StartseiteMagazinGesundheitIn der Masse sinkt der Verstand

In der Masse sinkt der Verstand

Gustave Le Bons Erkenntnisse und originelle Gedanken neu entdeckt und zur Sprache gebracht.

„In einem kleinen Vorrat an Redewendungen und Gemeinplätzen, die wir in der Jugend erlernten, besitzen wir alles Nötige, um ohne die ermüdende Notwendigkeit, denken zu müssen, durchs Leben zu gehen.“

Genau. Entdeckt und zur Sprache gebracht hat das der französische Psychologe, Arzt und Soziologe Gustave Le Bon. Er hatte das Zeug dazu, dahinter zu kommen und hielt fest, was er beobachtete: „Der Anteil des Unbewussten in unseren Handlungen ist ungeheuer und der Anteil der Vernunft ist klein“. Solche Sachen.

Leider liest kaum jemand mehr sein Hauptwerk „Psychologie der Massen“, das er im Jahre 1895 veröffentlichte. Darin findet sich zum Beispiel: Der Mensch verliert „in der Masse sein rationales Urteilsvermögen …, wird durch wiederholende, eingängige Redewendungen und Gemeinplätzen zu einem irrational reagierenden und leicht zu beeinflussenden Wesen“.

Damals sollten solche Redewendungen und Gemeinplätze üblich gewesen sein: „Chercher une querelle d’Allemand“ – „Tirer un coup“ – „Peure. Donne les ailes“ – „La patrie en danger“ // „Feig wie eine Hyäne“ – „Die Masse macht’s“ – „Hurra die Preussen kommen“.

Le Bon lebte im fin de siègle (1841-1931). Er blieb also verschont von den Redewendungen und Gemeinplätzen, die uns hier und heute allein schon durch die vielen Talkshows ins Ohr ‚geblasen‘ werden. Um nur einige zu nennen: Das macht keinen Sinn – Da bin ich ganz bei dir – Die Seele baumeln lassen – Das Leben ist ein Kampf – Das ist nicht der Punkt – Gas geben – Zur Sprache bringen – Mehr Transparenz zeigen – Die Kuh vom Eis bringen usw.

Le Bons Erkenntnisse und originelle Gedanken sind stark beeinflusst durch persönliche Beobachtungen und Erfahrungen. Er erlebte die Krisenzeit der Pariser Kommune von 1871 und dieses Ereignis hatte mit den damit verbundenen Massen-Bewegungen auf sein Denken und Wirken eine wegweisende Bedeutung.

Die Unterdrückten und die Verarmten, das Proletariat, handelte nach dem Vorbild von 1792 „Levée en masse“. Sie nahmen den Kampf gegen die Bourgeoisie auf und setzten eine eigene sozialistische Selbstverwaltung durch.

Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit ging es um Dinge, die eine neue Epoche einleiteten: Alleinherrschaft vs Demokratie. Sozialismus vs Wohlfahrtskapitalismus. „Um Säkularisierung, Volksbewaffnung, auch Frauenemanzipation – das stand in diesen Tagen plötzlich auf der Tagesordnung“ (Sebastian Hafner).

Nach 72 Tagen kam mit der so genannten Blutwoche, in der 30 000 Menschen umgekommen sind, das Ende. Die Armee, unterstützt von preussischen Truppen, war dem Volk in Paris nur in dem einem Punkt überlegen: Sie hatten Gewehre. Die konterrevolutionären Aktionen nahmen verheerende Züge von Massenhysterien an.

Jahre später, nämlich1895, kam Le Bons Buch „Psychologie der Massen“ auf den Markt. Darin kann man Sätze lesen wie zum Beispiel:

„In der Masse verliert der Einzelne seine Kritikfähigkeit, sagt oder tut Dinge, die er als Einzelner ablehnen würde.

In der Massensituation kommt es in der Regel zur psychischen Ansteckung und der Einzelne neigt zu einem affektiven, primitiv barbarischen Verhalten.

Der Einzelne gibt in der Massensituation sein individuelles Bewusstsein auf zu Gunsten des Massenbewusstseins und lässt seine Handlungen davon leiten.

Gefühle, Moral und geistiges Niveau können im Massenkollektiv höher oder niedriger sein als beim Einzelnen“.

Gustave Le Bon klärt auf: „Beim Aufzählen der Faktoren, die imstande sind, Massenseelen zu erregen, kann man sich die Erwähnung der Vernunft sparen. – Die Masse ist durch logische Beweise nicht zu beeinflussen … Es ist die einfache Behauptung ohne jeder Begründung ein sicheres Mittel, um ihr eine Idee einzuflössen. Intelligenz ist als Massenphänomen unmöglich.

Noch nie haben Massen nach Wahrheit gedürstet. Von den Tatsachen, die ihnen missfallen, wenden sie sich ab und ziehen es vor, den Irrtum zu vergöttern. Wer sie zu täuschen versteht, wird leicht ihr Herr, wer sie aufzuklären sucht, stets ihr Opfer“.

Gustave Le Bon, der damals in Paris die schrecklichsten Ereignisse nicht nur beobachtete, sondern auch miterleiden musste, teilt dem heutigen Leser seines Buches „Psychologie der Massen“ mit: „Jede Folgerung, die wir aus unseren Beobachtungen ziehen, ist meistens voreilig; denn hinter den wahrgenommenen Erscheinungen gibt es solche, die wir undeutlich sehen, und hinter diesen wahrscheinlich noch andere, die wir überhaupt nicht erkennen“.

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