Wieder einmal steht die Beschaffung eines Kampfflugzeuges im Brennpunkt der Medien, erschüttert Bundesbern, lässt gar Zweifel aufkommen an der Kompetenz des Bundesrates, der Armeeführung, gar an der Verteidigungsfähigkeit der Schweiz. Diesmal ist es der US-Amerikanische F 35, der modernste Jet, der auf dem Markt erhältliche ist, der für Schlagzeilen sorgt. Ein Tarnkappen-Flugzeug, das A-Waffen tragen, von feindlichem Radar nicht erfasst werden kann, der nun um rund eine Milliarde teurer werden soll, als vermeintlich vereinbart worden war.
Wer erinnert sich noch an den Kampfjet P16, der von der FAA, der Flug- und Fahrzeugwerke Altenrhein, in den 1950iger Jahren für die Schweizer Armee entworfen, entwickelt und gebaut wurde. 100 Stück davon wollte das damalige Eidgenössische Militärdepartement EMD bestellen und natürlich auch kaufen. Weil man nach den Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg möglichst unabhängig werden wollte, setzte das EMD auf eine Eigenentwicklung. Vor 70 Jahren fand der Jungfernflug auf dem Werkflugplatz statt. Bei der weitern Erprobung stürzten zwei Exemplare ab. Die Ernüchterung war genauso gross wie die Schlagzeilen in den Zeitungen. Nie mehr hob ein P16 ab.
Wer erinnert sich noch an den Mirage-Skandal 1964. Der Skandal erschütterte die Öffentlichkeit, wiederum sank das Vertrauen in die Armeespitze, selbst in den Bundesrat. Wiederum sollten 100 Exemplare, diesmal vom Typs Mirage III S für 871 Millionen Franken beschafft werden. Mit der Mirage könne man sogar «mit Atombomben bis nach Moskau fliegen», so der damalige Luftwaffenchef. Die Kosten begannen zu explodieren. Als der Kostensprung unübersehbar wurde, sah sich der Bundesrat im April 1964 gezwungen, dem Parlament einen Zusatzkredit von 576 Millionen Franken zu beantragen. Das Parlament setzte Kurt Furgler in Trab. Er hatte den Fall zu untersuchen und setzte sich dabei gleich selbst ein Denkmal und wurde später Bundesrat. Die Folge: Statt 100 reichte es dann für 46 Mirage. Die Geschichte um und von Ueli Maurer und seinen 22 schwedischen Gripen, die er 2014 beschaffen wollte, ist schnell erzählt. Das Stimmvolk lehnte den Kauf mit 53,4% ab.
Es wurde ein riesiges Aufatmen in Bundesbern, im Bundesrat, bei der Mehrheit im Parlament, bei den Spitzen der Armee öffentlich, als es Viola Amherd 2020 gelang, 50,1 % der Stimmenden zu überzeugen, ein Ja für 36 F35 zu 6 Milliarden in die Urne zu legen. Und nun steht sie im Kreuzfeuer der Kritik, weil sie keinen wasserdichten Vertrag, versehen mit einem definitiven Fixpreis, mit den USA effektiv zustande brachte.
Die Gründe sind vielfältig, weshalb es der Schweiz schwerfällt, einen Schweiz tauglichen Kampfjet zu beschaffen. Jedes Mal ist die Equipe neu zusammengesetzt, welche die Evaluierung vorzunehmen hat; es fehlt jeweils die notwendige, internationale Erfahrung. Viel schlimmer: Es fehlt jeweils die notwendige, durchdachte Verteidigungskonzeption, in die sich das neue Kampfflugzeug zwingend einzugliedern hat. Respektive: Es wäre der Typ eines Flugzeuges mit der nötigen Anzahl zu beschaffen, der garantiert, dass mit ihm und der notwendigen Anzahl die Armee in der geltenden Konzeption die Schweiz tatsächlich und auch erfolgreich verteidigen kann.
Zuerst sollten es beispielsweise 100 Mirage sein, dann genügten 46. Ueli Maurer begnügte sich mit 22 Gripen. Nun ereilt den 36 F 35 ein ähnliches Schicksal. Die F35-Fans, vornehmlich bürgerliche Politiker, halten am F35 fest und meinen: «Dann beschaffen wir 25 bis 30, so viele, wie für 6 Milliarden zu haben sind. Konzeptloser geht es nicht. Bei einer umfassenden und sorgfältigen Analyse der aktuellen, beziehungsweis der künftigen Bedrohungslagen unter Einbezug der Kriegserfahrung in der Ukraine könnte sich der F 35 für die Schweiz gar als obsolet erweisen. Das Schwergewicht ist eh auf die Luftabwehr, einen Iron Dom, ein eisernes Schutzschild und auf Drohnen zu setzen.
