Die Unterschrift von Donald Trump scheint mir sehr durchsichtig, ausdrucksstark. Sie widerspiegelt sich auch im Tower und in seinen Tweets.
Vor vielen Jahren deutete ich Kinderzeichnungen nach ihrem Ausdruckswert. Die Ausdruckspsychologie sucht nach Zeichen, die die emotionale Stimmung, die Befindlichkeit und sogar den Charakter eines Kindes, eines Menschen beschreiben können. Wiederholten sich zum Beispiel in einem Sonnengesicht auffällige Merkmale wie Strahlen als Schwerter, stechende Augen und ein Mund mit Zähnen, durfte ich annehmen, dass es sich um eine aggressive Person handelte, die das Kind vor Augen hatte.
Nun versuche ich, diese Methode der Verdoppelung oder der Verdreifachung eines Ausdrucksmerkmals beim amerikanischen Präsidenten auszumachen. Die Unterschrift, die Donald Trump unter seine Dekrete setzt, ist sehr auffällig. Sie ist der spontane, nicht bewusste Ausdruck der Selbsteinschätzung. Die Graphologie untersucht die i-Höhe der Vokale, die Ober- und Unterlängen von Konsonanten in einem Schriftbild. Die i-Höhe von Trumps Schrift lasse ich ausser Betracht. Sie ist mässig hoch, aber sehr gezackt. Im Unterschied dazu schiessen die Initialen D und T überraschend hoch hinaus. Interessant ist, wie der Buchstabe P die Unterschrift abschliesst. Er wirkt wie ein Riegel, geht steil aufwärts und zischt beim P zurückfahrend zu einer Unterlänge. und zwar so, dass sie den Namen nach innen abschliesst. Die Unterschrift selber fährt in einem langen, nicht unterbrochenen Schriftzug dahin und wirkt in sich selbst geschlossen, ja abgeschlossen. Eine Lücke von einem Buchstaben zum nächsten gibt es nicht. Ein Unterbruch würde bedeuten, dass der Schreibende kurz überlegt und nachdenkt, ehe er weiter fährt. Das ist bei Trump nicht der Fall. Die dreimal aufragenden Spitzen in der Unterschrift sind derart überhöht und auffällig, dass man ohne lange zu überlegen zum Schluss kommt, da habe einer unterzeichnet, der sich hoch einschätzt, ja, überschätzt.
Es ist offensichtlich, dass dieses Merkmal der Überhöhung auch sonst bei Trump zu finden ist. Weit braucht man nicht zu suchen. Unübersehbar ist, wie der Milliardär mit seinem Tower protzt. Seine Hochhäuser ragen in die Höhe wie die nicht lesbaren Überhöhungen in der Unterschrift. Wir wissen inzwischen, dass der Präsident sein Amt am liebsten im etwas entrückten Tower ausüben möchte. Vielleicht ist ihm das Weisse Haus trotz der Kuppel etwas zu niedrig. Die Überlängen in der Unterschrift und der Tower bestätigen den Drang nach oben. Sie wiederholen sich und lassen die Deutung zu, dass da einer dem Grössenwahn recht nahe kommt.
Diese Wiederholungen weisen für die Auslegung vom Trumps Selbsteinschätzung einen klaren Weg. Ein weiteres Element, das wie eine Bestätigung der vorherigen gelten kann, sind die Tweets beim Twittern. Sie enthalten maximal 140 Zeichen. Sie wirken wie ein Geschoss, abgeschossen aus dem Tower oder dem Weissen Haus. Sie teilen der Welt mit, was für den Präsidenten gilt. Für eine Diskussion oder einen politischen Diskurs sind sie nicht geeignet. Sie wirken abschliessend.
Diese drei starken Ausdrucksäusserungen auf verschiedenen Ebenen lassen erkennen, wie Trump über sich denkt. Seine Unterschrift wirkt wie eine Festung. Von dem einen Buchstaben zum nächsten geht der Schriftzug ohne Gedankenpause weiter. Nichts deutet auf offene Gedanken hin. Da schreibt einer, der sich der Selbst-Reflexion verweigert. Kein bisschen Selbstzweifel ist im Spiel. Die Tweets sagen klipp und klar, was ist. Widerrede wäre wie Majestätsbeleidigung. Mit Zuversicht dürfen wir annehmen, Trump werde sich an der amerikanischen Demokratie und deren Institutionen die Zähne ausbeissen, und mit Spannung erwarten, wie sich seine Unterschrift verändert. Zerfahrener als bei den ersten Dekreten ist sie bereits.
* Die Sonne in der Kinderzeichnung und ihre psychologische Bedeutung. Zug 1974.