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Eine Liebeserklärung an den Wald

Was Bäume fühlen, wie sie kommunizieren: Förster Peter Wohlleben fordert und fördert mit seinem Bestsellerbuch «Das geheime Leben der Bäume» eine neue Sichtweise des Waldes.

«»Im Wald geschehen die erstaunlichsten Dinge: Bäume kommunizieren miteinander. Sie umsorgen nicht nur liebevoll ihren Nachwuchs, sondern pflegen auch alte und kranke Nachbarn. Bäume haben Empfindungen, Gefühle, ein Gedächtnis. Unglaublich? Aber wahr!» So lautet der Klappentext zum Buch «Das geheime Leben der Bäume» von Peter Wohlleben. Seit vielen Monaten steht das Buch auf den Bestsellerlisten. Und das zu Recht.

Auch Bäume können schwatzen

Peter Wohlleben hat Fortwirtschaft studiert und mehr als 20 Jahre im Försterberuf gearbeitet. Sein Buch ist kein verklärend-dichterisches Werk über den Wald, sondern das Werk eines Experten und Wissenschaftlers, der den Wald mit einem biologisch geschulten Auge betrachtet. Und tatsächlich, man erfährt und lernt eine ganze Menge in diesem Buch. Wir erfahren sehr viel über Fotosynthese und darüber, dass auch Bäume schwitzen können und welche Folgen das haben kann. Über Laubaustrieb an warmen Tagen und über die Notwendigkeit von Niederschlägen für bestimmte Arten und Klimazonen. Und über die Zitterpappel, die in der Lage ist, sich mit einem einzigen Exemplar über 400 000 Quadratmeter auszubreiten.

Bäume kommunizieren untereinander über Wurzel- und Pilzgeflechte.

Wir erfahren, dass Bäume vor fiesen Käfern warnen oder gar an Burnouts leiden, dass sie über Wurzel- und Pilzgeflechte kommunizieren oder sich gegenseitig füttern. Burnouts gibt es, wenn sie all ihre Energie verballern, um in die Höhe zu wachsen. Als Abwehr gegen Insekten leiten etwa Eichen Giftstoffe in die Blätter und alarmieren ihre Artgenossen. Und im Rennen bleiben nur Jungbäume, die ohne Umschweife schurgerade nach oben treiben und nicht nach links oder rechts abbiegen und trödeln, ehe sie nach oben streben. Doch wer langsam gross wird, bleibt es länger. Jungbuchen werden von den älteren umstehenden Bäumen durch Lichtdrosselung zu einem langsamen Wachstum «erzogen».

Ein durchorganisiertes soziales System

Bäume sprechen miteinander, lieben sich, erziehen sich und helfen sich gegenseitig mit Mahlzeiten aus, wenn Not am Stamm ist. Peter Wohlleben entwirft vom Wald das Bild eines bestens durchorganisierten sozialen Systems, in dem zwar das Recht des Stärkeren gilt, aber der Schwächere niemals allein gelassen wird. «So beseelt wie bei Wohlleben war der Wald selbst bei Romantikern nicht», schreibt ein Buchkritiker. Und Wohlleben selbst meint in einem Interview: «Mag sein, dass meine Aussagen emotional sind. Dafür können sie auch Laien verstehen. Ich übersetze Wissenschaft in Alltagssprache.»

Keine Frage, Wohllebens Buch hat pädagogischen Anspruch, und was sich manchmal wie Esoterik ausnimmt, ist in Wahrheit wild entschlossene Didaktik. Bäume sind beseelte Wesen, wenngleich ohne mythischen Auftrag. Wohlleben möchte Baumarten dort haben, wo sie von Natur aus wachsen. Und er möchte einzelne Waldflächen als heimisches Ökosystem schützen und Bäume in natürlichen Netzwerken leben lassen, einzelne Bäume fällen statt kahlschlagen, mit Pferden statt Maschinen arbeiten, um Pflanzen und Boden zu schonen. Wohlleben plädiert für eine artgerechte und verträgliche Waldwirtschaft. Das ist seine Mission.

«Das geheime Leben der Bäume» ist ein faszinierendes Buch über eine gewaltige Kreatur, der es offenbar gelungen ist, sich vor unser aller Augen zu verstecken. Wohlleben trifft mit dem Buch den Nerv unserer schnelllebigen Zeit, in der Entschleunigung und wachsender Respekt unseren Mitgeschöpfen gegenüber angesagt ist. Bäume sind für Wohlleben «Superhelden der Entschleunigung».

 

Peter Wohlleben. Das geheime Leben der Bäume. Ludwig Verlag, München, ISBN978-3-453 – 28067-0

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