StartseiteMagazinKolumnenTrumps Spuk – Merz’ Zwang

Trumps Spuk – Merz’ Zwang

Der eine ist zum zweiten Mal dran. Der andere war vor über 30 Jahren schon mal nah dran und steht jetzt kurz davor, es doch noch zu werden: Regierungschef. Die Rede ist von Donald Trump und Friedrich Merz. Der eine ist 79 Jahre alt und der andere ist mit 69 geradezu ein Jungspund dagegen. Dennoch: Sie vertreten quasi unsere Generation. Verwegen ist das zweifellos und wenn schon, dann wären sie eigentlich zwingend dazu aufgerufen, mindestens den Klimawandel ernst zu nehmen, um die Welt den nächsten Generationen doch noch lebenswert übergeben zu können. Nichts davon, gar nichts ist davon zu spüren. Im Gegenteil.

Der eine bringt die bereits gebeutelte und schon arg ausgebeutete Welt mit seiner Selbstherrlichkeit in eine unsägliche Ungewissheit sondergleichen. Der andere steht unter Zwang und hat sich in den Koalitionsverhandlungen mit der SPD den Forderungen der schwächeren Partei zu beugen, um es nun doch zu werden: Bundeskanzler Deutschlands. Ein Unterschied ist offensichtlich. Während Trump alle seine Wahlversprechen umsetzt, ohne auch nur im Ansatz mögliche verheerende Folgen mit einzukalkulieren, entfernt sich Merz von all dem, was er im Wahlkampf versprochen hat.

Zuerst zu Trump. Er trat am 2. April 2025, am „Tag der Befreiung der USA, um sich vom Joch der Schmarotzer, wie er die bisherigen Partner seines Landes bezeichnete, zu befreien, einen gewältigen Zoll-Tsunami los. Eine Welle, welche die Weltwirtschaft in ihren Grundfesten erschütterte und noch erschüttert. Die Aktienkurse stürzten weltweit ab. Als ein Gerücht aufkam, Trump habe es sich wieder einmal anders überlegt, erholten sie sich sofort. Und erst recht, als er eine 90tägige Pause verkündete, während der die Länder, die guten Willens sind, ihr Schmarotzertum ablegten, mit ihm dann eben über die jeweiligen Zölle verhandeln könnten. Wie dies in der Osterwoche Giorgia Meloni, die italienische Ministerpräsidentin, versuchte. Über einen Erfolg ist zumindest bis jetzt nichts bekannt. Es kann ja noch öffentlich werden. Derweil verstärkte er unbeirrt den Handelskrieg mit China wie noch nie. Peking blieb ihm nichts schuldig, erhöhte wie selbstverständlich auch ihre Zölle für US-Waren. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass niemand, aber auch wirklich niemand daran glaubt, dass Trump die USA, wie er lautstark verkündet, allein zu „America Great Again“ führen wird.

Ich habe bis jetzt auch bei umfassenden Recherchen keine einleuchtenden Erklärungen gefunden, weder bei renommierten Ökonomen, noch bei Finanzexpertinnen und -experten, aus deren Analysen,  Beurteilungen hervorgeht, was Trump tatsächlich durchsetzen will. Herauskristallisiert hat sich bisher, dass es ihm neben den Zöllen offensichtlich um weit mehr geht, als nur um eine Änderung der Wirtschaftspolitik. Zu vermuten ist vielmehr, Trump will die Weltordnung grundlegend und im Alleingang durch einen wirtschafts-, finanz-, aber auch einen umfassenden gesellschaftspolitischen Gewaltakt fundamental verändern. Es könnte sein, dass er beispielsweise die gigantischen US-Staatsanleihen, die viele Länder, vor allem China, aber auch Kanada gezeichnet haben, weil sie auf die politische und wirtschaftliche Potenz der USA setzten, am liebsten ganz aus seinen Augen verlieren, abschreiben würde. Wer hat schon gerne gigantische  Schulden. Das brächte die weltweiten Finanzmärkte völlig durcheinander. Jegliches gegenseitige Vertrauen zwischen Gläubigern und Schuldnern wäre dahin.

Friedrich Merz, der in diesen globalen Finanzmärkten aktiv war, sie offensichtlich kennt, könnte der richtige Kanzler zur richtigen Zeit sein. Er lehnte sich im Wahlkampf auch an Trumps Hauruck-Politik an, in dem er verkündete, dass er am ersten Tag seiner Kanzlerschaft das Innenministerium anweisen würde, die Grenzen für Migranten zu schliessen. Aber weit bedeutsamer: Er lehnte beharrlich jede Lockerung der Schuldenbremse ab. Jede Zusammenarbeit mit der rechtsgerichteten AfD schloss er aus. Dann aber, als er die Wahlen gewann, schlug er jedes  Wahlversprechen in den Wind. Und als es darum ging, einen Koalitionsvertrag mit der SPD zu schliessen, der einzigen Partei, die zum einen eine Mehrheit im Bundestag garantiert und zum andern nur mit ihr eine Koalition der Mitte zustande kommt, vergass er wissentlich, was er und seine Partei den Wählerinnen und Wählern versprochen hatte: einen fundamentalen Richtungswechsel. In der CDU/CSU rumort es es gewaltig. Merz ist angeschlagen, bevor er ins Kanzleramt gewählt ist.

An einem Beispiel wird deutlich, welche Diskrepanz sich zwischen Trump und Merz deutlich erkennbar ist. Während Trump unangefochten am Morgen Zölle beschliesst, sie am Abend wieder korrigiert, aufhebt oder eine Pause einlegt, kann Merz nicht einmal den Mindestlohn selbst oder zumindest in der Regierung festlegen. Die SPD wollte das im Koalitionsvertrag festschreiben, weil ihr der Mindestlohn von 15 Euro ein Herzensanliegen ist. Dafür ist eine Kommission zuständig, entschuldigen sich die CDU und Merz, um nicht eindeutig Farbe bekennen zu müssen.

Man kann Merz nachsehen, da er noch nie Koalitions-Verhandlungen zu führen hatte, einem Lars Klingbeil (45), dem SPD-Parteipräsidenten, gegenüber sass, der über weit mehr Routine in diesem Geschäft verfügt. Und Merz sich selbst weit intensiver um die Trumps Zoll-Eskapaden und deren Auswirkungen kümmerte als um das Kleinklein der künftigen Regierungstätigkeit, wie das „Der Spiegel“ zu wissen glaubt. Wenn das nur gut geht?

Auf jeden Fall: Die CDU/CSU ist nicht um Papabili verlegen. Da ist einmal der stete Widersacher von Merz, der bayrische Ministerpräsident Markus Söder. Und die schon jetzt qualifizierten Aspiranten für das Kanzleramt: Hendrik Wüst (50), Ministerpräsident  in Nordrhein-Westfalen, oder Daniel Günther (52), seit 2017 Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein. Alle haben im Gegensatz zu Merz Regierungserfahrung.

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