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Christliche Erweckungsrufe

Thomas Hürlimann und Adolf Muschg äusserten zeitgleich und unabhängig voneinander ihre Besorgnis über den Schwund unseres christlichen Selbstverständnisses. Zufall oder nicht?

Dass Schweizer Schriftsteller öffentlich zur „Verweltlichung der Gesellschaft“ und zu christlichen Wertefragen Stellung beziehen, ist ungewöhnlich. Dass sie es am 20. Oktober im Tagesanzeiger und in der NZZ in ganzseitigen Verlautbarungen taten, ist Zufall, aber wie sie es taten, lässt aufhorchen. Der Bundesratssohn und Alt-Einsiedler Thomas Hürlimann, dem wir 2000 und 2007 zwei neuzeitliche Fassungen des „Einsiedler Welttheaters“ verdankten, provozierte schon damals mit einer gottlosen Welt, indem er die für Gott stehende Figur „el autor“ in der Neubearbeitung gar nicht mehr auftreten liess. Seine Krebsdiagnose 2012 führte ihn aber offenbar auf der Intensivstation zu einem auf Lazarus bezogenen Erweckungserlebnis, das ihm die alten Mythen kraftvoll wieder auferstehen liess. Darum stellt er im Gespräch mit Michael Meier die Frage, ob wir 2000 Jahre nach Plutarchs Klage über den Untergang der Antike und ihrer Götter an einem ähnlichen Punkt angelangt sind: „Im Abendland läuten die Totenglocken. Die Kirchen sind leer. Gott stirbt.“

«Wo früher das Kreuz hing, hängt heute das Rauchverbot.“

Das Kreuz ist für Hürlimann weit mehr als ein christliches Symbol: „Das Kreuz hat das Abendland und unsere Zeitrechnung bestimmt.“ Der einstige Andachtsraum im Uni-Spital sei in einen Raum der Stille verwandelt und mit nichtssagendem Kitsch möbliert worden. Bezogen auf den Islam betont er, niemand verlange, dass die Muslime den Halbmond verbannten, ihre Welt sei genauso zu respektieren wie die unsrige auch. „Political Correctness“ sei zur Ersatzreligion und zur sozialen Verhaltensweise verkommen.

Wenn Meier in der Tagi-Debatte darauf kontert, die Schweiz sei „seit 1874 kein christlicher Staat mehr“, sondern säkular geworden, und die aus Gleichheit, Solidarität und Freiheit abgeleiteten christlichen Werte seien der Aufklärung geschuldet, dann zeigt sich deutlich, wie diese „de jure“ und „de facto“ unterschiedlich beurteilt werden. Dass CVP-Präsident Gerhard Pfister in diesen Tagen dazu aufforderte (auch ein Zufall?), angesichts des sich ausbreitenden Islamismus sich der christlichen Werte zu besinnen, führte den SP-Präsidenten Christian Levrat dazu, ihn des „christlichen Totalitarismus“ zu bezichtigen. Indem der Islam die Regeln des Korans aber grundsätzlich über staatliche Gesetze stellt und die Trennung von Kirche und Staat nicht kennt, muss die Wertedebatte aber dringend geführt werden und darf nicht billigem Polit-Populismus weichen.

„Ist Gott eine Privatsache?“ 

Auch für Adolf Muschg wird „der Westen vom Glauben herausgefordert und weiss ihm wenig entgegenzusetzen: Inzwischen hat in unseren Gesellschaften die normative Kraft der Religion abgedankt – nur dass wir die Werte, die an ihre Stelle gekommen sind, jeden Tag auf jenen Friedhof, den Abfallberg der Geschichte, wandern sehen.“ Wenn Muschg weit ausholt und Lessing als Wegweiser deutscher Aufklärung und zugleich als Pfarrerssohn bemüht, dann wird deutlich, dass die eine Erkenntnis von der anderen nicht zu trennen ist. „Nathan der Weise“ ist weiss Gott mehr als Aufklärung. Wer also Religion in einer säkularen Welt zur Privatsache erkläre, müsse sich die Frage gefallen lassen, ob es denn ohne sie gehe und mit welchen Konsequenzen.

Und noch ein Zufall? Der bekannte Journalist Jürg Ramspeck bekennt sich in ganz anderem Zusammenhang aktuell dazu, alljährlich im Dezember mit Freunden an einer Party Weihnachtslieder zu singen. Darunter seien weder engagierte Kirchgänger noch Choristen, und es könne ihnen durchaus an traditioneller Frömmigkeit mangeln, „nicht aber an der Zugehörigkeit zu einer Kultur, die der Glaube im christlichen Abendland hervorgebracht hat.“ Die Debatte ist lanciert, das Weihnachtsgeschäft angelaufen. Süsser die Kassen nie klingeln – so säkular wie üblich, so christlich und traditionsbewusst, wie Werte unbeirrt hochgehalten und nicht profaniert werden sollten.

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