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Wenn Rechte linke Politik imitieren

Irgendwie ist es nicht mehr auf die Reihe zu bringen. Ich hatte schon immer Mühe, mich einer Partei anzuschliessen, ausschliesslich nur eine Partei zu wählen. Bei Nationalratswahlen panaschierte, kumulierte ich bis jetzt, was das Zeug hielt, schrieb die auf die Liste, denen ich zutraute, dass sie Bewegung in die Politik bringen würden. Jetzt ist es noch schwieriger geworden. Jede Partei fischt dort, wo es ihr gerade passt.

Noch vor kurzer Zeit waren es die Linken, die das ungesteuerte Wachstum, verursacht durch die ungeordnete Globalisierung, als das grösste Übel aller Übel beklagten. Sie kritisierten den damit verursachten und einhergehenden Konsum massiv; er sei nicht zu bremsen. Dem enthemmten Kapitalismus wünschten sie den Garaus. Die meisten dieser Punkte sind zusehends zu Slogans der Rechten mutiert. «Sind die Rechten plötzlich die besseren Linken?» Wie die «Zeit» dazu  schreibt? Einen Unterschied gibt es noch: Mit einer, aber noch zaghaften Verzichtspolitik hoffen die Linken, der Umwelt einen Dienst zu erweisen, damit der Planet Erde überhaupt überleben kann. Auch dabei sind sie nicht allein. Trump eifert ihnen nach. Leider nicht zum Schutz der Umwelt, sondern im Interesse seiner Zollpolitik.

Tatsächlich: Plötzlich sehen sich die Linken in die Ecke gedrängt. Sie haben plötzlich  zu verteidigen, was sie Jahrzehnte lang bekämpften, in geordnete Bahnen zu lenken versuchten: die Globalisierung, insbesondere das ungehinderte Wachstum, welches bis jetzt beispielsweise die rund eine Million Arbeitsplätze in der deutschen Automobilindustrie und auch gegen 20’000 in den Schweizer Zulieferbetrieben garantierte. Und die jetzt durch die Zoll-Politik Trumps akut gefährdet sind. Trump setzt gar auf Verzicht. Und viele US-Amerikanerinnen und US-Amerikaner folgen ihm noch. Als er meinte, dass Kindern 3 statt 30 Puppen, 5 statt 250 Stifte genügen müssten, hatte er ihren tosenden Beifall.

Selbst in der direktdemokratisch verfassten Schweiz ist angekommen, dass nicht mehr so leicht zuzuordnen ist, welche Partei für was steht, wer bestimmend ist. Es sind drei Abstimmungen, an denen das deutlich wird: bei der Erhöhung des Renteneintrittsalters für die Frauen auf 65 Jahre, bei der 13. AHV-Rente, beim Nein zur Reform der zweiten Säule. Bei allen drei Vorlagen waren es die Linken, welche die Themen besetzten, die Zeichen zu setzen versuchten. Es waren aber die Wählerinnen und Wähler der rechten SVP, die wesentlich dazu beitrugen, dass das Fraueneintrittsalter beinahe bei 64 verblieben wäre. Bei der 13. AHV-Rente und beim Nein zur Reform der zweiten Säule war das Abstimmungsverhalten der SVP-Wählerschaft gar mitentscheidend, so dass nun die 13. Rente ab 2026 ausbezahlt wird, dass die BVG-Reform glorios scheiterte. Entgegen der Parteispitz der SVP, die zusehen muss, dass in Sozialfragen ihre Basis zunehmend nach links tendiert.

Einig sind sich die Rechten in der Schweiz, in Europa und in den USA, dass die Migration mit allen Mitteln zu bekämpfen ist. Trump setzt sich dabei über alle Gesetze hinweg. Ob er vom obersten Gericht gestoppt wird, ist fraglich, hat er doch in seiner ersten Amtszeit das Gremium bei Nachfolge-Reglungen mit Personen seiner Partei ersetzt und sich eine klare Mehrheit verschafft.

In dieser Problematik, die gerade auch die Arbeiterschaft in den USA, in Europa, in der Schweiz bedrängt, den Rechten zu folgen, ist deshalb selbst für die Linken verführerisch. Tun sie es, sind sie bald nicht mehr von den Rechten zu unterscheide

In drei Bereichen bieten sich unterschiedliche Positionen aber geradezu an: in der Gesellschaftspolitik, gleiche Rechte, gleiche Löhne für Frau und Mann, im Bekenntnis zu Demokratie, Rechtsstaat, Meinungsfreiheit und zu einer uneingeschränkten Friedenspolitik. Und über allem hat eine ernsthafte, nicht von Zweifeln belastete Klimapolitik zu stehen, welche den kommenden Generationen die notwendige Lebensgrundlage auch tatsächlich garantiert. Die Rechte zweifelt am Klimawandel. Trump leugnet ihn. Das ist die grosse Chance, aber auch eine Verpflichtung für alle Demokratinnen und Demokraten, die sozial, liberal und ökologisch denken und handeln.

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1 Kommentar

  1. Lieber Toni, das hab ich selber alles auch miterlebt. Mein Blut ist natürlich Landesring, ( Gits halt leider nümm) mein Smartvote Spider GLP, nach der auflösung LdU habe ich die Ortspartei Horgen mit der CVP fusioniert, ( Gits au nümm ) jetzt bin ich in der MITTE. Du kannst gerne der Facebook Gruppe » LdU, wo sind die Landesringler hingegangen » beitreten. Wir sind nicht mehr so viele. Gruss aus Horgen am Zürisee.

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