Bereits vor zwei Jahren hat Seniorweb den zunehmend bargeldlosen Zahlungsverkehr debattiert. Damals hat sich der Autor beklagt, dass durch diese Entwicklung viele Menschen benachteiligt werden, Betagte etwa.
Jetzt hat der Verfasser den Widerstand aufgegeben. Die digitale Verrechnung wird weiter zunehmen, Münzen und Noten werden seltener und vielerorts ganz verschwinden. Der aktuelle Anlass für diesen zweiten Artikel: Die BLS-Ticketautomaten werden ab Dezember laufend auf bargeldlosen Betrieb umgestellt.
Letzthin waren wir auf dem Berner Wochenmarkt. Manches kostet hier gleich viel wie bei Migros-Coop. Bei anderem muss man einen happigen Bärn-i-ha-di-gärn-Zuschlag zahlen. Das schmerzt weniger, weil man hier fast überall twinten kann. Damit vermindert sich zwar der Kontostand, aber das Portemonnaie bleibt schön prall gefüllt.
Mich bringt auf dem Markt der elektronische Zahlungsverkehr per Twint noch immer aus dem Häuschen. Wie kann ich im Stress ohne Tippfehler eine Mobile-Nummer eingeben? Wo ist ohne Brille im Displaychen die Taste für den Punkt zu finden, mit dem ich verhindern kann, dass ich statt 1980 Franken bloss 19.80 für den Käse bezahle? Hinter mir höre ich ungeduldiges Räuspern und bemerke, dass drei Kundinnen ungeduldig mit den Hufen scharren.
Twint auf dem Wochenmarkt; das ist der Senioren-Härtetest für den elektronischen Zahlungsverkehr .
Auf dem Berner Markt an der Münstergasse (Dienstag- und Samstagvormittag, sehr zu empfehlen der Gateau de Vully, mit Speck oder Zucker), hier also, kann man noch überall bar bezahlen. Anders bei der stolzen Berner Staatsbahn BLS. Das Unternehnmen rüstet seine Ticketauomaten nächstens laufend auf bargeldlosen Betrieb um. Das Fütterunsgverbot für Münzen und Nötli wurde in den Medien und in der Öffentlichkeit dikutiert.
Fütterungsverbot für Münzen und Nötli
Es ist alles im Fluss, laufend vernimmt man von weiteren Umstellungen. Wir liefern hier eine unvollständige Liste, wo Bargeld nicht mehr willkommen ist.
Schweiz
− Die Wiesner Gastronomie betreibt mehrere Restaurants in Zürich, Bern, Luzern, Zug und Basel. Das Unternehmen hat angekündigt, dass die Betriebe ab Sommer 2026 kein Bargeld mehr annehmen.
− Viele Raiffeisen-Filialen reduzieren den Bargeldservice. Gleiches gilt für Standorte der Zürcher Kantonalbank.
− Besonders auf dem Land verschwinden Bancomaten und die Zahl der Gemeinden ohne Geldautomaten steigt.
− Viele Raiffeisen-Filialen reduzieren den Bargeldservice. Gleiches gilt für Standorte der Zürcher Kantonalbank.
− Die PostFinance nimmt an einigen ihrer 35 eigenen Standorten kein Bargeld mehr entgegen.
− Alle BLS-Automaten werden nach und nach umgerüstet. Nachher nehmen sie kein Bargeld mehr entgegen.
− In mehreren grossen Bahnhöfen, in Bern und Zürich etwa, lassen sich die Toiletten nur noch mit Karten oder Twint öffnen. Um die Schranken trotzdem zu öffnen, muss man bei den Selecta-Automaten mit Bargeld Wertkarten beziehen.
← Bei den Ticketautomaten der BLS fehlen künftig die Einlässe für Münzen und Noten. Das Transport-unternehmen beginnt nächstens mit den Umrüstungen.
In den grossen Bahnhöfen, hier Bern, öffnen sich die Türen nur, wenn die Benutzer elektronisch bezahlt haben. Als Ausweg kann man in den Selecto-Snack-Automaten gegen Bargeld Wertkarten kaufen.↓
Kanton Bern
− Die Berner Kantonalbank BEKB betreibt keine klasssischen Bargeldschalter mehr.
− Bei der Bäckerei Reinhard kann man im Bahnhof Bern und in den Filialen an einigen Kassen nur noch bargeldlos bezahlen.
− Das Berner Eventlokal Bierhübeli akzeptiert nur noch Karten oder Twint.
Basel-Stadt und Region Basel
− Die Basler Verkehrs-Betriebe und der Tarifverbund Nordwestschweiz akzeptieren ab 2027 an den Billetautomaten kein Bargeld mehr.
− Im Basler Veranstaltungslokal „Das Viertel“ muss man alles bargeldlos bezahlen.
− Verschiedene Basler Gastrobetriebe ermöglichen nur noch digitale Zahlungen.
Kanton Graubünden
− Im Bündnerland wird Postauto den Ticketverkauf durch das Fahrpersonal nach und nach einstellen.
