StartseiteMagazinKolumnenPorträt einer Ehe: Lina und Eugen Huber

Porträt einer Ehe: Lina und Eugen Huber

Zürich Judith Stamm im Café City für das Wocheninterview . 10.05.2010 Bild : Peter Würmli

Die Geschichte einer facettenreichen Beziehung, die uns nach der Lektüre bereichert, aber auch nachdenklich zurücklässt.

Reichhaltiges Quellenmaterial stand der Autorin und Historikerin Verena E. Müller zur Verfügung, um die Lebens- und Liebesgeschichte des Ehepaares Eugen Huber, Schöpfer des schweizerischen Zivilgesetzbuches, und seiner Ehefrau Lina Weissert vor unseren Augen entstehen zu lassen. Am Aussergewöhnlichsten war wohl der Schatz von gegen dreitausend Briefen, den es zu bearbeiten galt. Nach dem Tode seiner Frau am 4. April 1910 hatte Eugen Huber ihr sieben Jahre lang jeden Tag einen Brief geschrieben. Um das traute Zwiegespräch, das sie zeit ihres Lebens geführt hatten, fortzusetzen.

In diesen Briefen beschrieb er nicht nur die Begebenheiten seines Alltages, die er nun allein zu bewältigen hatte. Er machte auch Rückblicke und notierte Gedanken über die verflossene gemeinsame Zeit. Verena E. Müller hat es verstanden, daraus nicht nur die Beziehung der beiden Ehepartner herauszuarbeiten und sichtbar zu machen. Es entsteht zugleich ein eindrückliches Bild des gesellschaftlichen Lebens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zum Tode von Eugen Huber am 23. April 1923. Wie die Autorin ausführt, ist die Quellenlage zu Eugen Huber reich, zu seiner Gattin Lina Weissert karg. So sind z.B. ihre Tagebücher verschollen. Daher lernen wir die Persönlichkeit von Lina Weissert vor allem aus den Beschreibungen und Reflexionen ihres Mannes kennen.

Lina Weissert, geboren 1851 in Heilbronn, verlor 1864 ihre Mutter und 1865 ihren Vater und verdiente sich ab 1865 ihren Lebensunterhalt in der „Bollerei“ in Zürich, einem Restaurant, in dem die damalige Prominenz verkehrte. Eugen Huber, geboren 1849, war dort Gast als Student und schon in jungen Jahren davon überzeugt, in Lina Weissert die Frau seines Lebens gefunden zu haben. Diese Gewissheit wurde von der jungen Frau zunächst nicht erwidert. 1873 kam es zu einem „überfallartigen“ Heiratsantrag. Aber bis zur Hochzeit 1876 vergingen Jahre, die Lina Weissert auch durch einen Aufenthalt in Genfer Familien dazu nutzte, um sich auf die Rolle als Ehefrau des Juristen und späteren Professors Eugen Huber vorzubereiten. Diese Idee, den Bildungshorizont der jungen Frau zu erweitern, stammte von Eugen Huber. Sie unterzog sich seinen Vorschlägen. Dass er sein Leben, seine Beziehung, seine berufliche Laufbahn gerne „im Griff“ hatte, zieht sich wie ein roter Faden durch das ganze Buch. Und im Text flackert auch auf, dass die Tatsache, dass Lina Weissert als Serviererin in der „Bollerei“ gearbeitet hatte, im gesellschaftlichen Umfeld des Ehepaars Huber immer wieder ein Gesprächsthema war.

Es ist atemberaubend, mit zu verfolgen, wie sich die Beziehung der beiden von Lebensabschnitt zu Lebensabschnitt, von Wohnort zu Wohnort und den entsprechenden beruflichen Anforderungen: Genf, Zürich, Basel, Halle, Bern, entwickelte. Schicksalsschläge blieben ihnen nicht erspart. Die Tochter Anneli, geb. 1877, starb 1879. 1894 nahm das Ehepaar ein anderes Kind, Marieli Röthlisberger, geb. 1891, in die Familie auf. Gesundheitliche Probleme blieben nicht aus. Auch musste ein grosser Haushalt geführt werden, denn Hubers bewohnten mit der Zeit nicht mehr Wohnungen, sondern Häuser. Das stellte dannzumal grosse Anforderungen und war ohne Angestellte nicht zu bewerkstelligen.

Lina Weissert wurde zur Mitarbeiterin ihres Mannes auf Augenhöhe. Er besprach sich mit ihr über seine wissenschaftlichen Arbeiten. Sie schrieb seine Manuskripte aus seiner schwer lesbaren Handschrift ins Reine und klebte seine Notizzettel zusammen. Als Geschenk katalogisierte sie ihm einmal seine riesige Bibliothek. Sie habe ihm da „ein kleines Arbeitle“ gemacht, sagte sie. Eugen Huber schätzte diese partnerschaftliche Mitarbeit seiner Frau über alles. Und, er sprach auch öffentlich darüber. Am Juristentag 1886 in Schaffhausen sass er beim Bankett neben Professor von Orelli. Ihm sagte er, dass er seinen ersten Band ohne Hilfe seiner Frau niemals hätte fertig stellen können. Worauf von Orelli das Glas ergriffen habe: „Wir wollen auf das Wohl der Frau Professor trinken!“

Eugen Huber und Lina Weissert wurden aber mit der Zeit nicht nur zu einem „eingespielten Arbeitsteam“. Eine reife, unerschütterliche Liebe wuchs im Laufe der Jahre zwischen den beiden Menschen heran. Besonders von der Seite der Frau wird das immer wieder in rührenden Formulierungen ausgedrückt. Umso grösser war der Schock, als Lina am 4. April 1910 zuhause an einer Krankheit, die als „Gürtelrose“ diagnostiziert worden war, starb. In den täglichen Briefen an die Verstorbene versuchte Eugen Huber während der folgenden sieben Jahre, den unermesslichen Verlust zu verarbeiten.1917 verheiratete er sich ein zweites Mal mit Maria Schuler.

Das Buch über das Ehepaar Huber liest sich aufgrund der Füllle des dargebotenen, faszinierenden Stoffes nicht einfach so. Ich habe es schon zwei Mal gelesen. Und es wird bei mir auf der Beige der noch oder wieder zu lesenden Bücher bleiben.

 

 

Verena E. Müller: „Liebe und Vernunft. Lina und Eugen Huber. Porträt einer Ehe“, Verlag Hier und Jetzt, 2016, Baden. ISBN 978-3-03919-383-7

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