StartseiteMagazinKolumnen„Der Geist weht, wo er will“

„Der Geist weht, wo er will“

Pfingsten und die Taube als personifizierter Heiliger Geist hatten es noch nie leicht, das Geheimnis um die christliche Dreifaltigkeit zu klären. In unserem säkularisierten Alltag mehr denn je.

Das biblische Zitat aus Johannes 3:8 lautet eigentlich: „Der Wind bläst, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl; aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er fährt.“ Die Interpretationen sind eine bibelfeste Schatzkammer, welche durch die Jahrhunderte immer wieder neu angereichert wurden.

Wir erinnern  uns: Am 50. Tag nach Ostern soll der Heilige Geist, den Jesus versprochen hatte, auf die Erde gekommen sein. Menschen aus allen Ländern des damaligen römischen Reiches hätten in Jerusalem zusammengefunden. Und da geschah offenbar, was die Christenheit seither als Pfingstgeheimnis verkündet:  „Plötzlich hörte man ein mächtiges Rauschen, wie wenn ein Sturm vom Himmel herabweht. Das Rauschen erfüllte das ganze Haus, in dem die Jünger waren. Dann sah man etwas wie Feuer, das sich zerteilte, und auf jeden von ihnen liess sich eine Flammenzunge nieder. Alle wurden vom Geist Gottes erfüllt und begannen in verschiedenen Sprachen zu reden, jeder, wie es ihm der Geist Gottes eingab. Und jeder hörte in seiner eigenen Sprache die großen Taten Gottes verkündigen.“ (Apostelgeschichte 2, 2-4)

Ob wir nun gläubig sind oder nicht, der Wunsch, wir möchten uns über alle Sprachgrenzen hinweg verstehen und in Frieden zusammen leben, ist naheliegendes, aber naives Wunschdenken geblieben. Ja, was ist eigentlich aus Pfingsten geworden? Ich hörte: Eine Blechlawine von 28 km. Länge staute sich vor dem Gotthard, weil der San Bernardino-Tunnel nach einem verheerenden Busbrand gesperrt werden musste. Ob Ostern, Auffahrt oder Pfingsten, das Bild ist stets dasselbe. Wir verlassen fluchtartig unser Zuhause, um im Süden etwas Sonne und „dolce far niente“ zu tanken.

Peter Bichsel hat einmal eine Kurzgeschichte mit dem Titel „Wo wohnen wir ?“ geschrieben. Darin heisst es: „Es ist doch eigenartig, daß wir als Reiseziel jene Gegenden auswählen, wo sich die Einheimischen das Reisen nicht leisten können. Weil hier niemand mehr wohnt, gehen wir in Gegenden, wo die Leute noch wohnen.« Und es ist doch nahezu absurd, daß »wir hier unser Geld verdienen, mit dem wir uns anderswo zu realisieren versuchen.“

Das ist die eine Seite der Medaille. Es gibt aber auch einen Stosstrupp von Freidenkern und Jusos, welche die religiösen Feiertage ganz abschaffen wollen. Der Präsident der Freidenker-Vereinigung der Schweiz meint dazu: «Wir müssen nicht so tun, als wäre uns die Tradition wichtig, während kaum einer mehr weiss, warum wir am Pfingstmontag frei haben.“

Mehr Wertschätzung für Islam, Judentum und Buddhismus ?

Luzian Franzini, Co-Präsident der Jungen Grünen, unterstützt die Idee: «So kann jeder dann einen freien Tag einziehen, wenn er es will.» Wichtig sei nur, dass die Anzahl der freien Tage gleich hoch bleibe. Eine solche Änderung bringt laut Franzini nur Vorteile: «Andere Glaubensgemeinschaften würden dadurch, dass sie an ihren Feiertagen frei bekommen, mehr Wertschätzung erfahren.»

«Die Gleichstellung von weltlichen und religiösen Feiertagen muss erfolgen», sagt auch Pascal Vuichard, Co-Präsident der Jungen Grünliberalen. Die Bevorzugung der kirchlichen Tage sei «komplett veraltet».

Die Jusos wehren sich explizit gegen den «Mythos einer christlichen Leitkultur». Anstatt Weihnachts- und Osterfest zu feiern, soll gearbeitet werden. Die Jungpartei weitet aber die Religionsdebatte noch aus: Obdachlose dürften nicht mehr von religiösen Gemeinschaften betreut werden. So soll der Staat seine Aufgaben nicht mehr in die Hände religiöser Institutionen legen. Das eindrückliche Bekenntnis des verstorbenen Pfarrers Ernst Sieber zu gelebter Mitmenschlichkeit soll also auf dem Misthaufen der christlichen Nächstenliebe landen?

Je intoleranter und provokativer die Forderungen von säkularisierten Meinungsmachern werden, desto mehr ist auch unser christliches Selbstverständnis gefordert. Gedankenlosigkeit und Konsumismus im Sinne von „nach uns die Sintflut“  sind denkbar schlechte Alternativen dazu.

Es macht den Anschein, dass wir uns heutzutage sogar in der eigenen Muttersprache missverstehen, ja uns gar nicht mehr zuhören wollen. Radikale Gesinnungen sollten von allen Parteien von links bis rechts in die Schranken gewiesen werden. Eine gewisse Sprachlosigkeit überlässt den Schreihälsen hüben wie drüben die Debattenhoheit, welche dem Fundamentalismus und antidemokratischen Strömungen die Tore weitet. Der Geist soll zwar wehen, wo er will, aber wes Geistes Kind die radikalen Provokationen sind, darüber sollten wir uns schon einig werden. Je früher desto besser.

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