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LSD feiert Geburtstag

Am 19. April 1943 fuhr Albert Hofmann mit seinem Fahrrad nach Hause, nachdem er eine minimale Dosis der Substanz LSD eingenommen hatte.

Albert Hofmann hatte die Substanz Lysergsäurediethylamid schon 1938 entdeckt, seine Unterlagen dann jedoch beiseite gelegt, bis er sie am 16. April 1943 noch einmal hervorzog. Da er feststellte, dass auch nur ein Hauch dieses Stoffes auf seiner Haut eine Reaktion hervorrief, beschloss er, sie noch einmal zu prüfen. Diesen Selbstversuch führte er am 19. April durch. Als er nach seinem Arbeitstag mit dem Velo nach Hause fuhr, entfaltete sich die Wirkung nach und nach. Seitdem nennt man diesen Tag «bicycle day».

Der Beatles-Song «Lucy in the Sky with Diamonds» gilt als Fackel der psychedelischen Kultur, die mit der Hippie-Bewegung, den 68ern und der Popkultur aufblühte. – Allerdings behauptete John Lennon, er hätte bei der Entstehung dieses Songs keineswegs an LSD gedacht, sondern an Alice im Wunderland und an eine aktuelle Zeichnung seiner Tochter. Dennoch: Mit diesem Song und mit dem zweiten Film der Beatles «Yellow Submarine» verbindet man seitdem die Ausbreitung psychotroper Substanzen. Erinnern Sie sich? Seit jenen Jahren sieht man diese grellen Grün-, Gelb-, Pink- und Violetttöne, zuweilen ‹Neonfarben› genannt, und zwar in Kombinationen, die früher in konservativen Kreisen Anstoss erregt hätten, und in Formen, die an den Surrealismus und verwandte Kunstrichtungen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts anknüpfen. – Dass die Entstehung künstlerischer Werke mit dem Genuss von Drogen verbunden sein kann, ist keine neue Entwicklung. Die Surrealisten experimentierten immer wieder mit psychotropen Substanzen, sie gerieten auch in den Teufelskreis von Abhängigkeit und Krankheit.

Lucy’s Rausch

LSD ist nach wie vor eine verbotene Substanz, was jedoch zahllose Neugierige und Wissbegierige, Psychiater und Neuroforscher nicht davon abgehalten hat, das psychoaktive Potential auszuprobieren. Die Nutzenden von LSD haben eine Kultur am Rande der Legalität geschaffen, die auch in der Schweiz vertreten ist.

Lucy’s Rausch, das Gesellschaftsmagazin für psychoaktive Kultur, widmet sich diesem Thema in einer Sonderausgabe mit dem Untertitel: Bicycle Day: 75 Jahre LSD-Erfahrung. Das Heft enthält zahlreiche Aufsätze bekannter Persönlichkeiten, z.B. Timothy Leary oder Stanislav Grof und vielen anderen.

 

Der Vater des LSD

Aus Albert Hofmanns biografischem Beitrag «Leben im inneren und äusseren Raum» spricht die Ehrlichkeit, Bescheidenheit und Nüchternheit dieses bemerkenswerten Mannes. «Mit dem Pflanzenreich fühlte ich mich von Kindheit an zutiefst verbunden», schreibt er 1985, weshalb er sich für ein Chemiestudium entschieden hatte. Als Chemiker bekam er Routine im Umgang mit gefährlichen Stoffen, denn er beschäftigte sich mit wichtigen Pflanzengiften, dem Mutterkorn beispielsweise, die für die Heilkunde sicherer einsetzbar werden sollten. Auch nach dem legendären April 1943 befasste er sich wissenschaftlich mit medizinisch nutzbaren und halluzinogenen Pflanzen. Durch seine Forschungsarbeiten lernte er Gelehrte aus aller Welt kennen und schloss mit einigen von ihnen Freundschaft, darunter mit Aldous Huxley, der sich experimentell und philosophisch mit Grenzerfahrungen auseinandersetzte. Albert Hofmann starb 2008 hochgeachtet im Alter von 102 Jahren. – «Ich habe das LSD nicht gesucht, es ist zu mir gekommen», wird er zitiert.

