FrontLebensartWeitwandern im Herzen des Périgord

Weitwandern im Herzen des Périgord

Die Bezeichnungen Périgord noir und Périgord blanc sind Namen, welche diese Region im Südwesten von Frankreich nach ihren Besonderheiten benennen. Das bekannte Wanderland liegt an der Dordogne rund um Sarlat-la-Canéda.

Die Farbe schwarz hebt die dunklen Steineichenwälder mit den Trüffeln hervor. Im Zentrum liegt das weisse Périgord mit seinen Kalksteinfelsen und hellen Getreidefeldern. Den Norden nennt man den grünen Teil. Bleibt das rote rund um Bergerac im Südwesten als Gebiet bekannter Weine.


An der Dordogne: Spiel von Sonne und Schatten

Um eine weitere Unklarheit zu vermeiden – der Hauptfluss des Périgord ist die Dordogne, nach der das Département administrativ auch benannt ist. Und nicht zuletzt stammt der berühmte Chef de Police Bruno, Held der bekannten Kriminalromane von Martin Walker, aus dieser Region.


Die eindrucksvolle Dordogne mäandert zwischen Burgen und Städtchen.

La France profonde – das ursprüngliche, ländliche Frankreich, wo die Zeit zwischen der Bar de la Poste, dem Gefallenendenkmal und der Mairie stehengeblieben ist – hier im Périgord existiert es noch. Die Region ist nicht nur seit der frühesten Prähistorie einmalig geschichtsträchtig, auch heute noch begegnen einem die Zeugnisse aus bewegten Zeiten auf Schritt und Tritt.

Sarlat: intaktes Stadtbild – touristisches Zentrum der Region

Doch wir sind zum Wandern da. Unser Start ist in Sarlat. Die Stadt mit ihrem mittelalterlichen Stadtbild aus dem 13. bis 16. Jahrhundert vermittelt noch immer den Charme des Ancien Régime. Berühmt ist ihr Bauernmarkt am Samstag. Für uns Wanderer nur von ästhetischer Bedeutung, da wir keine schweren Gläser mit eingemachten Herrlichkeiten wie Gänseleberspezialitäten, Entenleber oder Ziegenkäse mitschleppen können.
Unser Tagesziel heute ist Domme, eine befestigte Kleinstadt in exponierter Lage auf einem Felsen 150 Meter hoch über der Dordogne. Sie war im Hundertjährigen Krieg gegen die Engländer (1337 – 1453) wichtig, wie die vielen Burgen in der Gegend.

In der „Porte des Tours“ liess 1307 der französische König 70 Tempelritter als Ketzer angeklagt grausam verhungern.

Die ockerfarbigen Steinhäuser, blumenreiche Gärten und eine gut erhaltene Ringmauer verlocken zu einem Rundgang, der auf der Esplanade seinen Höhepunkt findet. Im gleichnamigen Hotel sind wir untergebracht, Zimmer und Essen sind ausgezeichnet. Kurz nach Sonnenaufgang bleibt der Blick hinunter zur Dordogne unvergessen.

Ein Licht wie am ersten Schöpfungstag – unten liegt die Dordogne in Richtung Beynac.

Am zweiten Wandertag geht es bei schönstem Wetter hinunter zur Dordogne, dann durch Walnussgärten und einen märchenhaften Wald bergauf nach St. Julien mit einer gotischen Kapelle und einem Friedhof unter alten Bäumen. Nun weiter durch den Wald wieder zum Fluss hinab und plötzlich stehen wir am Fuss von Städtchen und Schloss Castelnaud.

Château Castelnaud – meistbesuchte Burg in Südwestfrankreich – bekannt als Museum für mittelalterliche Kriegsmaschinen

Ein paar Kilometer weiter entlang der Dordogne, unter der Eisenbahnbrücke hindurch und wir sind im pittoresken Dorf Beynac mit der über den Häusern thronenden Burg. Wie könnte es auch anders sein, im Hundertjährigen Krieg wechselten die beiden gegenüber liegenden Festungen mehrmals von der französischen zur englischen Krone und umgekehrt. Unser heutiges Ziel ist La Roque-Gageac, ebenso malerisch zwischen steiler Felswand und Fluss. Wir wissen, heute ist der letzte sonnige Abend.


Frühstück mit Blick in den regennassen Hinterhof des Hotels.

Berühmt für die reizvolle Lage am Fuss einer hoch aufragenden, nach Süden ausgerichteten Felsklippe und mit nahezu mediterranem Klima ausgezeichnet weist uns das als eines der schönsten Dörfer Frankreichs klassifizierte architektonische Juwel schnöde die regennasse Schulter.

