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Vom Polytheismus der Werte

Es ist eine Folge der Globalisierung, dass sich eine Vielzahl von Kulturen samt ihren Werten nun zeigen, von denen unsere Eltern und erst recht unsere Grosseltern gar nichts wussten. Sie würden sich wohl nicht nur darüber, sondern auch darüber wundern, dass einige Werte so gut wie nicht mehr gültig sind. Werte, die für sie unantastbar waren, sprich: „hoch und heilig“.

Die aktuelle Krise der Werte ist nicht allein eine Krise der traditionell moralischen Instanzen, die aus den christlichen Konfessionen hervorgegangen sind. Es wurden auch einige westliche Werte in Frage gestellt, die sich mit Hilfe der Wissenschaft, der technischen Entwicklung, der Rolle der Medien, des Marktes und des Kapitals, der Konjunktur sowie der Entstehung von Wissensgesellschaften emanzipiert haben.

Matsuura erklärte, alle Kulturen und ihre Werte haben ein gleiches Recht auf  Würde und sind grundsätzlich zu respektieren. Das bedeutet: Jede Kultur kann für sich in Anspruch nehmen, selbst zu entscheiden zwischen Behalten und Weggeben, Geschlossen und Offen, Erlaubt und Verboten, Schön und Hässlich, Erhaben und Niedrig, Richtig und Falsch, Recht und Unrecht, Freiheit und Grenzen, Unsinn und Sinn.

Mit dieser „Problematik der Werte“ beschäftigt sich der französische Philosoph Edgar Morin, der bis zu seiner Emeritierung Leiter des Instituts für Soziologie in Paris war. Er stellte fest, bis zum Beginn unseres Jahrhunderts sei das Fundament der Werte einfach zu bestimmen gewesen: „Gott hatte den Menschen Gesetze gegeben, damit sie Gutes tun konnten… Gehorsam und das Einhalten von Werten galten als Selbstverständlichkeiten“.

Mit der Zunahme der individuellen Autonomie hat sich jedoch die Situation verändert. Es werden Imperative nicht länger von Gott, der Partei, der Gesellschaft etwa oder dem Staat vorgegeben, sondern sie gehen mehr und mehr vom Individuum aus. Übereinstimmend mit Kants kategorischem Imperativ „Handle nach derjenigen Maxime, durch die du wollen kannst, dass sie allgemeines Gesetz werde“.

Der Individualismus, eine der grossen Errungenschaften der Reformation und der Aufklärung, zeigt heute seine düstere Kehrseite. Er ist eigentlich ein positives Phänomen, weil er Autonomie und einen Sinn für die persönliche Verantwortung mit sich bringt. Er hat aber auch zum Egozentrismus und zum Verfall von Solidaritäten beigetragen. Das brachte Einsamkeit für die Mittellosen mit sich, sowie ein Denken und Handeln für andere nur vom eigenen Standpunkt aus.

Nachdem sich der „Polytheismus der Werte“ (Max Weber) in unserer Mitte etablierte, kommt es zu Konflikten zwischen den entgegengesetzten Imperativen. Und der Zusammenbruch patriarchalischer Strukturen mit ihren ethischen und institutionellen Dimensionen führte zur Feminisierung der Werte, die wesentliche Aspekte des Lebens beeinflussen werden.

Diejenigen, die Konsequenzen schwierig einschätzen, schlagen als Lösung eine Rückkehr der Aufklärung vor, der ein Geist von Offenheit, Fairness und Toleranz innewohne. Morin gehört zu denen, die dieses Erbe einfordern, unter der Bedingung, dass es mit der Aufklärung weiter gehen muss, im Sinn von Bewahren und Übertreffen.

Das heisst, es muss die Politik wie unser gesamtes Denken sich aufraffen und sich ständig bewusst machen, „dass humanistische, demokratische Bedingungen stets neu zu erschaffen sind“, weil sie sonst degenerieren. Darüber hinaus setzt er sich „für eine Wiederentdeckung eines gemeinsamen geistigen und kulturellen Erbes in Europa ein, das (aus Morins Sicht) in der mediterranen Kultur begründet liegt“.

Er zählt die Stärken der südlichen Kulturen auf, wozu an erster Stelle gehöre, den Wert des Lebens nicht nur quantitativ zu bemessen, wie es der Kapitalismus tut, sondern es von seiner Qualität her zu definieren. Weitere Werte des Südens sind für Morin: Empathie, Familiensinn, Lebensbejahung, Zwischenmenschlichkeit, Ästhetik und Gastfreundschaft.

Der Norden sei wohl dem Süden in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht überlegen. Geschätzt werden andere Werte wie das Kalkulieren, die Rationalisierung, die Rentabilität, das „Nichtgenug “ die Verlässlichkeit, Disziplin und Effizienz. Aktuell erlebe und erleide man, wie sich die soziale und die wirtschaftliche Kluft vergrössert zwischen Süden und Norden, Arm und Reich, Oben und Unten.

Er erwarte von der EU auch, damit zu beginnen, den Austausch der Werte zwischen den Kulturen mit den besten Absichten zu ermöglichen, aus Respekt gegenüber den Werten der anderen, ohne sie zum Vermengen zu benutzen.

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