Es gibt aber noch einen tieferen Grund für die herrschende Unsicherheit in der schweizerischen Verteidigungspolitik: die Neutralität. Sie engt bereits heute den sicherheitspolitischen Spielraum in Konzeption und Ausrüstung ein. Mit welchem Staat kann zusammengearbeitet, können Waffen gemeinsam produziert, wie weit kann mit der Nato kooperiert werden? Noch weit enger würde der Handlungsspielraum durch die SVP-Initiative, welche eine immerwährende bewaffnete Neutralität in der Verfassung verankern will. Die SVP-Neutralität würde die Schweiz sicherheitspolitisch völlig isolieren. Als Konsequenz müsste sie sich ganz allein verteidigen können. Was eine weit grössere, bestausgebildete Armee mit den modernsten Waffen zu Boden und zu Luft bedingte. Die wäre im Ansatz mit 2 bis 3 % des Bruttoinlandproduktes BIP zwar zu erreichen, was aber gegenüber heute 0,8 % ein Dreifaches bedeuten würde. Und die wohl noch wichtigere Frage: Wie würde sich die Isolation der Schweiz auf die Wehrbereitschaft der Dienstpflichtigen auswirken? In einem Land, das sich immer mehr international ausrichtet, den Wohlstand dem globalen Handel verdankt. Zweifellos: Die Schweiz braucht eine dynamische, solidarische Neutralität, mit der sie jederzeit flexibel auf weltpolitische Entwicklungen und Gefahren reagieren kann. Das gilt bereits dann, wenn ein neues Kampflugzeug zu beschaffen ist.
Es ist doch wie immer: Zuviele die dreinreden und zuwenige die den professionellen Überblick haben. Das ist die Crux beim Thema Demokratie und Verteidigung. Unsere Bundesräte, die vorangehen und starke Statements an die Bevölkerung und das Ausland geben sollten, verharren in ihren vorgegebenen Rollen.
Erneut frage ich mich, ob man nicht die Leistungen, verbunden mit ihrem grossen Salär, genauer definieren sollte. Gleichzeitig frage ich mich, ob der übergrosse Rattenschwanz an Bürokratie, die an diesen Aufgaben hängt, nicht die klaren und zeitnahen Bewältigungen der anstehenden Aufgaben hemmt?
Angewandte Demokratie sollte flexibel sein und situationsbedingt angepasst werden können. Dafür braucht es kluge und freie Denker, die das Gemeinwohl im Auge behalten und kurzlebige Strömungen links liegen lassen.
Fakt ist, die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger wurden seine Zeit schlicht belogen, in dem der Bundesratden Preis der Kampfjets auf maximal 6 Milliarden Fr. maximal 6 Milliarden Fr. Bezifferte. Nur so war es möglich, die Stimmbürgerschaft mit 50, 1 % vom Kauf zu überzeugen. Wäre auf die unterschiedliche Interpretation des „ Fixpreises“ hingewiesen worden, wäre das Geschäft abgelehnt worden.
Ich bin sehr beeindruckt, wie «cool» Anton Schaller dieses heisse Thema in diesem heissen Sommer angeht. Mein Fazit: Brauchen wir (unter dem Nato-Schirm) diese Luftwaffe überhaupt – oder ist sie zur «heiligen Kuh» geworden?
Die F35 ist für unsere Luftverteidigung die optimale Lösung. Wir brauchen dieses Flugzeug.
Unsere Sicherheit (Freiheit) kostet aus verschiedenen Günden jetzt mehr. – Die vielen Millionen Franken, welche wir anderswo fragwürdig ausgeben, werden (momentan) nicht in Frage gestellt….
Mich erstaunt nichts, aber gar nichts mehr. In der neusten Entwicklung könnte man plötzlich sechs F35 weniger kaufen, sagen eine Reihe von Parlamentarier*innen. Nachdem uns von der Bundesrätin und ihren Chefs uns vor der Abstimmung erzählt wurde, das 36 Stück das absolute Minimum sei. Dies alles, um einen Murks, der schon lange bekannt war, auch noch abzusegnen. Scheinbar liegen juristische Bestätigungen zur Richtigkeit des Festpreises vor. Weshalb verhandelt man nicht unter Anzeige, andernfalls den Rechtsweg zu beschreiten? Aber dafür bräuchte man Mut, Format und Selbstbewusstsein. Das Volk hätte dafür auch Verständnis.