La Roque-Gageac: Häuser, Höhlenfestung und Kirche sind eng an die Felswand gebaut.

Obwohl Teil eines der schönsten Abschnitte des Dordogne-Tals gibt es hier keinen öffentlichen Verkehr. Camper, Kanuten und Autotouristen überfluten im Sommer die Gegend. Für Wanderer bleibt nichts als weiter zu wandern. An diesem verregneten Tag zieht es uns in die Höhe, hinaus aus dem Tal. Als Tagesziel wählen wir den Park des Schlosses Marqueyssac.


Château de Marqueyssac

Das Schloss wurde Ende des 18. Jahrhunderts als Lustschloss errichtet, umrahmt von einem der schönsten französischen Parkanlagen im italienischen Stil. Sie erstreckt sich über mehr als sechs Kilometer. Schattige Spazierwege, ziehen sich entlang 150‘000 kunstvoll von Hand geschnittener Buchsbäumchen. Geschwungene Alleen, Aussichtsplätze und Steingärten runden die künstlich angelegte Landschaft ab. Der Ursprung der Parkanlagen beruht auf der Schule des berühmten Gartenarchitekten André Le Nôtre, der auch den Park des Schlosses Versailles gestaltet hat.


Und wirklich ist der Buchsbaum an diesem Ort allgegenwärtig und sogar überall zu riechen, vor allem an einem Regentag, wo grüne Farbtöne intensiver leuchten.

Auch für die nächsten Tage ist Regen angesagt. Wir nehmen ein Taxi und lassen uns zu einem weiteren Höhepunkt des Périgords fahren: ins Tal des Cro Magnon-Menschen. Die Region um Les Eyzies de Taynac, gilt als eines der kulturellen Zentren der frühen Menschheitsgeschichte. Gruppen von Jägern und Sammlern streiften schon vor 30‘000 Jahren durch das Tal der Vézère, rasteten unter ausladenden Felsvorsprüngen und brachten Bemalungen in Höhlen an. Zwei dürfen heute noch besucht werden – sehr eingeschränkt zwar. Praktisch alle anderen prähistorischen Höhlen sind nur noch als naturgetreue Nachbauten zu bewundern. Wir aber suchen das authentische Erlebnis und ja, in den Höhlen bleibt man sicher trocken.

Die erste Höhle, der Font-de-Gaume, liegt nur etwas mehr als einen Kilometer östlich von Les Eyzies oben in einer langen und hohen Felswand. Mit ihren polychromen Malereien aus der Zeit des Magdalénien (18.000 – 12.000 v.Chr.) gehört sie zu den bedeutendsten Bilderhöhlen der Frankokantabrischen Höhlenkunst. Sie ist zugleich die letzte noch öffentlich zugängliche Höhle mit mehrfarbiger Bemalung aus dem Jungpaläolithikum. Es empfiehlt sich, am besten vor 9 Uhr an der Kasse anzustehen, damit man an einer Führung in kleinen Gruppen teilnehmen kann. In der Hauptsaison gibt es lange Wartezeiten oder allenfalls keine Tickets mehr für dieses UNESCO-Welterbe.


Bison aus der Höhle „Font-de Gaume“ nahe von Les Eyzies

Die Höhle präsentiert sich als ein zwei bis drei Meter breiter Gang, 125 Meter lang, der eine Höhe bis zu acht Meter erreicht. Man kann heute nur Vermutungen anstellen über die Bedeutung der Malereien. Eine der plausibelsten ist, die Jäger der Steinzeit hätten darin ihrer Faszination über die wilden Tiere künstlerischen Ausdruck gegeben, mit denen sie ja nahe zusammenlebten und von denen sie lebten: sie hätten also ihre Stärke, Schnelligkeit und Schönheit gefeiert. Auch wenn die Besucher die Höhle heute nicht mehr im Schein der Fackeln erleben können – der Besuch ist beeindruckend und berührend

Die zweite Höhle Les Combarelles liegt zwei Kilometer weiter in der gleichen Richtung ebenfalls an der D48. Hier sind hauptsächlich Ritzzeichnungen zu sehen, wiederum meist Tierdarstellungen. In der manchmal sehr engen Höhle bleibt man so Aug in Aug mit Rentieren, Bären, Grosskatzen und Mammuts. Die Besucherzahl ist auch hier sehr beschränkt. Es empfiehlt sich ein Kombiticket.

In Les Eyzies befindet sich auch das neu organisierte „Nationale Museum der Urzeit“ mit sehr aufschlussreichen Funden und Darstellungen von Lebensweisen des ebenfalls wandernden prähistorischen Homo Sapiens und des Neandertalers.

Fotos: © Justin Koller
Hinweise für das Périgord

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