StartseiteMagazinKulturWarten auf Marquis de Sade

Warten auf Marquis de Sade

Der lettische Regisseur Alvis Hermanis inszeniert auf der Pfauenbühne des Schauspielhauses Zürich «Madame de Sade» von Yukio Mishima.

Der berüchtigte Marquis de Sade (1740 – 1814) gilt als Inbegriff des Perversen. Bekannt ist er für seine Schilderungen zügelloser Sexpraktiken. Heute sind seine Texte Klassiker der Erotikliteratur. Der bekannte japanische Autor Yukio Mishima hat 1965 ein Theaterwerk über «Madame de Sade» verfasst, die ihren Gatten bis zu dessen Freilassung aus der Kerkerhaft vergöttert, ihn dann aber verlässt und ins Kloster geht. Der lettische Regisseur Alvis Hermanis hat das Werk für das Zürcher Schauspielhaus inszeniert.

Zum Auftakt ein kitschiger Harakiri

Sechs Frauen stehen auf der Bühne, die in ihrem ritualisierten Spiel das ausschweifende Leben des abwesenden Marquis de Sade aus verschiedenen Zeitepochen und Kulturen schildern. Eröffnet wird der Abend mit einem Harikiri. Die Japanerin Charlotte schneidet sich zu sanfter Musik den Bauch auf. Während sie stirbt, fallen blutrote Rosenblätter aus ihrem Mund. Yukio Mishima selbst hat 1970 den Harikiri-Freitod gewählt, der ihn berühmter gemacht hat als seine Werke. Für Hermanis ist dieser Freitod eine Metapher für den Selbstmord der japanischen Gesellschaft, «die sich der westlichen Kultur angepasst hat». Wie weit dieser kitschige Auftakt sinnbildend für den weiteren Verlauf des Abends massgebend sein soll, bleibe dahingestellt.

Der japanische Auftritt im Stil des Kabuki-Theaters (v.l.): Lisa-Katrina Mayer, Kuan-Ling Tsai und Friederike Wagner.

Das Stück spielt 1772, 1778 und 1790 im weiss getünchten Salon mit unzähligen Türen und Verzierungen an den Wänden von Madame de Montreuil (Bühnenbild: Alvis Hermanis), der Mutter von de Sades Frau Renée. Mit von der Partie sind neben Madame de Montreuil und Renée Anne, Renées jüngere Schwester, und drei von Mishima erfundene Frauen (die Baronessin de Simiane, die Comtesse de Saint-Fond und das Hausmädchen Charlotte). Jede der Damen hat ihre eigene Story mit dem vergötterten und verachteten Lüstling Marquis de Sade. Mit stilisierter Theatralik und in üppige Kostüme gekleidet dialogisieren die Damen tänzelnd, wippend, stöhnend, flüsternd, schreiend über die erlebten und gehörten Sexpraktiken des abwesenden Marquis. Für die einen ist er ein abstossender Perversling, für die anderen ein willkommener Befreier, der kraft seiner Peitsche die Frauen zu «Heiligen» macht.

Ein wahres Kostümfest

Der Spielverlauf ist in drei Zeitabschnitte aufgeteilt: den Anfang macht das höfische Traditionstheater mit ausladenden, farbigen Kostümen und hochgesteckten Frisuren, dann folgt der japanische Auftritt im Stil des Kabuki-Theaters und schliesslich das sogenannte «realistische Theater» in blütenweisen Kostümen. Geboten wird ein wahres Kostümfest, das zeitweise komische Züge trägt und nicht frei ist von Ironie und Klamauk. Doch inhaltlich vermag das Dargebotene nicht zu überzeugen. Die Damen mühen sich redlich ab, doch das endlose Lust- und Leid-Gerede ermüdet, verfehlt seine Wirkung. Kommt hinzu, dass die exaltierten Auftritte in riesigen Kleidern und mit überhöhten Gesten wohl schön anzusehen sind, aber wenig von der von Mishima versprochenen «lodernden Glut» spüren lassen. Am Ende sitzen die Frauen gelangweilt herum, summen das Lied «Coro a bocca chiusa» aus Puccinis Oper «Madame Butterfly». Ein trostloser Schluss.

Realistisch in weissen Kostümen (v.l.): Sunny Melles, Susanne-Marie Wrage und Friederike Wagner (Fotos: Tanja Dorendorf / T+T Fotografie)

Die Schauspielerinnen bieten trotz frostiger Atmosphäre ein facettenreiches Spiel: Friederike Wagner als de Sades liebende Frau Renée, Sunny Melles als wankelmütige Madame de Montreuil, Lisa-Katrina Mayer als Renées lebenshungrige Schwester Anne, Susanne-Marie Wrage als frömmelnde Baronesse de Simiane, Miriam Maertens als sadistische Comtesse de Saint-Fond und Kuan-Ling Tsai als biederes Hausmädchen Charlotte. Sie alle meistern ihre starren Rollen mit erschwerender Kleidung differenziert bravourös. Der kurze, aber herzhafte Applaus am Premierenabend galt vorab ihnen.

Weitere Spieldaten: 9., 18., 20., 25. Februar; 3., 6., 21., 24., 29., 31. März; 3. April 2017

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