StartseiteMagazinGesellschaftGenerationen im Klassenzimmer

Generationen im Klassenzimmer

Theres (78) und Paul Germann (79) engagieren sich als Freiwillige seit acht Jahren im Klassenzimmer. Das sei eine erfreuliche Win-Win-situation. Der Austausch zwischen Alt und Jung werde von beiden Seiten geschätzt und genossen. Seniorweb fragt nach.

Theres und Paul Germann haben als Mitglieder der Interessengemeinschaft Aktives Alter (IGAA) in Jonschwil/Schwarzenbach (SG) selbst die Initiative für einen Einsatz im Klassenzimmer ergriffen und sind auf Lehrpersonen der Primarschule zugegangen, wo die Idee auf grosses Interesse stiess. Per Fragebogen und im mündlichen Gespräch wurde geklärt, wie ihr Einsatz im Klassenzimmer für alle Beteiligten einen Mehrwert bringen könnte.

Theres, dreifache Mutter und neunfache Grossmutter, war vor 50 Jahren Handarbeitslehrerin. Danach zog sie drei Kinder auf und unterstützte ihren Mann Paul in der Hausarztpraxis. Sie engagiert sich politisch in der Mitte und war auch einige Jahre im St. Galler Kantonsrat. Seit einigen Jahren ist sie alterspolitisch aktiv auf Gemeindeebene und im Kanton SG als Mitglied des Kantonalen Seniorinnen- und Seniorenrats.

Theres Germann, Seniorin im Klassenzimmer (Foto bs)

Mit 70 wagte sie sich wieder in ein Schulzimmer und landete im Handarbeitsunterricht. Zunächst gab es ein Gespräch mit einer interessierten Handarbeitslehrerin, dann eine Schnupperstunde. Als es für beide stimmig war, verpflichtete Theres sich für zwei Lektionen pro Woche, aktuell in einer 5./6. Klasse. Sie kann aber auch absagen, wenn was anderes dazwischenkommt. Sie erlebt eine ganz neue Form von Unterricht, was sie als sehr bereichernd erfährt und hilft dort, wo sie gerade gebraucht wird. Sie habe nebst ihren eigenen Kindern und Enkeln generell Kinder gern. In der Schule sei der Umgang mit ihnen wieder auf andere Weise speziell und mache viel Freude.

Paul Germann, Senior im Klassenzimmer (Foto bs)

Paul war bis 66 als Hausarzt tätig, dann übergab er die Praxis an seinen Sohn und arbeitete beim ihm noch vier Jahre im Angestelltenverhältnis. Er engagiert sich seit seinem 71. Lebensjahr sehr gern als Senior im Klassenzimmer. Auf die Frage, was ihn dazu befähige, meinte er schmunzelnd, er sei ja selbst ungefähr zwanzig Jahre zur Schule gegangen. Auch er unterstützt zwei Lehrpersonen in zwei 5./6. Klassen, allerdings je zwei Lektionen pro Woche.  Er kann für vieles eingesetzt werden, als individuelle Unterstützung in Mathe genauso wie in Französisch, Englisch, Deutsch oder MNG (Natur, Mensch, Gesellschaft). Er nahm auch schon mit zwei Klassen an Klassenlagern teil.

Beide erleben grosse Wertschätzung vonseiten der Schulleitung und den Lehrpersonen. Am meisten freut sie aber, wenn sie im Dorf auf der Strasse oder in einem Einkaufsladen von Schülerinnen und Schülern herzlich begrüsst werden und ein paar freudige Worte ausgetauscht werden. Beide fielen mal krankheitshalber aus und erhielten dann von den Schülerinnen und Schülern selbst gebastelte Karten mit Genesungswünschen. Vor allem aber sollen sie möglichst schnell gesund werden, denn sie würden fehlen, man vermisse sie sehr.

Eine Seniorin unterstützt einen Schüler bei der Handarbeit. (Foto © PSZH)

Für beide ist das Projekt «Generationen im Klassenzimmer» eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten: Jung und Alt begegnen sich beim gemeinsamen Tun auf fachlicher, persönlicher oder sozialer Ebene. Die Begegnungen der Kinder mit den Seniorinnen und Senioren bieten neben dem Unterricht von Lehrpersonen und der Unterstützung von Klassenassistenzen zusätzliche Erfahrungshorizonte. Nicht zuletzt können Kinder die humorvolle Gelassenheit der Älteren schätzen und lassen sich gerne erzählen, wie es früher war.

