Wörtergebastel

Das rechte Wort am rechten Ort – Journalisten sollten sich damit auskennen. Oft ist es nur eine Vorsilbe, die nicht passt, die aus einem guten Text ein dilettantisches Gebastel werden lässt.

Zwei Buchstaben zuviel und schon holperts: «Zu einem Finalplatz gereicht es zwar nicht.» Man fragt sich, was das soll. «Es reicht nicht», ist doch viel eingänglicher als das altertümelnde gereicht. Etwas gereicht zur Ehre, wird noch manchmal verwendet, aber ein Sportbericht sollte doch frisch und leicht lesbar daherkommen. Weshalb dann dieser Griff in die Wörtermottenkiste?

Etwas leicht gedreht und schon wäre alles richtig: Vom Alltag kann man sich nicht einvernehmen lassen, denn das würde heissen, der Alltag – oder wir – würden zur Einvernahme, also zum Verhör aufgeboten. Vereinnahmen heisst das richtige Verb. Darauf können wir uns hoffentlich einvernehmlich einigen.

Der Abgrund in der Piste

Eine dramatische Schilderung eines Unfalls: «Der Helikopter schlug bei der Landung zuerst mit dem Heck auf und stürzte dann seitlich ab.» Wohl in einen Abgrund, der sich ja gerne auf mitten auf einer Piste auftut. Oder ist der Helikopter etwa einfach umgekippt – oder umgestürzt?

Kinderhorte dürfen laut einer Meldung in der Zeitung heute nicht mehr selber kochen. «Das Essen wird angeliefert und dann nur noch aufgekocht.» Aufgekocht wird bei uns ein Gerücht, wenn es um Details ergänzt wird oder einfach nochmals gross lanciert wird, aufkochen kann auch eine Wut, wenn sie schon fast verebbt ist, und in Österreich bedeutet aufkochen das, was bei uns ein grosses Geköch ist. Eine grosse Einladung zum Beispiel. Im Kinderhort, da würde aufwärmen genügen – sonst verbrennen sich die Kinder noch die Zunge.

Diskriminierender Diminutiv

Oft sind aber auch ganze Wörter falsch oder zumindest unpassend. Letzteres zum Beispiel, wenn vom Häuschen- und Wohnungskauf die Rede ist. Also da sind wohl Bienen-, Hunde- oder Toilettenhäuschen gemeint. Denn Hauskäufer kaufen in der Regel Häuser – auch wenn diese nicht gar so gross sind. Für mich ist hier der Diminutiv, also der Häuschenkauf, genau so diskriminierend, wie wenn man im Altersheim von den alten Leutchen spricht. Geht gar nicht!

«Die Veranstalter erlitten einen Besucherekord.» Mich wundert, dass diese Meldung nicht unter «Katastrophen» eingereiht wurde. Man stelle sich die armen Organisatoren vor, die feststellen mussten, dass ihr Anlass auf grosses Interesse stösst. Dazu erzielten sie noch einen Einnahmengewinn. Wahrscheinlich wäre ihnen ein Einnahmenverlust lieber gewesen, woraus dann ein Ausgabengewinn resultiert hätte, oder so etwas in der Art. Oder sie hätten eine Gewinnwarnung abgeben müssen – das wäre das Tüpfelchen auf dem «i» gewesen bei dieser abverheiten Meldung.

Zum Schluss werden wir noch kulturell, aber sowas von! «Die in Grautönen gehaltenen Bilder oszillieren in einer metaphysischen Unschärfe, die eine geheimnisvolle Aura zu erzeugen vermag.» Vor solch hochintellektueller Kunstkritik verkriechen wir uns ganz bescheiden in unsere Aura und lassen die Unschärfe oszillieren.

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