Den Mont-Saint-Michel wollte ich einmal vor Ort sehen und nicht nur in DOK-Sendungen am TV. Die urgeschichtlichen Steinreihen in Carnac gehörten ebenso zu meinem Wunschprogramm, was ich mir nun auf einer Gruppenreise durch die Normandie und die Bretagne erfüllte.
Die Reise durch die Normandie und die Bretagne führte gleich zu Beginn mitten in die normannische Geschichte, nach Bayeux, berühmt für die Kathedrale. Aber noch viel mehr für den gestickten Wandteppich aus dem 11. Jahrhundert, der den Sieg der Normannen über England festhält, und wie durch ein Wunder erhalten geblieben ist.
Die Invasionsflotte von Wilhelm II., Herzog der Normandie, eroberte 1066 in der Schlacht von Hastings England. Als Wilhelm der Eroberer regierte er von 1066 bis 1087 zusätzlich das Königreich England (Ausschnitt aus dem Teppich von Bayeux). Foto: Wikimedia Commons
Der fast siebzig Meter lange und rund fünfzig Zentimeter breite Wandbehang aus Leinen ist aus verschiedenen Teilstücken zusammengenäht. Die bunten Stickereien darauf veranschaulichen die Geschichte von Wilhelm dem Eroberer (1028-1087). Dabei lesen sich die achtundfünfzig Szenen mit Überschriften wie ein Comic. Sie beginnen im Jahr 1064 und enden 1066 mit der Eroberung Englands durch die Normannen.
Die Überschrift lautet ISTI MIRANT STELLA: «Diese (Menschen) schauen verwundert auf den Stern» (Halleys Komet). Ausschnitt aus dem Wandteppich von Bayeux. Foto: Wikimedia Commons
Im dunklen Ausstellungsraum des Centre Guillaume le Conquérant schreitet das Publikum vor der langen, beleuchteten Vitrine langsam von Bild zu Bild. Der Audioguide im Ohr erklärt die Szenen. Sie zeigen wie Schiffe gebaut werden, Alltagsszenen, die namentlich bekannten Anführer und Kontrahenten, Soldaten im Kampf, Kriegsopfer, sogar der Komet Halley kommt vor. Und man staunt über die mittelalterlichen Darstellungen, die so modern anmuten.
Gold Beach von Arromanches mit Resten des Hafens Mulberry B. Foto: Wikimedia Commons
Von Bayeux aus ist es nicht mehr weit zu anderen Kriegsschauplätzen, allerdings aus jüngerer Zeit: Die Invasionsküste westlich von Caen. In Arromanches, wo 1944 die Alliierten landeten, zeigt das musée du débarquement, wie Bauelemente für zwei künstliche Häfen, die sogenannten Mulberries, auf geniale Weise und völlig geheim in England vorfabriziert und schliesslich hier aufgebaut wurden, um Truppen und Nachschub an Land zu bringen.
Der «Normandy American Cemetery» in Colleville-sur-mer ist ein Gedenkort für die Gefallenen der US-Armee. «Omaha Beach» war der verlustreichste Schlachtort des D-Day. Mehr als 3’000 Männer der Landungstruppen liessen hier ihr Leben.
Auf dem in der Nähe gelegenen Soldatenfriedhof in Colleville-sur-Mer reihen sich 10’000 weisse Kreuze auf 70 Hektar Land aneinander. Sie erinnern an die amerikanischen Soldaten, die im zweiten Weltkrieg während der ersten Etappe der normannischen Kämpfe am 6. Juni 1944 ihr Leben verloren und hier ihre letzte Ruhestätte fanden. Ein trauriger Ort, den ich gerne wieder verlasse.
Mont-Saint-Michel bei Ebbe
Weiter geht es zu einem friedlicheren Ort, zum Klosterberg Mont-Saint-Michel. Er liegt an der Grenze der Normandie zur Bretagne inmitten des Wattenmeers. Bis ins 18. Jahrhundert war er eine bedeutende christliche Wallfahrtsstätte; heute leben noch fünf Nonnen und drei Mönche in der Benediktinerabtei. Durch die starken Gezeiten verwandelt sich der Berg bei Flut in eine Insel. Dank einer langen Brücke ist der Besuch heute unabhängig von Ebbe und Flut möglich. 365 Treppen führen unten vom engen Dorf mit Cafés und Souvenirläden bis zuoberst zur Kirche.
Der Gästesaal (13. Jh) mit schlanken Säulen liegt direkt unter dem Refektorium, dem Speisesaal der Mönche. Während die Mönche ohne Heizung essen mussten, wurden die Gäste mit grosszügigen Cheminées verwöhnt – sie waren auch die Gönner des Klosters.
Nach der Legende erschien 708 der Erzengel Michael dem Bischof Aubert von Avranches mit dem Auftrag zum Bau einer Kirche auf der Felseninsel. Erst nach wiederholten Aufforderungen, nachdem ihm der Engel im Schlaf ein Loch in den Schädel brannte, entstand um 710 ein erstes Sanktuarium zu Ehren des heiligen Michael. Die festungsartige Insel widerstand jeglichen Raubzügen der Wikinger. 933 wurde eine erste Kirche errichtet. 965 gründeten Benediktinermönche das Kloster und realisierten die erste romanische Abteikirche. Die ganze Klosteranlage war erst 1520 vollendet.
