StartseiteMagazinGesellschaftVon den Errungenschaften der Druckkunst

Von den Errungenschaften der Druckkunst

Vom Beipackzettel bis zur bibliophilen Kostbarkeit – auch im Zeitalter der digitalen Technologie sind die Erzeugnisse des Druckgewerbes allenthalben zu finden.

Die Erfindung der beweglichen Lettern ca. 1450 gilt als umwälzendes Ereignis, ohne das die letzten gut fünfhundert Jahre anders verlaufen wären. Johannes Gensfleisch, als Johannes Gutenberg bekannt, goss Lettern aus Metall und konstruierte die Druckerpresse. Er wurde damit zum Vater des modernen Buchdrucks. Die geeignete Metalllegierung und die Druckerschwärze entwickelte er gleichfalls. Bis dahin besass man entweder Handschriften; seit dem Spätmittelalter wurden Drucksachen als Blockdruck (Holzdrucktafeln) hergestellt, das heisst, jede Seite bestand aus einer Holzplatte; die Buchstaben, Verzierungen und eventuell bildliche Darstellungen wurden von Hand eingeschnitzt. Ein Buch war also ein äusserst seltenes und wertvolles Objekt, nur wenige besassen Bücher.

Kupferdruckpresse für hochwertige Grafiken (19. Jh.)

Im Mittelalter lernten vor allem Kleriker und Gelehrte, die oft ebenfalls Kleriker waren, lesen und schreiben. So erstaunt es nicht, dass viele Bücher christlich-kirchlichen Inhalt hatten, daneben gab es rare wissenschaftliche Werke. Viele literarische Werke, Erzählungen und Dichtungen, haben sich als Handschriften erhalten, so wie sie damals von Hand abgeschrieben und weitergegeben wurden. Das gleiche gilt für die noch selteneren musikalischen Überlieferungen. Das Kopieren gehörte zu den anspruchsvollen und aufwendigen Aufgaben, die üblicherweise Mönche übernahmen. Eine Frau wie Hildegard von Bingen mit ihrem umfassenden Wissen in vielen Gebieten war eine herausragende Ausnahme – sie hatte selbst eine fundierte klösterliche Bildung.

Es wäre ein Irrtum zu glauben, nur hier im christlichen Mitteleuropa hätte man sich um die Verbreitung von Texten bemüht. Aus Korea ist beispielsweise ein Text aus der Mitte des 15. Jahrhunderts überliefert, der ebenfalls aus beweglichen Metalllettern gesetzt ist. In China war der Druck mit Holzblöcken schon in der Song-Zeit (960-1127) erfunden worden. Dadurch fanden dort z.B. Arzneibücher grosse Verbreitung.

Buchladen in Tibet

Solche schmalen Holzblöcke, auf denen die zu druckende Schrift in Spiegelschrift eingeschnitten ist, verwendet man bis heute in den seltenen noch bestehenden Druckereien Tibets. Da Bücher im Buddhismus sehr hoch geschätzt werden, bemüht man sich dort immer noch um die sorgfältige überlieferte Herstellung. Die bedruckten Blätter, immer lang und schmal, werden übrigens nicht zu einem Buch gebunden, sondern zwischen zwei Holzdeckeln zusammengehalten und in ein schönes, oft besticktes Tuch eingeschlagen.

In Mitteleuropa war der Buchdruck in den kommenden Jahrhunderten noch mit viel Handarbeit verbunden. Der Text des Buches musste zuerst gewissenhaft von Hand gesetzt werden, danach wurde er in der Druckerpresse vervielfältigt – auch das in Handarbeit. Schliesslich entstand mit der Verbreitung des neuen Buches ein neuer Beruf: der Buchbinder.

Typograph. Setzmaschine (1888, amerik. Konstruktion)

In Basel und in Beromünster eröffneten 1470 die ersten Drucker in der Schweiz ihre Werkstätten, in Zürich 1478. Die Kunst des Buchdrucks verbreitete sich schnell, ihre Auswirkungen auf die Kultur in und ausserhalb Europas in den letzten 500 Jahren sind derart tiefgreifend, dass Gutenbergs Erfindung 1997 vom amerikanischen Magazin Time-Life zur bedeutendsten Erfindung des zweiten Jahrtausends gewählt wurde; zwei Jahre später wurde Gutenberg zum «Mann des Jahrtausends» erklärt.

Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie, denn gerade in den letzten Jahrzehnten hat sich das Druckgewerbe durch die Computertechnologie grundlegend verändert. Die genannten Ehrungen – typisch für unsere Zeit, die sich ihres Erbes versichert, – beziehen sich auf Umwälzungen wie die Reformation Luthers, besonders seine Bibelübersetzung, die als Buch in der Sprache der einfachen Leute eine ungeheure Verbreitung fand. Die allgemeine Schulbildung, die seit dem 18. Jahrhundert langsam eingeführt wurde, ist ohne Schulbücher nicht denkbar, Bücher prägen die gesamte bürgerliche Gesellschaft auf verschiedenste Art. Auch wenn in der Gegenwart das gedruckte Buch dem E-Book zu weichen scheint, ist die Masse der Bücher ins Unvorstellbare angewachsen.

Damit sind längst nicht alle Bereiche erwähnt, die ohne den Gutenbergschen Buchdruck nicht auskämen: Denken wir nur an Geldscheine, die unter erhöhten Sicherheitsbedingungen und mit ausgeklügelten Verfahren gedruckt werden. Auch die Literatur, seien es künstlerisch anspruchsvolle Texte oder dicke Thriller – das Lesen wäre niemals eine beliebte Freizeitbeschäftigung geworden. Der Begriff «Presse» für alle journalistischen Publikationen verweist auf die Druckmaschine. Durch Kunstdrucke, das Wort sagt es, können Werke der bildenden Kunst verbreitet werden.

Die Blütezeit des Druckgewerbes begann unzweifelhaft im 19. Jahrhundert, der Epoche des mechanisch-technischen Fortschritts. Damals wurden die ersten Setzmaschinen erfunden, die von einer Person bedient werden konnten. Auch die Druckverfahren wurden ständig verbessert. Ein weiterer Schritt waren die mechanischen und später die elektrischen Antriebsmöglichkeiten. Druckmaschinen wurden zu komplexen «Druckstrassen».

Anschauungsmaterial dazu finden Sie im Gutenberg Museum in Fribourg, dem einzigen Museum der grafischen Industrie und der Kommunikation in der Schweiz. Hier stehen sowohl die Geschichte und Technik des Setzens, des Drucks sowie der Grafik und Buchbinderei im Mittelpunkt, eine Multimedia-Show zeigt einen Abriss der Kommunikation in Sprache, Zeichen, Bild und Schrift.

Als Sonderschau zeigt das Museum zur Zeit filigrane Werke der Berner Künstlerin Heidi Gassner. Die feinen, spitzenartigen Ornamente sind auf der Basis zahlloser winziger Buchstaben geschaffen und erweisen damit den Büchern ihre Reverenz.

links: Heidi Gassner, Schillers Locke

Für Kurzentschlossene:
Am Sonntag, 15. März 2015 ab 14.00 Uhr wird Heidi Gassner im Gutenbergmuseum ihr Buchprojekt «Licht und Schatten» (limitierte Auflage, handnummeriert und bereichert mit Originalskizzen – Jedes Exemplar ein Unikat!) vorstellen.

 Alle Fotos: mp

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