Psychonautische Erlebnisqualitäten

Hans Cousto, Mathematiker und Musikwissenschaftler, der die Planetentöne berechnete und sie sicht- und hörbar machte, beschreibt in seinem Beitrag, wie die Erlebnisse bei aussergewöhnlichen Bewusstseinszuständen eingeteilt werden. Daran hat wiederum Aldous Huxley einen bedeutenden Anteil. Während ein Experimentierender in der ersten Stufe ein angenehmes Gefühl von Einssein und Liebe mit sich und der Welt erfährt, geht die zweite Stufe der Drogenerfahrung mit dem angsteinflössenden Gefühl der Selbstauflösung einher. Die dritte Stufe ermöglicht psychonautische Erlebnisqualitäten. «Die veränderte Wahrnehmungsstruktur im optischen, akustischen und sensorischen Bereich ermöglicht eine völlig neue Sichtweise», schreibt Cousto. In dieser Phase könne man durch eine Fassade hindurchschauen und so «etwas vom Wesen der betrachteten Dinge erfahren.» Wer auch in normalen Bewusstseinszuständen in Ästhetik geschult sei, würde die Schönheit der Wahrnehmungen intensiver empfinden.

Tulpen aus dem Orbit
© Uwe Wagschal/pixelio.de

Der Wunsch nach Wahrheit

Neben vielen Beiträgen, die sich mit berühmten Menschen befassen, wie Timothy Leary anlässlich eines Besuches in Europa, sei hier der Beitrag der ganz jungen Noisy Woodghost erwähnt, die im Alter von 11 Jahren schon LSD ausprobiert hatte, was sie tief beeindruckte. Sie lebte damals im Wald, nicht allein, aber abgeschieden von aller Welt und machte sich auf die Suche nach Albert Hofmann. Sie wusste, dass er bei Sandoz gearbeitet hatte und erhoffte sich, ihn dort zu treffen oder einen Hinweis zu erhalten, wo er zu finden sei. An einem Regentag geht sie dann drei Stunden zu Fuss, bis sie vor Hofmanns Haustür steht. «Dem Kind, das ich damals war, erschien er mit seinen 83 Jahren sehr alt und weise», schreibt sie später und fährt fort, «doch seine Augen schienen immer noch die eines jungen Mannes zu sein». Albert Hofmann räumt dem Mädchen viel Zeit ein, nimmt sie ernst und erklärt ihr alles, was sie beschäftigt. «Die ganze Zeit fühlte ich mich irgendwie ‹high› und heute weiss ich, dass es mehr Hofmanns Präsenz und seine Ausstrahlung waren, die mir weiterhalfen». Der Bericht dieser jungen und doch schon fast erwachsenen Frau hätte 1995 erscheinen sollen, aber die entsprechende Publikation war gerade eingestellt worden.

Die halbjährlich erscheinende Zeitschrift «Lucy’s Rausch» will über Risiken und Nutzen verschiedener Substanzen aufklären und versteht sich als Vertreterin einer drogenmündigen Schweiz. Ihr Chefredaktor Markus Berger begleitet die psychodelische Kultur seit über drei Jahrzehnten aktiv; im Editorial zu dieser Ausgabe schreibt er: «Im Angesicht der verheerenden politischen, gesellschaftlichen und ökologischen Lage . . . vermag die ernsthafte Beschäftigung mit veränderten Bewusstseinszuständen und spiritueller Philosophie ein fruchtbares Potenzial zu entfalten.»

Lucy’s Rausch. Gesellschaftsmagazin für psychoaktive Kultur.
Nr. 7 / Frühjahr 2018. Nachtschatten Verlag Solothurn. 126 Seiten.

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