Wie er international aufgestellt, kommunikativ vernetzt, in Kleingruppen agiert und damit die Polizei versetzt.
Wieder einmal hat er zugeschlagen, diesmal in Hamburg, diesmal ganz besonders brutal: der Schwarze Block. Und dabei waren wir alle, zumindest über den Bildschirm. In Video-Bildern wird nun der Weltöffentlichkeit vorgeführt, wie er vorgegangen ist. Er verliess am Freitagabend das Camp, das an sich verboten war, in kleinen Gruppen. Die gebildeten Trupps errichteten Barrikaden, schlugen Schaufenster ein, öffneten die Türen parkierter Autos, warfen brennende Fackeln hinein und eroberten systematisch das Schanzenviertel in Hamburg. Und wohl ganz gut vorbereitet, taktisch geplant, hatten Teile des Blocks noch in normalen Kleidern eine Falle, einen Hinterhalt im militärischen Sinne, eingerichtet, um den Einsatzleitern der Polizei Angst und Schrecken einzujagen, sie zu zwingen, einzuhalten. Diese hatten situativ zu entscheiden, ob sie ihre Polizei-Kräfte in diese Falle losschicken, diesem Inferno aussetzen wollten oder nicht, ob sie das Risiko eingehen, ob sie, gar Tote in Kauf nehmen wollten. Sie wollten nicht. Eine Sondereinheit hatte anzurücken, um den Hinterhalt zu stürmen, dem Hagel von Stahlkugeln, Betonplatten, den Molotow-Cocktails von den Dächern dieses Hinterhalts ein Ende zu setzen. Die Folge: Die Polizei verlor während 2 Stunden die Herrschaft über die Gewalt
Nun wird in Talkrunden, in Parlamentssitzungen, an den Stammtischen – nicht nur in Deutschland – darüber gestritten: Wer ist schuld an diesem Kampf, den der Schwarze Block als Sieger sah und der nach getaner brutaler Tat schlicht neu eingekleidet von dannen schlich. Zwar gab es über 100 Verhaftete, doch die Rädelsführer sind wohl bereits wieder über alle Grenzen und Berge, auch in Deutschland.
Wer hat den Schwarzen Block unterschätzt? Wer hat nicht verstanden, auch nicht eruiert, dass der Schwarze Block international vernetzt ist, dass in Hamburg brutale Gewalttäter aus ganz Europa, aus Italien, Frankreich, auch der Schweiz, der Türkei und gar aus Russland angereist waren, um ihre Macht zu demonstrieren, um zu zeigen, dass sie taktisch in der Lage sind, die Polizei-Strategie, wie auch immer geartet, zu unterlaufen. Wer hat nicht verstanden, nicht geheimdienstlich eruiert, dass der Schwarze Block nicht in festen Strukturen agiert, sondern sich von Fall zu Fall organisiert, schnell und unkompliziert über die neuen Kommunikationsmittel eine Kampftruppe bildet, sich in Trupps aufteilt und dort zuschlägt, wo es nicht unmittelbar erwartet wird. Denn jeder hat ein Handy, kann sich anschliessen an die Kommunikationsströme, die jeweils ganz kurzfristig eingerichtet und deren Zugang Aktivisten bekannt gegeben werden.
Der Schwarze Block braucht also keine Infrastruktur, kennt keine Hierarchie, die zu entscheiden hat, wie eine Aktion abzulaufen hat. Welche Gegensätze zur Polizei, zum staatlichen Gewaltmonopol?
Ein Polizeieinsatz muss generalstabsmässig vorbereitet werden. Er hat alle Eventualitäten mit einzubeziehen, es sind vorbehaltende Beschlüsse zu fassen, um rasch und flexibel reagieren zu können. Die Strategie, das taktische Vorgehen der gewalttätigen Demonstranten hat die Polizei vorweg und während den Aktionen immer wieder in Erfahrung zu bringen. Die Polizei-Einsätze sind auch in Hamburg in einem detaillierten Rahmen-Befehl von 40 Seiten festgehalten worden. Es war definiert, wie das Gipfel-Treffen abzulaufen hat, wie es zu schützen ist. Die Polizei hat sich aber auch an rechtstaatliche Regeln zu halten. Und die Einsatzleiter haben auch ihre Polizisten zu schützen.
Zweifellos hatte der Schwarze Block auch in Hamburg eine Kerntruppe, Gesinnungsgenossen, die vorbereitete, die die Kampfmittel zusammenstellte, lagerte, um den eigenen und den Angereisten die notwendigen Waffen in die Hand zu geben. Die Guerilla-Taktik des Schwarzen Blocks ging so auf, trotz 20’000 Polizisten, die Hamburg zu schützen versuchten.
Es geht nicht anders: der Schwarze Block ist immer und sofort zu isolieren. Ihre Strategien und Taktiken sind im Vorfeld geheimdienstlich zu ergründen und zu erfassen. Die Übeltäter sind zu erkennen, sind festzunehmen. Die friedlichen Demonstranten haben die schwarzen Männer und Frauen auszugrenzen, sich von ihnen zu distanzieren. In Hamburg gab es aber auch viele Gaffer und Zaungäste, die nicht auf der Seite der Polizei agierten, die sich klammheimlich mit den Gewalttätern solidarisierten, die Gewalttäter gar anspornten. Von ihnen ist kaum die Rede, leider.
Im Focus stehen zurzeit die Linksextremisten. Statisch ist aber belegt, dass 2016 in Deutschland rechts motivierter Delikte mit 1600 erstmals deutlich über den der Linksextremen mit 1200 liegt. In Hamburg haben die Linksextremen zweifellos aufgeholt. Wer nun aber die beiden extremen Positionen in seine Argumentation aufnimmt, um politisch einen Profit gegenüber dem politischen Gegner daraus zu schlagen, ist gleichsam ein Verweigerer der Realitäten oder selbst extrem. Gewalttaten sind von Demokraten, ob links- oder rechtsextrem, nie zu tolerieren. Im Gegenteil.
Es gab aber auch ein anderes Hamburg, und das in einer grossen Mehrheit. Rebeca Lunderup, 22, griff danach, am Samstag, zum Handy und rief die Facebook-App auf und schrieb: „Ich bitte jeden, der am Sonntag Zeit hat, mit mir Hamburg wieder sauber zu machen.“ Und siehe da. Der Ruf wurde gehört. Tausende fanden sich im Schanzenviertel ein und säuberten Häuser und Strassen, räumten auf, wischten und kratzten weg, was der Schwarze Block hinterlassen hatte. Letztlich siegte doch die Zivilgesellschaft. Mit den gleichen Mitteln, wie sie auch der Schwarze Block benutzt: dem Internet. Fluch und/oder Segen.