Beide sind auch nach acht Jahren weiterhin sehr gerne im Klassenzimmer und bleiben bis auf Weiteres dabei. Sie staunen, dass viele Ältere es sich nicht zutrauen als Freiwillige im Klassenzimmer zu wirken. Wichtig sei doch nur die Freude an den Kindern, das Schnuppern und erst ein Einsatz, wenn es für alle passt. Wenn es unangenehme werden sollte, könne man aussteigen oder umsteigen in eine Klassenstufe und ein Aktionsfeld, das einem besser zusagt.

Pro Senectute betreut auf Kantons- und Regionalebene das Projekt «Generationen im Klassenzimmer» seit vielen Jahren. Seniorweb hatte die Gelegenheit, einige Fragen an Brian Hilkersberger, den Fachverantwortlichen von Pro Senectute Kanton Zürich, zu stellen:

Seniorweb: Herr Hilkersberger, wie viele Seniorinnen und Senioren sind zur Zeit in welchen Regionen und in welchen Klassen als Freiwillige im Kanton Zürich für «Generationen im Klassenzimmer» im Einsatz?

Brian Hilkersberger: Zurzeit sind ca. 650 Freiwillige über den ganzen Kanton Zürich verteilt in rund 100 Schulen aktiv.

Wie werden die Freiwilligen rekrutiert? Wer eignet sich als Freiwilliger im Klassenzimmer? Wichtig ist die Mund-zu-Mund-Empfehlung, aber wir platzieren auch Inserate und weisen online auf das Angebot hin. Als Freiwillige eignen sich Seniorinnen und Senioren ab 60 Jahren, die Freude am Umgang mit Kindern haben. Weitere Informationen zum Engagement finden sich hier: Generationen im Klassenzimmer | Pro Senectute Kanton Zürich

Brian Hilkersberger, Fachverantwortlicher bei Pro Senectute Kanton Zürich (Foto © PSZH)

Welche positiven Rückmeldungen erhalten Sie von Freiwilligen, Lehrpersonen und Schülerinnen und Schülern? Das Angebot wird generell als grosse Bereicherung empfunden und macht allen Beteiligten Freude.

Welche Unterstützung leistet die Pro Senectute im Projekt? Pro Senectute Kanton Zürich agiert als Ansprechperson für Freiwillige und die Schule. Wir sind auch für Weiterbildung und Erfahrungsaustausch der Freiwilligen zuständig.

Welche Probleme tauchen immer wieder auf? Es gibt keine wiederkehrenden Probleme.

Wird das Projekt «Generationen im Klassenzimmer» in dieser Form bis auf Weiteres beibehalten? «Generationen im Klassenzimmer» ist ein wertvolles, generationenverbindendes Angebot, an welchem wir festhalten.

An wen soll man sich wenden, wenn man mal in einem Klassenzimmer schnuppern möchte? Wenden Sie sich an Ihr regionales Dienstleistungscenter, dort werden sie mit der zuständigen Ansprechperson in Verbindung gesetzt.

Besten Dank, Brian Hilkersberger, für Ihre Informationen!

Titelbild: Ein Senior unterstützt eine Kleingruppe bei einem Zähl- und Rechenspiel. (Foto © PSZH)

 

Spenden

Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, Sie zum Denken angeregt, gar herausgefordert hat, sind wir um Ihre Unterstützung sehr dankbar. Unsere Mitarbeiter:innen sind alle ehrenamtlich tätig.
Mit Ihrem Beitrag ermöglichen Sie uns, die Website laufend zu optimieren, Sie auf dem neusten Stand zu halten. Seniorweb dankt Ihnen herzlich.

IBAN CH15 0483 5099 1604 4100 0

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Beliebte Artikel

Mitgliedschaften für Leser:innen

  • 20% Ermässigung auf Kurse im Lernzentrum und Online-Kurse
  • Reduzierter Preis beim Kauf einer Limmex Notfall-Uhr
  • Vorzugspreis für einen «Freedreams-Hotelgutschein»
  • Zugang zu Projekten über unsere Partner
  • Massgeschneiderte Partnerangebote
  • Buchung von Ferien im Baudenkmal, Rabatt von CHF 50 .-