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Wie tanzt man Bach?

Selten wird zu Bachs Musik so eigenwillig getanzt wie im Vidmar 1, dem Spielort von Konzert Theater Bern

Vielleicht nicht ganz für jedes Gemüt, doch ganz gewiss für die Sinne ist dieses Projekt aus Choreografie und Musik von Koen Augustijnen geschaffen. Wer die Musik Bachs auf traditionelle Weise schätzt und liebt, wird Aufgeschlossenheit aufwenden müssen, so wie auch alle, die an konventionelle Umsetzung von Musik in den vom mehr oder weniger klassischen Ballett bewegten Raum gewohnt sind. „Dancing Bach“ ist da wohl ein wenig anders als gewohnt.

Es beginnt mit Schritten im Dunkel und Dirigiergesten des musikalischen Leiters Jesko Sirvend. Sie führen aus dem Noch-nichts im Spielraum an dessen Rampe. Dort lenken Hände und Gesicht im Licht die Musiker des Berner Symphonieorchesters durch die bekannten Takte der Ouvertüre zu J. S. Bachs C-Dur Suite.


Die sprechenden Hände von Jesko Sirvend sollte man während des ganzen Abends nicht mehr vergessen. Sie bauen die Musik Bachs als die eine Komponente des spartenübergreifenden Projekts auf. Diese schafft den Zugang zum Ganzen am einfachsten und ganz direkt. Dass sie grösstenteils arrangiert ist, zum Teil von Jesko Sirvend, zum grösseren Teil von Andreas Tarkmann, wirkt nicht nachteilig: Bach ist sogar dort, wo er in ganz andere Tonsprachen übersetzt wird, immer Bach und verliert nichts von seiner Grösse.

Gleichzeitig mit den vorerst deutlich von der Spielfläche her gezeigten Handbewegungen stellt sich eine Tänzerin, ein Tänzer nach dem anderen aus dem schwarzen Hintergrund hinter den Dirigenten. Damit entwickelt sich die zweite, die Komponente der Bewegung und des Tanzes. Die wechselvolle, mit Worten, Gesprächsfetzen und umfangreichen Umbauten der Szenerie arbeitende Choreografie enthält zwei Hauptsegmente.

Einerseits fesselt die sinnliche Darstellung menschlichen Fühlens und Leidens. Da sind Andeutungen von Triebhaftigkeit, Gewalt und Schuld. Die nicht immer einfach zu überblickenden choreografischen Bewegungen können ohne weiteres auch als Expeditionen ins Reich menschlicher Unzulänglichkeiten verstanden werden. Die grossräumigen Bewegungen mit den Bühnenrequisiten sprechen von der Diskrepanz zwischen rhythmisch-geistiger Ordnung der Musik und der sozusagen vegetativen Unruhe menschlichen Lebens im Verbund mit der Natur. Für Zuschauende ist so etwas manchmal kaum mit Bachs Kompositionen in verständliche Übereinstimmung zu bringen, was während den 80 Minuten Spieldauer des Werks trotzdem stark faszinieren kann, jedoch auch grosse Anforderungen an die Bereitschaft stellt, manch Ungewohntes, Fremdes, Verborgenes wahrzunehmen.

Andererseits besticht auch die Aufnahme und Umsetzung des Rhythmus, der Struktur von Bachs Musik durch die acht Tänzerinnen und Tänzer. Winston Ricardo Arnon, Pauline Briguet, Peter Cripps Clark, Martina Langmann, Beatriz Navarro Baena, Valentin Markus Oppermann, Izabela Orzelowska und Marion Zumbach haben ein anspruchsvolles, körperlich wie darstellerisch alle Kräfte forderndes Pensum zu bewältigen. Dass sie mit solcher Präsenz, ohne bemerkbare Unebenheiten in den Übergängen und mit spürbarer Hingabe an die Idee des gesamten Werkes ihren Part, ihre anspruchsvolle Aufgabe versehen, verdient Respekt. Das Spiel mit Armen, Händen (hier klingen die Handbewegungen des Dirigenten nochmals an) und dem ganzen Körper unterstreicht Struktur und Rhythmus der Musik J. S. Bachs. So kann man tatsächlich Bachs Musik tanzen: Mit Ausschöpfung menschlicher – existenzieller – „Untiefen“ einerseits, andererseits mit Sichtbar machen der nicht zuletzt auch ekstatischen Funktion von Musik, auch von Bachs Musik.

Alle Bilder: Philipp Zinniker ©KTB
Aufführungen noch bis 29. März 2015
Alle weiteren Angaben: Konzert Theater Bern

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