FrontKolumnenausser Rand und Band...

ausser Rand und Band…

Wie soll man einer unflätigen Spassgesellschaft beikommen, welche die Erholungsgebiete rund um Zürichs Seebecken regelmässig mit Unrat zumüllt und die Ordnungshüter als Freiwild betrachtet?

Spätestens an den ersten frühlingshaften Wochenenden des Jahres beschlagnahmen jugendliche Horden aus Nah und Fern den hintersten Grünzipfel der Seeanlagen mit ihren Bier-Sixpacks, Wegwerf-Grills, Camping-Gerätschaften und übersteuerten Radio-Boosters, um derart auf den Putz zu hauen, dass es regelmässig zu Pöbeleien und Ausschreitungen kommt.

Doch so richtig Spass scheint es den zunehmend alkoholisierten und bekifften Partygängern jeweils erst dann zu machen, wenn Container brennen und die herbeigerufene Polizei die Krawallbereitschaft einzudämmen versucht und bemüht ist, diejenigen zu besänftigen, die noch ansprechbar sind und sich an einen Hauch von Kinderstube erinnern. Es fliegen regelmässig Steine, Flaschen und Gartenstühle gegen die Obrigkeit, und alles Brennbare wird in Flammen gesetzt, bis halt wieder das ewige Ritual mit Gummischrot, Wasserwerfern und Tränengas die benebelten Chaoten zur Vernunft zwingen soll.

Es macht schon nachdenklich, wenn die Polizei – Bürger, Väter und Mütter wie Sie und ich – nasskalte Wochenenden herbeisehnen, weil sie sonst wieder in martialischer Kleidung Pikett stehen müssen, um der eskalierenden Gewalt die Stirn zu bieten. Es schreit eigentlich ja schon zum Himmel, dass die Ordnungskräfte vor und nach fast jedem Fussballspiel in Wehrbereitschaft die Saubannerzüge in Schach halten müssen, um noch Schlimmeres als zugemüllte und sabotierte SBB-Züge zu verhindern.

Keine Rezepte gegen die Wohlstandsverwahrlosung

Kann die Lösung der Probleme eine flächendeckende Überwachung sein? Kameras an jeder tangierten Strassenecke und an der Zürcher Seepromenade? Die Heisssporne haben sich mit immer raffinierteren Vermummungen schon lange weitgehend Anonymität zugeschanzt und können nur in Einzelfällen eruiert werden. Da helfen auch die Bodycams der Polizei herzlich wenig. Dass das Vermummungsverbot nicht – endlich, endlich – konsequent durchgesetzt wird, machen die provozierten Scharmützel erst recht zum Katz- und Mausspiel, wo sich die Feigheit in der Anonymität immer unverfrorener Bahn bricht.

Wenn die USA nun daran gehen, die Lehrkräfte mit Waffen auszurüsten, um den Amokläufen zuvorzukommen, dann ist das eine trügerische Sicherheit und lässt die Gewaltbereitschaft wohl erst recht eskalieren. England und Deutschland konnten die Hooliganszene durch konsequentes und frühzeitiges Ahnden weitgehend neutralisieren und die Randale im Keime ersticken, obwohl dort 60’000 bis 80’000 in die grossen Fussballarenen pilgern. Warum nicht bei uns? Die Samthandschule haben nur das Gegenteil bewirkt, die Laissez-faire-Toleranz ist gescheitert.

Ist Jeremias Gotthelfs Aufforderung „Im Hause muss beginnen, was leuchten soll im Vaterland“ nur noch ewiggestriges Moralin? Die Leuchtpetarden und die Pyrofackeln hat er damit sicher nicht gemeint. Aber solange Kinder und Jugendliche sich weitgehend selbst überlassen sind, sie die notwendige Nestwärme einer saturierten Elternschaft vermissen und ihre Hilferufe überhört werden, solange wird sich eine sinnlose Rebellion gegen jede Obrigkeit fortsetzen – Überwachungskameras hin oder her.

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