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Hodler: Künstler-Theoretiker

«Hodler//Parallelismus» – überzeugend präsentiert von den Musées d’art et d’histoire Genève und dem Kunstmuseum Bern im Musée Rath, Genf.

Vermutlich geht es zwar nicht allen Betrachtern dieser eindrücklichen Ausstellung zum 100. Todestag Ferdinand Hodlers (1853 bis 1918) ebenso: Ein über Jahre von mancherlei Begegnungen und Zeugnissen geprägtes, inneres «Hodler-Bild» erfährt eine Art Neuausrichtung. Das liegt an der konventionellen Selbstverständlichkeit, mit welcher man dem Werk des Malers gerade als Berner von klein auf begegnet ist – sofern das Interesse dafür überhaupt bestand. Der Niesen, das Stockhornpanorama, dann die eher symbolträchtigen Kompositionen wie «Nacht», «Tag», «Wahrheit», auch die unvergleichlichen Landschaften und Bäume und, gewissermassen zu Chiffren des Schweizerischen geworden, der Holzfäller der früheren Hunderternote, der Wilhelm Tell, die Historienbilder von Murten und anderswo – alle diese Bilder lebten vor dem inneren und erschienen immer wieder auch dem äusseren Auge. Das alles ist Ferdinand Hodler für manche, vor allem wenn sie vermutlich nicht Kunstgeschichte studierten.

Der 18jährige Ferdinand Hodler ist zu Fuss von Langenthal im Kanton Bern nach Genf an den See gereist – eine abenteuerliche Reise, über deren Verlauf manches im Dunkeln liegt und deren geheimnisvolle Einzelheiten auch von Hodlers Biografen nur ansatzweise entschlüsselt, wenn nicht gar noch mehr verwischt worden sind. Die Kuratorin Laurence Madeline geht den Spuren dieser Wanderung im einleitenden Beitrag im Ausstellungskatalog nach und verleiht dem «Wanderer-Topos» damit eine legendäre, symbolische Bedeutung.

Von Bern nach Genf und wieder zurück: Kein Wunder, dass sich die Musées d’art et d’histoire der Stadt Genf und das Kunstmuseum Bern zusammengefunden haben, um eine umfangreiche Schau mit zahlreichen Nebenveranstaltungen zu gestalten. Beide Museen besitzen in ihrem Fundus Werke Hodlers in grosser Zahl, und weitere Museen und öffentliche wie private Sammler haben Leihgaben beigesteuert. Doch ist es nicht die Anzahl der Exponate, welche die erwähnte Neuausrichtung des Hodler-Bildes veranlassen könnten. Die verantwortlichen Kuratorinnen – Laurence Madeline, Chefkonservatorin Kulturerbe bei den Musées d’art et d’histoire Genève, und Nina Zimmer, Direktorin Zentrum Paul Klee und Kunstmuseum Bern, sind von einem Vortrag ausgegangen, den Ferdinand Hodler im Jahr 1897 in Fribourg hielt: «Die Mission des Künstlers» Hier formulierte er seine Theorie, die er mit «Parallelismus» bezeichnete. Er sieht darin als obersten Grundsatz eine streng geordnete Natur durch parallele Entsprechungen von Formen, Motiven und Sujets. Auch Modelle und letztlich sogar Gefühle und Empfindungen gehören dazu. Dieser Theorie zugeordnete Aufbau-Elemente sind das Mass, die Harmonie, die Ehrfurcht vor dem ursprünglichen Plan der Natur, die Ordnung und die Einheit.

Hodler, Le Lac Léman et le Mont Blanc avec cygnes, 1918. © Musée d’art et d’histoire de Genève, photo: Y. Siza

Folgerichtig konzipieren die Kuratorinnen weder eine Retrospektive noch eine thematische Schau. Vielmehr verfolgen sie das Ziel, einen Künstler-Theoretiker vorzustellen, der sich seiner Mittel, seiner Ziele und seines Platzes in der Kunstwelt seiner Zeit sicher ist. Erreicht wird dieses Ziel durch die geschickten Gruppierungen der Werke mit ähnlichen Bildinhalten oder formalen wie erzählenden Aussagen. Unvermittelt, unübersehbar, meistens spontan erfassbar sind die Parallelen und Entsprechungen in den stets klar geordneten Bildwelten. Folgerichtig deshalb der offizielle Name der Ausstellung: «Hodler//Parallelismus».

Hodler: Die Empfindung, 1009/1911. Privatbesitz, Schweiz. © SIK-ISEA, Zürich

Die wissenschaftlichen Beiträge im Ausstellungskatalog vermitteln Fakten, Hinweise, Verknüpfungen und Interpretationen von Oskar Bätschmann (Hodlers Parallelismen), Paul Müller (Obsession Parallelismus) und Claudia Blümle (Hodlers «Wahrheit»). Sie belegen, wie ernst, ja geradezu wichtig Hodler diesen Parallelismus nahm, den er als den von ihm ge- oder erfundenen auffasste und verteidigte. Deshalb ist der Begriff Künstler-Theoretiker angebracht. Hodler stiess damit allerdings meistens in der Welt seiner Zeitgenossen, der Literaten und bildenden Künstler, eher auf Zurückhaltung und oft auch Ablehnung. Unbeirrt arbeitete er jedoch in diesem Sinne weiter, und das Ergebnis des künstlerischen Umsetzens seiner Konzeption ist fesselnd und eindrücklich. Die Ausstellung ermöglicht auf diese Art ein neues Sehen neben eher konventionellen Sichtweisen.

Hodler, Die Schlacht von Murten, Studie 1917. © Musée d’art et d’histoire Genève, photo: Y. Siza

Hodler, Der Tag, 1899-1900. © Kunstmuseum Bern

Hodler, Der Mönch mit Wolken, 1911. Privatsammlung, Schweiz. © SIK-ISEA, Zürich

Die Ausstellung in Genf dauert bis 19. August 2018

Zur Ausstellung im Musée Rath

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