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Nur wenige ältere Menschen ziehen um

Die Wohnmobilität der älteren Menschen ist gering. Trotz sich ändernder Wohnbedürfnisse ziehen nur wenige um. Diese und weitere Erkenntnisse liefert die Studie «Wohnen im Alter» der Hochschule Luzern, die im Auftrag des Bundesamts für Wohnungswesen (BWO) durchgeführt wurde.

Im Jahr 2022 änderten nur 5.1 Prozent der über 75-Jährigen ihre Wohnverhältnisse. Dies hat gemäss Studie mehrere Gründe: Die Mehrheit der älteren Personen lebt in zentral gelegenen Wohnungen mit guter Anbindung und hat ausreichend Wohnraum. Rund 73 Prozent der über 75-Jährigen wohnen in Mehrfamilienhäusern. Viele Seniorinnen und Senioren sind emotional an ihre Wohnung gebunden. Eine grosse Rolle dabei spielt die Angst vor Veränderungen. Aufgrund der Vertrautheit mit dem Wohnverhältnis und einer oft langjährigen Beziehung mit den Vermietenden ergibt sich das Gefühl von Sicherheit in der aktuellen Wohnung.

Gleichzeitig profitieren viele ältere Mietende von bereits lang bestehenden und damit günstigen Mietverträgen, die oft weit unter den aktuellen Marktmieten liegen. Ein Umzug würde daher in vielen Fällen eine finanzielle Mehrbelastung bedeuten, sowohl durch die Miete als auch durch die unmittelbaren Umzugskosten. Viele der trotzdem erfolgten Umzüge vollziehen sich innerhalb derselben Region; rund die Hälfte der Umzüge in dieser Altersgruppe führte in Pflegeeinrichtungen.

Nicht ausreichend mit digitalen Prozessen vertraut

Hinzu kommen praktische Hindernisse, die die Wohnmobilität zusätzlich erschweren. Im höheren Alter können die Anstrengungen eines Umzugs nur noch schwer bewältigt werden. Weiter wird der Zugang zu neuen Wohnungen durch die zunehmend digitale und rasante Vermietungsprozesse erschwert. Ältere Menschen, die oft nicht ausreichend mit digitalen Prozessen vertraut sind,  können weniger schnell auf Angebote auf Online-Plattformen reagieren und benötigen meist eine längere Entscheidungsfindung, da die Anforderungen an den passenden Wohnraum weniger Kompromisse zulassen.

Geringe Wohnmobilität: Ältere Menschen benötigen eine längere Entscheidungsfindung, um eine passende neue Wohnung zu mieten.

Barrierefreiheit und moderne Gebäudestandards

In den langjährig bewohnten Wohnungen bestehen jedoch erhebliche Herausforderungen. Gemäss Studie leben über 60 Prozent der Menschen ab 66 Jahren in Wohnungen, die zu einer Zeit vor 1980 gebaut wurden, als bauliche Standards nicht barrierefrei waren. Diese Mängel erschweren das selbstständige Wohnen und erhöhen das Risiko von Stürzen und anderen gesundheitlichen Problemen. Renovierungen und Anpassungen können notwendig sein, sind aber für viele Seniorinnen und Senioren schwierig umzusetzen.

Eine weitere Herausforderung ist die Isolation: 77 Prozent der älteren Menschen leben allein oder ausschliesslich mit gleichaltrigen Personen, was das Risiko erhöht, dass im Alltag Unterstützung fehlt. Besonders ältere Frauen sind betroffen. Von ihnen wohnen im Alter von 76 bis 85 Jahren 48 % und im Alter ab 86 Jahren 68 % alleine. Einsamkeit kann die körperliche und geistige Gesundheit beeinträchtigen. Hier besteht ein klarer Bedarf an unterstützenden Netzwerken und Dienstleistungen, um so lange wie möglich ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.

Fazit und Handlungsempfehlungen

Die Mehrheit der älteren Menschen in der Schweiz lebt unter guten Bedingungen: Sie wohnen zentral, profitieren von günstigen Mieten und verfügen über ausreichend Wohnraum. Dennoch bestehen Herausforderungen, insbesondere in der Form von Wohnungen, die nicht altersgerecht und barrierefrei sind, sich an ungeeigneten Lagen befinden oder den geänderten Wohnbedürfnissen nicht entsprechen. Dies führt zu verminderter Lebensqualität und höheren Risiken. Eine Veränderung der Wohnsituation ist selten, die Mobilität der Menschen ab 76 Jahren in privaten Wohnverhältnissen ist mit nur 2.5 % pro Jahr gering, was durch emotionale Bindungen, günstige bestehende Mietverträge und praktische Hindernisse wie digitale Vermietungsprozesse begründet ist. Ältere Menschen müssen in ihrer Situation also gezielt unterstützt werden, sei es im Alltag in ihrer aktuellen Wohnsituation, oder bei der Suche einer altersgerechten Wohnsituation.

Um den Bedürfnissen älterer Menschen gerecht zu werden, sollten sie gemäss Studie besser in die regulären Wohnungsmärkte integriert werden. Der Zugang zum Wohnungsmarkt sollte vorab in den angespannten Wohnungsmärkten wie Zürich, Basel, Bern oder der Genferseeregion verbessert werden. Ziel müsse es sein, sicheren und lebenswerten Wohnraum zu schaffen, der die Lebensqualität älterer Menschen fördert. Erreicht wird dies gemäss Studie, indem man altersgerecht renoviert, barrierefrei baut und Wohnungen erstellt, die eine enge Verbindung zu Pflegeeinrichtungen haben. Darüber hinaus gilt es zu gewährleisten, dass Menschen in ihrem aktuellen Wohnumfeld unterstützt werden, damit sie möglichst lange selbstbestimmt leben können.

Übrigens: Rund ein Viertel der Haushalte, die ausschliesslich aus Personen ab 76 Jahren bestehen, wohnen in Einfamilienhäusern. Diese Zahl entspricht mit 24 % nahezu dem landesweiten Durchschnitt von 22 %. Die oft geäusserte Vermutung, ältere Menschen würden unverhältnismässig viele Einfamilienhäuser beanspruchen, konnte damit nicht bestätigt werden. Personen ab 76 Jahren, die ausschliesslich mit Personen derselben Altersgruppe in Einfamilienhäusern wohnen, machen lediglich 5.8 % der Einfamilienhausbewohnenden aus. Gemessen an der gesamten Schweizer Bevölkerung entspricht diese Personengruppe einem Anteil von 1.5 %, was gemäss Studie zeigt, dass diese Gruppe nur einen geringen Einfluss auf die Wohnraumverfügbarkeit hat.

Link: Studie Wohnen im Alter

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2 Kommentare

  1. Interessanter Artikel.
    Hat Herr Linus Bauer auch untersucht, wieviel Personen über 70 Jahre ALLEINE in einem Einfamilienhaus Wohnen?

  2. Ich bin so eine, welche alleine in einem 5 1/2-Zimmer-Haus lebt. Und ja, ich finde das sozial nicht gerecht. Zu meiner Entschuldigung sei gesagt: Ich suche seit vielen Jahren eine neue 3-Zimmer- Eigentumswohnung, ganz ohne Erfolg. Wenn diese Wohnungen viel mehr kosten als mein tolles Haus kann es nicht das Gesuchte sein. Und wenn diese neuen Wohnungen immer noch mit Gas- oder Schnitzelheizungen bestückt werden, dann stimmt das für mich ökologisch nicht. Also, gar nicht so einfach etwas zu finden ohne sehr grosse Abstriche machen zu müssen.

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