Das Sommerfestival im aargauischen Boswil hat das dortige Künstlerhaus weitherum bekannt gemacht. Zwei Jahre lang hat das Festival, das jeweils mit namhaften Musikerinnen und Musikern viel Publikum zu begeistern vermochte, pausiert. Nun wird es als neues Format wieder durchgeführt, und das unter neuer, vielversprechender Leitung.
Das ländliche Boswil hat ein lauschiges Ambiente. Das historische, eindrücklich renovierte Künstlerhaus bietet Musikerinnen und Musikern ideale Proberäume für Workshops. Und die alte Kirche bleibt im Sommer kühl und hat eine ausgezeichnete Akustik. Ideale Voraussetzungen also für ein Festival im Sommer.
Die neuen Intendanten
Den „Boswiler Sommer“ hat Andreas Fleck vor mehr als 20 Jahren aufgebaut. Ihm gelang es, namhafte Künstlerinnen und Künstler für das Festival zu gewinnen und damit Musikinteressierte von nah und fern nach Boswil zu locken. Die Neubesetzung der Intendanz lässt aufhorchen. Die international bekannte deutsche Geigerin Julia Fischer teilt sich die künstlerische Verantwortung mit Benjamin Nyffenegger. Dieser stammt aus dem aargauischen Seon und ist Cellist im Tonhalleorchester Zürich. Die beiden kennen sich seit vielen Jahren, sie sind Kammermusik-Partner.
Julia Fischer und Benjamin Nyffenegger haben gemeinsam die neue Intendanz übernommen.
Die Verbindung von internationaler Ausstrahlung und regionaler Verankerung scheint für Boswil gut zu funktionieren. Benjamin Nyffenegger kuratiert übrigens bereits in Seon ein erfolgreiches Festival: das „SeetalClassics“. Das Festival in Boswil hat eine lange Tradition. Ist das eine Belastung oder eher ein Segen für die beiden Intendanten? „Die Tradition wurde,“ so Nyffenegger, „mit dem Ausfall von zwei Jahren schon etwas gebrochen. Wir haben das Gefühl, hier einen eigentlichen Neuanfang zu machen.“
Innovative Konzertformate
Und wie sieht dieser aus? Welche Vision haben Fischer und Nyffenegger für den Boswiler Sommer? „Wir laden unser Publikum ein, Teil des Festivals zu werden,“ erläutert Nyffenegger. „Dafür haben wir die offenen Proben eingeführt. In diese Richtung geht auch das innovative Format ‚2 x hören‘. Wenn man ein Werk zweimal hört, lernt man es besser kennen. Und wir möchten das Festival für junge Leute öffnen, zum Beispiel mit dem Schüler-Abonnement.“
Ein Blick auf das Programm offenbart eine originelle Zusammenstellung unter dem Motto „Aus meinem Leben“. Immer wieder haben Komponisten persönliche Erlebnisse in ihre Musik eingebracht. Das 1. Streichquartett von Bedřich Smetana etwa trägt den Titel „Aus meinem Leben“ – der wurde auch zum Motto des Festivals. Und Pjotr I. Tschaikowsky verarbeitet in seinem Klaviertrio „Zur Erinnerung an einen grossen Künstler“ den Tod des Pianisten Anton Rubinstein.
Spannende Ensembles
Unter den Künstlern sind neue Gesichter zu entdecken. Erstmals kommt der russische Geiger Alexander Sitkovetsky nach Boswil, der einst in Moskau als Wunderkind gefeiert wurde. Er leitet im Eröffnungskonzert ein klassisches Programm, als Primgeiger seines polnischen NFM Leopoldinum Orchestra.
Auch der Auftritt des Tenebrae Choir aus London macht hellhörig. Dieses professionelle Vokalensemble wurde vom ehemaligen „Kings’s Singers“-Mitglied Nigel Short gegründet. Das geistliche Programm des Tenebrae Chores mit barocken und romantischen Chorälen passt gut in die Alte Kirche Boswil. In einem zweiten Konzert werden aber auch Chorwerke russischer Komponisten zu Gehör gebracht.
Paavo Järvi dirigiert das Festivalorchester
Und kaum zu glauben, aber wahr: Paavo Järvi, Chefdirigent des Tonhalleorchesters Zürich, dirigiert in Boswil das Festivalorchester mit Werken von Antonín Dvořák und Richard Strauss. Solistin ist die Geigerin Julia Fischer. All diese hochkarätigen Ensembles und Künstlerpersönlichkeiten werden den Boswiler Sommer eindrücklich zu neuem Leben erwecken.
Boswil, Alte Kirche: 4. bis 13. Juli;
Tickets Tel. 056 666 20 66 (9 h-11 h); ticket@kuenstlerhausboswil.ch