Freude oder Frust?
Nützt der bargeldlose Zahlungsverkehr mit Karte der Smartphone der Kundschaft (und der Wirtschaft)? Oder diskriminiert er Personen, die mit dem Digitalen nicht zurechtkommen (wollen)? Bedrängt er damit vor allem Ältere? Die Vor-und Nachteile.
Vorteile des bargeldlosen Zahlungsverkehrs
− Wir müssen nicht mehr mit Münzen und Noten hantieren und uns ärgern, wenn wir was verloren haben oder bestohlen worden sind.
− Wir haben unsere Auslagen besser unter Kontrolle.
− Wir müssen im Ausland nicht mehr Geld wechseln.
− Firmen müssen kein Bargeld mehr zählen, transportieren oder sicher lagern.
− Digital schreckt ab. Dubiose Geschäfte werden gerne mit Bargeld getätigt.
− Bargeld zu produzieren braucht Papier, Metall, Energie.
Nachteile
− Der Staat oder Firmen können uns noch besser kontrollieren. Bargeldloses zahlen hinterlässt Spuren, Geschäfte kennen unsere Vorlieben.
− Ohne Internet, ohne Strom funktioniert nichts mehr, Hackerangriffe werden noch gefährlicher und häufiger.
− Nicht alle können oder wollen bargeldlos zahlen: Ältere, Obdachlose.
Elektronisch oder mit Münzen und Noten bezahlen − der Weg ist vorgezeichnet. Er führt immer weiter ins Digi-Tal. Gut? Schlecht? Oder beides?
Was meint die Seniorweb-Leserschaft? Wir freuen uns auf ihre Kommentare.
Bilder: BLS, pst, SBB



Dieser Artikel trifft den Nagel auf den Kopf. Ich frage mich auch des öfteren wohin das alles führen soll.
Ein Beispiel: Letzthin wollte ich einen grösseren Betrag bei meiner Bank abheben. Die Miteilung hiess> kein Bezug möglich. Am Automaten könne ich den Tageshöchstbetrag beziehen. Oder zu einer anderen Bank im Nachbarsort fahren. Diese hat noch Barauszahlung.
Ich habe irgendwo gelesen, dass 97 % der Erwachsenen in der Schweiz ein Smartphone besitzen. Wieso soll für die restlichen 3 % noch eine teure Extrawurst gefahren werden? und es kommt mir niemand mit der Begründung, er sei zu alt. Seit Mitte der neunziger Jahren kann man Personal-Computers kaufen, seit Mitte der Nuller Jahre existieren Smartphones. Wenn jemand sich mit dieser Technologie nicht befassen wollte oder will dann ist das seine freie Entscheidung oder er muss die entsprechenden Konsequenzen auch tragen. Ich bin selber ü70 Und versuche nicht abgehängt zu werden, man muss sich nur die Mühe geben. Und es ist auch für einen 90-jährigen problemlos möglich ein Kärtchen irgendwo hinzuhalten um zu bezahlen.
Hallo, ich finde dies recht überheblich. Ich bin über 80 und seit Jahren mit dem Handy vertraut und bezahle meistens mit Quint. Da ich aber seit fünf Jahren sehbehindert bin, bekomme ich immer mehr Probleme, in der Eile den Code einzugeben. Zudem sehe ich nicht genau, wohin ich die Karte hinhalten soll. Herzlich Ueli Hasler
Falls es in diesem Text einen Fehler hat: ich habe den Text diktiert und kann ihm nicht mehr korrigieren. Ueli Hasler
Bargeld ist Demokratie, digital ist Überwachung.
Sie sagen es Frau Studer. Wir leben in einer Demokratie und solange das Bargeld nicht offiziell abgeschafft ist, müssen Dienstleistungen mit Bezahlsystem Bargeld akzeptieren, auch wenn das mit Mehrkosten verbunden ist.
Die zunehmende Digitalisierung schränkt immer mehr unsere individuellen Freiheitsrechte ein und macht uns alle stark abhängig von weltweit tätigen Grossunternehmen im Internet, ohne die bald nichts mehr geht.
Digitale Souveränität ist Sache des Staates. Was unternimmt unsere Regierung konkret, um uns genügend vor Abzocke, Datenklau und Schlimmeres durch immer mehr Häckerangriffe zu schützen? Wir alle sind betroffen, Privatpersonen, Firmen, Institutionen, Gemeinden, Kantone und der Bund.
Frau Studer hat zu 100% Recht. Z.B. mit der Benutzung von Apps, die GPS voraussetzten, können beliebige, mir unbekannte Personen, jeden Schritt von mir kontrollieren, heisst, es gibt kein Privatleben mehr, Beispiel bitte «Easy Ride»! Ich habe Jahrgang 1941 und arbeite seit 1964 in der Informatik und das bis heute. Trotzdem verstehe z.B. nicht, warum jemand bei einer Maschine, die 0 und 1 unterscheiden kann, von künstlicher Intelligenz spricht. Wo sind wir gelandet?