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Schlagzeilen und Schlagwörter

Mit Schlagzeilen fängt man Lesende, und Schlagwörter lassen aufmerken. Zum Beispiel die Fluglärmgegner. Und das sind wir doch alle.

 

«Musikchef aus der Agglo spielt Hits von Weltformat» heisst der grosse Titel über einem fast Seiten füllenden Artikel. Und dann? Wird da ein neues, bisher unbekanntes Talent vorgestellt? Wird der nächste ESC, der Liederwettbewerb, in der Region durchgeführt? Mitnichten. Der «Musikchef» ist Moderator bei einem Privatradio. Das heisst – und das wird ganz genau erklärt – er drückt einen Regler nach unten, dann einen Knopf und dann ertönen die Weltformathits.

 

Ich wüsste die nächste Schlagzeile: Junge Mutter hört Hits von Weltformat. Sorry. da will eine Zeitung seine Kundschaft doch einfach für dumm verkaufen. Solche Schlagzeilen sind nur eines: tiefste Provinz.

 

«Volksgesundheit in trockenen Tüchern» ist dagegen eine eher kryptische Überschrift. Klar, es muss um irgendwas mit Wasser gehen. Baden oder Kneippen oder sich im Morgentau wälzen.Wo sonst werden trockene Tücher gebraucht zur Erhaltung der Volksgesundheit? «Ist doch nur eine Redensart», mag man jetzt einwenden. Aber auch die sollte passen. «Den Schirm zu machen» steht ja auch nicht über einer Wetterprognose. Oder «Gas geben» über, um bei der Volksgesundheit zu bleiben, einem Text zur Behebung von Darmproblemen. Und die frisch gewindelte Volksgesundheit? Ist die Überschrift zu einem Beitrag über einen Vitaparcours.

 

«Fluglärmgegner» ist ein Begriff, den man immer wieder liest. Und sich fragt: Sind wir das nicht alle? Oder gibt es auch Fluglärmfans? Fluglärmgeniesser? Oder müsste es nicht besser heissen: Gegner der Ost/West/Nord/Südanflüge? Wenigstens so lange, bis die ganz, ganz leisen Flüsterjets erfunden sind.

 

Wer wäre interessiert an einem neuen Hobby? Da wird nämlich «Bücherfalzen» als attraktives Kursthema angeboten. Ich stelle mir das so vor: Zuerst mindestens ein halbes Jahre intensives Krafttraining, mit entsprechender Ernährung natürlich. Und dann, muskelstrotzend, ein Buch nehmen und dieses zu einem Schiffli falten. Oder eben falzen. Dann dürfen noch Pressen oder ein Falzbein verwendet werden. Weicheier können natürlich auch mit einzelnen Buchseiten beginnen. Oder Papierbahnen so falzen, dass später daraus ein Buch hergestellt werden kann.

 

«Er fing an, Nahrung zu essen.» Da ist etwas zuviel. Also nicht kalorienmässig, aber sprachlich. Entweder isst man oder man nimmt Nahrung zu sich. Man ernährt sich oder man isst. Ich ernähre mich mit Essen, sagt ja auch keiner.

 

Falsche Wortwahl oder Wörter, die es schlicht gar nicht gibt, sind für aufmerksame Leser immer wieder ein Ärgernis. Drei Beispiele zum Schluss: Ein Markt am Samstag soll auch für Berufstätige «besuchbar» sein. Wahrscheinlich gibt es dort dann kaufbares Gemüse und mitnehmbare Bratwürste.

 

«Sie war als Kind auffällig intelligent.» Stimmt so sicher nicht. Ein Kind kann auffällig sein – das kommt bei Eltern und Lehrerschaft nicht so gut an. Oder es ist auffallend intelligent. Das ist dann schon besser.

 

«Ein Fest in persönlichem Rahmen» – was ist das? Ich und eine Flasche Wein? Gemeint ist wohl eher «im privaten Rahmen». Also kein Fest, zu dem jeder kommen kann. Zeitungsartikel sind immer öffentlich. Sie können aber, sind sie schlecht geschrieben, schnell «unpersönlich» werden. Das heisst, keiner will sie mehr lesen.

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