Oder sie überzeugt den besten Mann, den die Partei hat, trotz Absage zu kandidieren. Die Partei würde an ihre besten Zeiten anknüpfen, als sie mit Martin Rosenberg der Schweiz ein Regierungssystem vorgab, das uns Stabilität, Rechtssicherheit und Wohlstand brachte. Gerhard Pfister könnte das auch, er könnte neue Ideen dazu entwickeln und umsetzen.

1.Fortsetzung
Schneller als erwartet hat die Findungskommission entschieden, wen sie der Fraktion der Partei zur Nomination vorschlagen will: Markus Ritter und Martin Pfister (61), ein unbekannter Regierungsrat aus dem Kanton Zug. In der Innerschweiz wird der «andere» Pfister immerhin als «gmögig» bezeichnet, und er ist Oberst in der Schweizer Armee. Dennoch: Man kommt den Eindruck nicht los, dass die Findungskommission es sich zu leicht gemacht hat; der Bundesrat ist doch weit mehr als ein Vereinsvorstand?
Die Mitte-Frauen haben zumindest vorerst klein beigegeben, nach dem sie zuerst lauthals eine Frau auf das Ticket gefordert hatten. Dennoch: Was ist mit der Mitte bloss los? Wird die Faktion die beiden Vorschläge schlucken, wenn sie am 21. Februar zu entscheiden hat, wen sie der Bundesversammlung zur Wahl am 12. März vorzuschlagen hat? Fortsetzung folgt.

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3 Kommentare

  1. Jetzt gibt es also voraussichtlich wieder eine reine Männerwahl. Der zaudernde Parteipräsident der Mittepartei, die ein Anrecht auf diesen Bundesratssitz hat und der omnipräsente Bauernpräsident, der meint die Welt bestehe nur aus Bauernbetrieben. Mit seiner Wahl würde der neue Bundesrat überwiegend Mitglieder aus dem Bauernmillieu und die männliche Bevölkerung representieren. Die SVP übernimmt ja sowieso den Platz von BR Parmelin, wenn dieser demnächst sein Amt abgibt.

    Wo bleiben die Grünen und die Grünliberalen in unserer Regierung, die zusammen immerhin fast 18 % der Wähler:innen ausmachen?

    Wo sind die Vorschläge für Frauenkandidaturen? Die Mittepartei hat doch politikerfahrene und langjährige Mitarbeiterinnen in den eigenen Kantonsparteien. Vielleicht müsste man es diesen Frauen einfach nur zutrauen das Bundesratsmandat zu übernehmen und sie entsprechend motivieren und vor allem unterstützen. Welche der bisherigen Bunderäte und Bundesrätinnen hatten schon von Anfang an die optimalen Voraussetzungen für dieses Amt mitgebracht? In dieses Amt wächst man doch hinein.

    Die Vergangenheit zeigt, dass politisch gewählte Frauen oft vieles zum Guten wenden und für die Allgemeinheit regeln können. Nicht selten wurde der Aufgabenbereich, nachdem es wieder besser lief, dann wieder von einem Mann übernommen.
    Wie sagte Marianne Binder-Keller in einem Interview in der Leitlupe: Politik ist kein Ponyhof. Das wissen Politikerinnen schon längst und trotzdem gibt man(n) ihnen immer noch nicht die Chancen, die sie verdienen. Shame on you Männer!
    https://zeitlupe.ch/interview/die-politik-ist-kein-ponyhof/

  2. Also das ist doch keine Auswahl! Natürlich hätte dringend eine Frau aufs Ticket gemusst, auch valable, fähige Kandidatinnen wurden von der Findungskommission ja gar nicht angefragt. Schon sehr merkwürdig… Wie Frau Mosimann oben schon angedeutet hat, fehlte da wohl sehr viel an Unterstützung für die Frauen von ihrer eigenen Partei.

    So wird ein Männer Ticket präsentiert, rechts der Mitte, mit einem ‹Pseudokandidaten›, der kaum gewählt wird. Die Wahl ist doch bereits gemacht, der rechts stehende Bauer, der unbedingt gewählt werden will, weil er denkt er sei der Einzige der das VBS ‹richtig› führen kann, wird von der bürgerlichen Mehrheit in den BR gewählt werden, leider. Ich muss jedoch auch sagen, dass ich alle Absagen, besonders die der Mitte Frauen, halt auch gut verstehen kann… Wer will sich schon eine politische Arbeit in diesem ‹rechtsnationalen› Bürgerblock des aktuellen BR antun, und das dann auch noch als Vertreterin der Mitte Partei?

    • Das ist der Punkt! Die SVP wird, wie schon immer, allen Politiker:innen, die nicht das Gedankengut dieser Partei übernehmen, die politische Arbeit erschweren und sie via Medien mit unwahren und unfairen Behauptungen attackieren, damit die Wählerschaft diese Person ablehnt. Das ist Politik à la Trump, der nichts anderes gelten lässt, als was sein Hirn gerade produziert und er von sich gibt.

      Apropos Einmischung in die Politik anderer Länder: Elon Mask ist nicht mehr der einzige, der sich für die rechtspopulistische Partei AfD Deutschlands stark macht. Unser ehemaliger BR Ueli Maurer meint, zwar ohne eigene Milliarden aber mit derselben Selbstüberschätzung, es ihm nachmachen zu müssen.
      Er trat per Videobotschaft an einer Wahlkampfveranstaltung der Alternative für Deutschland auf. Darin sicherte er Alice Weidel und ihrer Partei per Du seine Unterstützung zu.
      https://www.srf.ch/audio/rendez-vous/alt-bundesrat-ueli-maurer-irritiert-mit-afd-auftritt?partId=yV2S24xSe6pp9F0IlQIrtGhMKKA

      Meine Frage: Welchen Stellenwert hat heute die Neutralität der Schweiz?

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