Das Zentrum Paul Klee in Bern zeigt vielseitig und spannungsvoll, wie ein Netzwerk von Freunden anregend wirken kann.
Dass das Zentrum Paul Klee des weltweit Malers Werk von immer neuen Standpunkten aus und in manchmal auch überraschenden Perspektiven zeigt, darf man angesichts der Bedeutung des Museums wie des Malers aus Berner Sicht wohl erwarten. Dennoch ist auch diese thematische Schau keinesfalls eine alltägliche Selbstverständlichkeit. Sie zeigt, wie im Leben eines Künstlers – eines kulturell oder auch wissenschaftlich Tätigen überhaupt – ein Netzwerk von Freunden anregend und weiterführend wirken kann, wenn genügend Neugier und Offenheit besteht, sich mit den Gedanken wie dem Schaffen der Freunde lebendig auseinanderzusetzen.
«Kandinsky, Arp, Picasso … Klee & Friends»
Das Schlüsseljahr im Leben von Paul Klee ist das Jahr 1911. Nun wird er so richtig wahrgenommen. Er lernt auch seine Freunde kennen. Schon während der Schulzeit mit Louis Moilliet (1880-1962) befreundet, lernt er bei ihm 1912 August Macke kennen. In Paris trifft er Pablo Picasso (1881-1973), Robert Delaunay (1885-1941) und seine ebenfalls als Künstlerin tätige Frau Sonia (1885-1979) nebst anderen. Mit ihnen zusammen begegnet er verschiedenen Ausprägungen des Kubismus und weiterer Formen der Abstraktion und des Surrealismus. Die zusammen mit Moilliet und Macke unternommene Tunesienreise vermittelt wieder neue Impulse.
Am Anfang der Schau ist das Netzwerk der Freunde Paul Klees in einer grossen Tafel dargestellt (Bild fv)
So erlaubt die Ausstellung eine spannende und lehrreiche Reise durch die Moderne mit Expressionismus, Kubismus, Konstruktivismus, Surrealismus, figurativer und abstrakter Kunst. Gleichzeitig lässt sich das Schaffen von Paul Klee von den Anfängen bis zum Spätwerk mit ausgesuchten, zum grössten Teil formal, gestalterisch und inhaltlich parallelen Werken seiner mehr oder weniger nahen Freund vergleichen und daraus die einen oder anderen Schlüsse ziehen.
Franz Marc (1880–1916): Blaues Pferd II, 1911. Öl auf Leinwand, 113 x 86 cm. Kunstmuseum Bern, Stiftung Othmar Huber, Bern
Dass in den Sammlungen sowohl des Zentrums Paul Klee als auch des Kunstmuseums Bern eine nicht geringe Menge von Werken dieses Künstlerkreises vorhanden sind, hat die Konzeption der Ausstellung wohl wesentlich erleichtert. Doch die Kuratorin Fabienne Eggelhöfer kann auch auf eine ansehnliche Zahl von Leihgaben zugreifen, zum Teil auch aus im Kunstmuseum deponierten öffentlichen und privaten Sammlungen. Ergänzt werden die thematisch gruppierten Bilder auch durch einige wenige, aber illustrative Plastiken. Was beim betrachtenden Durchstreifen der gegliederten Räume besonders auffällt, sind die vielen kleinformatigen Bilder. Weil sie nur von ganz nah betrachtet werden können, ermöglichen sie so eine Art intimer Begegnung. Das regt noch vermehrt zu einem vergleichenden Überlegen, Nachdenken und Verstehen an und erhöht den Genuss und Gewinn aus dieser vielseitigen Begegnung mit einer Kunst, welche sich auf die Lebenszeit eines Freundeskreises bezieht, gleichzeitig aber auch auf Möglichkeiten einer von Umbruch geprägten kunst- und zeithistorischen Epoche, die von diesen Freundinnen und Freunden wahrgenommen werden.
August Macke (1887–1914): Mann mit Esel (Tunis), 1914. Aquarell auf Papier, 26,6 x 20,8 cm. Kunstmuseum Bern
Paul Klee (1879–1940): Laterne in d. Stadt, 1912, 72. Aquarell, Feder und Bleistift auf Papier auf Karton, 12,9 x 16,2/15,6 cm. Zentrum Paul Klee, Bern, Leihgabe aus Privatbesitz
Pablo Picasso (1881–1973): Tête de jeune fille, 1929. Öl auf Leinwand, 61 x 38 cm. Hermann und Margrit Rupf-Stiftung, Kunstmuseum Bern. © Succession Picasso / 2019 ProLitteris, Zürich
Wassily Kandinsky (1866–1944): Leichte Konstruktion, 1940. Öl auf Leinwand, 72,5 x 50 cm. Hermann und Margrit Rupf-Stiftung, Kunstmuseum Bern
Kandinskys wirklich ätherisch leicht und spielerisch konstruiertes Werk dient zugleich als Ausstellungsplakat. Überhaupt scheint das beschwingte und oft trotz aller intensiven Farbe wie beim hier abgebildeten Gemälde von Sophie Taeuber-Arp oder «Mann mit Esel» von August Macke zartbewegte, schwerelose Element in den Werken dieser Zeit und dieser Freunde eines der Hauptmerkmale zu sein. Das kommt mindestens in der weitgefassten Schau dieser Ausstellung zur Geltung.
Sophie Taeuber-Arp (1889–1943): Sechs Räume mit vier kleinen Kreuzen, 1932. Öl auf Leinwand, 65 x 100 cm. Kunstmuseum Bern, Schenkung Marguerite Arp-Hagenbach, Meudon
Ausstellung offen bis am 1. September 2019