In der «Crypte des Gros Piliers» (erbaut ab 1446) stützen zehn halbkreisförmig angeordnete, zylindrische Pfeiler mit fünf Metern Umfang die Tragpfeiler des darüber liegenden Chors der Abteilkirche. Die «Krypta» diente vermutlich als Wartesaal für Kläger und Angeklagte, zumal im Saal daneben Recht gesprochen wurde.
Als Folge der Reformation verlor der Mont-Saint-Michel seine Anziehung. 1790 verliessen die Mönche das Kloster. Während der französischen Revolution wurde die Abtei in ein Gefängnis umgewandelt, vor allem für Regimegegner; der Berg wurde fortan Mont-Libre genannt. Bis 18’000 Menschen sassen hier ein. Die Romantik entdeckte den Mont-Saint-Michel als Kulturgutdenkmal, man schloss das Gefängnis 1863 und begann mit der Renovation. Statt Pilger strömen heute hauptsächlich Touristen auf den heiligen Berg.
Enge Gassen durch das Dorf von Mont-Saint-Michel
Mit einem Ausflug in den Süden der Bretagne besuchten wir Vannes, die ehemalige Residenz der Herzöge der Bretagne. Alte Fachwerkhäuser und elegante Stadtvillen prägen den Ort, der Wochenmarkt lockt zum Kauf von Mitbringseln, wie caramel breton au beurre salé, die so schön in den Zähnen kleben, oder ein gestreiftes T-Shirt Le petit breton für die Enkelin. Auf den Abstecher zu den Megalithen im nahegelegenen Carnac bin ich besonders gespannt.
Die Alignements von Carnac bestehen aus Menhir-Reihen von etwa vier Kilometer Länge.
In Carnac, Steinreihen soweit das Auge reicht. Wir sehen aber nur einen kleinen Teil der Anlage, das sogenannte Kerlescan mit den dreizehn am besten erhaltenen Menhir-Reihen. Staunend schweift der Blick über den Gitterzaun zu den bis vier Meter hohen rätselhaften Steinen. Zu ihrem Schutz lässt sich die Anlage nur noch mit offiziellen Führungen betreten. Die etwa 7000 Jahre alten Menhire sind in gleichmässigen Reihen von rund vier Kilometer Länge angelegt. Dieser weltweit grösste megalithische Komplex zählt an die 3000 Menhire. Immer noch sind sie ein Rätsel. Möglicherweise dienten sie als Grabstätten. Der Besuch war kurz, es wäre lohnenswert, einmal für ein paar Tage hierherzukommen, um die ganze Anlage genauer zu erkunden.
Stadtmauer von Saint-Malo mit den Stadttoren und den Wappen
Wieder zurück an der Nordküste der Bretagne besuchen wir Saint-Malo. Die Stadt gehört zu den schönsten französischen Hafenstädten am Ärmelkanal, die allerdings im zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört wurde. Die Altstadt ist heute wiederaufgebaut. Von der mittelalterlichen Wehrmauer aus, die der Stadt lange Sicherheit und Unabhängigkeit gab, hat man einen wunderbaren Blick über die Stadt und den Golf von Saint-Malo.
Die Skulptur erinnert an Robert Surcouf, einen berühmten Korsaren, der für den französischen Staat englische und niederländische Handelsschiffe kaperte und ausnahm.
Saint-Malo war lange für seine Piraten und Korsaren gefürchtet. Korsaren kaperten Handelsschiffe im Auftrag des Königs und waren wohlangesehene Bürger. Ganz im Gegensatz zu den Piraten, die für die eigene Tasche kaperten und zum Tode verurteilt wurden, wenn man sie erwischte. Der berühmteste Korsar Robert Surcouf (1773-1827) war mit seinem schnellen und wendigen Boot Renard (Fuchs) so erfolgreich, dass er sich mit 35 Jahren zur Ruhe setzen konnte.
An der Loire, Schloss Blois: (rechts) das mittelalterliche gotische Schloss, (mitte) der Renaissanceflügel von Franz I. mit Treppenaufgang und (links) der klassische Flügel von Gaston d’Orléans. Foto: Wikimedia Commons
Der Rückweg in die Schweiz führt auf Nebenstrassen durch das Tal der Loire, wo Adlige ihre Schlösser errichten liessen. Von der rauen Bretagne kommend, erscheint die Gegend sanft und lieblich, mit einem breiten Fluss, der sich seinen eigenen Weg bahnen darf. Was für die Schifffahrt bei Trockenheit nicht immer einfach ist. Wir besuchen das Schloss Blois, ein Schlosskomplex mit drei nebeneinandergebauten Schlössern aus unterschiedlichen Epochen. Doch bereits ab dem 17. Jahrhundert wurde Blois bedeutungslos, das Militär hatte sich eingenistet und während der Französischen Revolution wurde das Schloss geplündert und beschädigt. Ab 1845 wurde es umfassend restauriert und dient seither als Museum.
Fotos: rv
guten tag frau vuilleumier, darf ich sie fragen was sie für eine gruppenteise gemacht haben? wer war der/die veranstalterIn?
danke und gruss, anne.tenisch@bluewin.ch
anneliese tenisch
Liebe Frau Tenisch, die Gruppenreise wird von Twerenbold Reisen angeboten. Hier der Link zu den nächsten Reisedaten:
https://www.twerenbold.ch/reise/normandie-und-bretagne-knorm