StartseiteMagazinKulturLebendig gestaltete Vergangenheit

Lebendig gestaltete Vergangenheit

Die diesjährige Sommerausstellung «Back to the Roots» am Kulturort Weiertal in Winterthur-Wülflingen thematisiert auf vielfältige Art und Weise unser Verhältnis zu unseren Wurzeln.

Seit 25 Jahren präsentiert der Kulturort Weiertal  im Park und in der Galerie Skulpturen von Künstlerinnen und Künstlern. «Der Park bietet Entspannung, die Kunst Spannung», schreibt der Kunsthistoriker Adrian Mebold im Katalog zur von der Galerieleiterin Maja von Meiss kuratierten diesjährigen Ausstellung mit dem Thema «Back to the Roots». Rund 20 Künstlerinnen und Künstler interpretieren ihr Verhältnis zu unseren Wurzeln auf mehr oder minder spannende Art. «Imagination ist das befreiende Schlüsselwort, das Ursprung und Vergangenheit auf neue Weise lebendig macht», schreibt Mebold in seiner Einführung zur Ausstellung. Imaginär sind viele der ausgestellten Werke, die nicht einfach zu entschlüsseln sind. Just die gewünschte Auseinandersetzung mit den ausgestellten Objekten macht den Zugriff so reizvoll. Dazu liefert der Katalog mit der Beschreibung der einzelnen Werke wertvolle Hinweise.

Apfelbaum kopfüber im Boden

Hier ist nicht der Platz, um alle ausgestellten Werke näher vorzustellen. Wir beschränken uns auf einzelne Objekte, die ein vielfältiges Bild der Auseinandersetzung der beteiligten Künstlerschaft mit dem Wurzelthema zeigen. Auffallend an der diesjährigen Schau ist, dass etliche Arbeiten in Naturmaterialien, vorab Holz, gefertigt sind. Prägend und symbolhaft für die ganze Ausstellung ist das Werk «Baum //7» von Com&Com (Marcus Gossolt und Johannes M. Hedinger). Es zeigt einen ausgegrabenen Apfelbaum, der mit seinen exponierten Wurzeln kopfüber im Boden verankert ist. Das Künstlerduo versteht das Werk vorab als Statement gegen eine «verkehrte Welt», die die Natur gefährdet, aber auch als Metamorphose von Altem zu Neuem. Die imposante Baumskulptur soll am Ausstellungsende verbrannt und an deren Stelle ein neuer Baum gepflanzt werden.

«Der Klang in mir» von Anna und Michal Rofka

Aus biegsamen Weiden und Haselrouten hat das Künstlerpaar Anna und Michael Rofka ein überdimensioniertes Horn mit darüber gespannten Saiten als Erinnerung an vergangene Zeiten geformt. Das Werk trägt den Titel «Der Klang in mir» und veranschaulicht das Hören, das früher offensichtlich bedeutender war als heute. Die Saiten erzeugen Töne durch den Wind. Eine kontrastreiche Installation mit dem Titel «Wurzeln und Flügel» präsentiert Axel Reinhard Böhme. Sie zeigt einen Wurzelstock am Boden und darüber luftige Flügel aus Isoliermaterialien. Für den Künstler symbolisiert das Werk die duale Natur des menschlichen Lebens, bestehend aus Identität und Freiheit.

Video «Megabite» von Andrea Vogel

«Wurzeln und Flügel» von Axel Reinhard Böhme

Zwei markante Holzkonstruktionen zeigen Markus Fehr und Alex Hanimann. Fehrs kubischer Holzbau mit dem Titel «Der Raum I», bestehend aus geschichteten Holzstäben und einem runden Innenraum mit Wasserbecken, ist ein Ort der Mediation und der Orientierung. Der Künstler bezeichnet das Werk als Gegenentwurf zu einer Welt, die aus den Fugen geraten ist. Hanimann präsentiert als Eingangstor zur Ausstellung eine einfache Holzkonstruktion mit zwei ausgesägten Inschriften: auf der Vorderseite die Inschrift «Back to the Roots» und auf der Rückseite die Inschrift «Forward into the Future». Ein sprachlich doppeldeutiges Werk, das unzählige Interpretationen zulässt.

Vergänglichkeit und Naturgewalt

Nicht minder doppeldeutig ist die von Katharina Henking gestaltete Hängeskulptur «Cocoon» in der Datscha, bestehend aus 2500 getrockneten Fenchelteebeuteln. Sie verströmt einen heilsamen Duft, der aber immer schwächer und schwächer wird und so die Vergänglichkeit symbolisiert. Nachdenklich stimmen zwei Werke, die den Klimawandel und deren Folgen thematisieren. Auf einem Leiterwagen unter einem Apfelbaum zeigt Andrea Vogel ein Video, auf dem sie einen Apfelhaufen abarbeitet, indem sie Apfel um Apfel anbeisst und wegwirft und so umweltzerstörendes Konsumverhalten demonstriert. Patrick Kaufmann präsentiert mit dem Titel «Urstrom» einen Türrahmen, gefüllt mit Schwemmholz. Die Installation zeigt auf eindrückliche Art Naturgewalt, die unsere Häuslichkeit bedroht.

Schwemmholzinstallation «Urstrom» von Patrick Kaufmann

Erwähnenswert sind noch die ausgestellten Arbeiten von Martin Schwarz, der beim grossen Weiher eine skurrile, dreiteilige Installation mit dem heiligen Nepomuk präsentiert, das grosse Morchel artige Objekt von Micha Aregger, das an das Gleichnis vom biblischen Weinstock anlehnt, und die Grabungsstätte des Künstlerduos raar (Richard Albertin und André Ribi), wo in einem Unterstand Grabungsfunde in mit QR-Codes versehenen Einmachgläsern konserviert werden. Insgesamt bietet die diesjährige Ausstellung im Kulturpark Weiertal ein vielfältiges Bild heutigen Kunstschaffens, das zum Nachdenken anregt. Während der Ausstellung werden Führungen mit den Künstlerinnen und Künstlern angeboten.

«Back to the Roots and Forward into the Future» von Alex Hanimann

Titelbild: Baum samt Wurzelstock von Com&Com, Bilder: Linus Baur

Die aktuelle Sommerausstellung  „Back to the Roots“ ist bis 7. September 2025 zugänglich. Sie ist donnerstags bis samstags von 14 bis 18 Uhr und sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet.

Link: www.galerieweiertal.ch

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