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Erdbeeren aus der Wüste

Daniel Puntas Bernet handelte in den USA schon früh mit Devisen. Er reüssierte auch im Sportmarketing und im Journalismus. Zunächst noch unter einem andern Namen. Auf Reisen in Südamerika packte ihn das Buch «Haben oder Sein?», das mich ebenfalls bewegt. Der Psychoanalytiker Erich Fromm verfasste es 1976. Er regt darin ein schöpferisches Tun an, statt mehr Besitz anzuhäufen.

Die Lektüre bewog Daniel Puntas mit dazu, seine gesicherte Anstellung aufzugeben. Heute ist er mit seiner Partnerin Rocio für das Magazin «Reportagen» verantwortlich. Ich freue mich auf die beiden. Sie sind Gäste beim nächsten Cheesmeyer-Talk. Wir kommen dann auch auf ihre eigene Recherche über «Flamingos in der Wüste» und darauf zu sprechen, «wie Erdbeeren das Feuchtgebiet Doñana durcheinander bringen».

Doñana ist ein Nationalpark. Er liegt an der Costa de la Luz in Andalusien im Südwesten von Spanien. Hier erlebte Rocio als Mädchen, wie Flamingos die Landschaft rosarot färbten und Pferde durch die Sümpfe streiften. Sie lauschte dem Geschnatter der Gänse, sah Raubvögel und Stiere. Die «Oase des Friedens» entstand bereits 1969 aus dem früheren Jagdgebiet für Privilegierte.

Inzwischen sind im teils öffentlichen Park auch ermattete Flamingos zu sehen, die unbeholfen durch Rinnsale staksen. Hitzewellen und Dürren setzen den Tieren und der Vegetation zu. Wie die umliegenden Beerenplantagen. Vor drei Jahrzehnten legte ein amerikanischer Investor hier grosse Erdbeer-Felder an, die bald boomten und viel Wasser benötigen. In europäischen Supermärkten stammen heute etwa dreissig Prozent der Erdbeeren, Himbeeren und Heidelbeeren aus der andalusischen Provinz Huelva. Der jährliche Ertrag liegt bei drei Milliarden Euro. Und ein Kilo Erdbeeren verschlingt rund 300 Liter Wasser.

Zu Doñana gehören ausgedehnte Dünen und Sümpfe. In den Dünen leben Adler, Hirsche, Wildschweine, Füchse, Dachse und Reptilien. Und die Sümpfe bieten Rast- und Brutstätten für über eine halbe Million Zugvögel. Die Speicher für das Grundwasser erstrecken sich über 2‘400 Quadratkilometer. Diese Fläche ist fast fünfmal so gross wie der Bodensee. Aber der Grundwasserspiegel sinkt und Lagunen trocknen aus. Darunter leiden Amphibien, Insekten, Vögel, Enten, Purpurreiher, Blässhühner und Haubentaucher.

Die künstlich bewässerten Beerenkulturen spriessen jedoch. Ihre kräftigen Pumpanlagen reichen tief genug hinab, um reichlich Wasser zu schöpfen. Die Pestizidrückstände beeinträchtigen die Artenvielfalt und Vegetation. Gleichwohl weiten sich touristische Anlagen am Rande des Parks aus. Und so führen denn die beliebten Tagesausflüge in eine Welt, die allmählich verwüstet, wie Rocio Puntas ihre alte Heimat neu wahrnimmt.

Rocio wollte schon früh Journalistin werden. Zuerst lockten jedoch eine Management-Ausbildung in Cordoba und das Unternehmertum. Mit Aufgaben «in fast allen Sparten des Tourismus». Rocios Passion blieb allerdings das Schreiben. Zunächst für ABC in Spanien, später für die NZZ am Sonntag. Nebst dem Magazin Reportagen leitet sie mit Daniel heute auch das Programm des Berner True Story Festival. Das nächste findet am 20. Juni 2025 im Kursaal Bern statt. Mit über fünfzig Reportagen aus dreissig Ländern.

Daniel Puntas studierte Deutsche und Spanische Literatur. Nach wirtschaftlichen Erfolgen schrieb er u.a. für Geo, nahm dann eine Redaktor-Stelle bei der NZZ am Sonntag an und folgte 2019 seiner Leidenschaft für das Erzählen von Geschichten. So gründeten die beiden eben das Magazin Reportagen. Ihr Engagement verlagerte sich quasi vom materiellen Haben zum ideellen Sein. Das imponiert mir. Wie ihre vorbildliche Kommunikation über «Erdbeeren aus der Wüste». Sie sensibilisiert dazu, fein formuliert, das eigene Verhalten zu bedenken und die Vegetation mehr zu schützen. Ich bin auf weitere Ausführungen gespannt. Welcome!

Titelbild: Porträt Ueli Mäder © Foto Christian Jaeggi

Am Mittwoch, 28. Mai 2025 um 19 Uhr empfängt Ueli Mäder Rocío und Daniel Puntas Bernet im Kulturbistro Cheesmeyer, Sissach gleich beim Bahnhof. Sie sprechen über die Themen Klima, Vegetation und Kommunikation. Musik: Lukas Rickli; Eintritt: Kollekte.

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