„Pheramor“ heisst die ultimativ neue Verkupplungsmasche aus den USA, die mittels Lifestyle-Gentests den massgeschneiderten Partner suchen soll. Schöne neue Welt!
Blenden wir in die frühen 60er-Jahre zurück. Wer das Konkubinat der Ehe vorzog, lief mit einem Kainsmal herum und hatte z.B. bei der Wohnungssuche kaum eine Chance. Das Argument, man wolle sich im Alltag erst mal bewähren, bevor man den folgenschweren Schritt einer Heirat eingehe, verfing nur selten. „Drum prüfe, wer sich ewig bindet (ob sich nicht doch was Bessres findet)“ wurde zum Alibi einer jungen Generation, die sich spätestens mit 1968 die Befreiung von allen gesellschaftlichen Fesseln auf die Fahnen schrieb. Doch Freizügigkeit und Toleranz hin und Gleichberechtigung der Geschlechter her, die Scheidungsraten nahmen jährlich zu, bis in den grösseren Städten 40 bis 50 % erreicht waren.
Dann kamen die Online-Plattformen, die Abhilfe versprachen und bis heute das grosse Geschäft mit der Sehnsucht machen. Die Liebe wurde zum Warenumschlagplatz, das Blaue vom Himmel zur Sinnestäuschung und die Hoffnung auf eine ideale Partnerschaft nicht selten zur Ernüchterung und Desillusionierung. „Fake news“ statt Ehrlichkeit, häusliche Gewalt statt gegenseitige Achtung und Würde, Sexismus und Metoo-Debatte als ewig wiederkehrender Geschlechterkampf. Die schöne neue Welt gefällt sich zwischen zur Schau gestellter Nacktheit und einer neuen Prüderie, welche die Männer als immerwährende Schweine in den Senkel stellt und ziemlich verlogen daherkommt.
Doch nun wird alles anders: In den Genen liegt die Lösung. Pheramor lässt laut Marcel Speiser von der Handelszeitung Biologie und Technologie zusammenwachsen. „Das Unternehmen scannt die Gene einer Person und verbindet das mit allem, was soziale Netzwerke hergeben – das Resultat ist der vollkommen transparente Mensch.“ Eine Speichelprobe genügt demnach, den perfekt passenden Partner zu finden. „Der Zugang zu möglichst vielen Social-Media-Accounts wie Facebook oder Instagram soll helfen, die Partnersuche zu verfeinern.»
Der Genetiker Jim Evans von der University of North Carolina kritisiert Pheramor deutlich: «Ja, es gibt Studien, die darauf hindeuten, dass es in bestimmten Situationen einen gewissen Grad an Selektion unter den Partnern gibt, die von bestimmten Genotypen abhängig sein können. Dass man diese Genotypen aber verwenden kann, um Leute zusammenzubringen, die kompatibel sind, ist unglaublich verfrüht. Es gibt wirklich keine Grundlage, um zu glauben, dass dies erfolgreich sein würde.»
Asma Mirza, Chef von Pheramor, entgegnet der Kritik, dass sein Unternehmen nicht behaupte, dass die «Genetik das A und O» der Partnersuche sei. Man versuche aber, Anziehung und Interessen von potenziellen Partnern zu quantifizieren. Und das mache das Dating viel effizienter als bei anderen Apps, die nur nach Alter und Standort filtern würden.
Falls Sie Ihren Seelenverwandten also noch nicht gefunden haben sollten, zögern Sie nicht. Die Zukunft ist sowieso gläsern – und wenn die Liebe einst in den Sternen stand, dann wissen Sie nun immerhin ganz konkret, wo das massgeschneiderte Glück zu finden ist.