StartseiteMagazinGesellschaftDie New Yorkerin aus Bern

Die New Yorkerin aus Bern

Linda Geiser und ihr spannender Auftritt im Buch von Gabriela Kaegi und Heinz Stalder

Was für eine Frau! Was für ein Buch! Was für ein Lesevergnügen, besonders wenn man viele Personen persönlich oder mindestens deren Namen kennt, die als Autorinnen und Autoren mitwirken oder erwähnt werden; eingeschlossen Linda Geiser selbst, ihre Schwester und, von früherer beruflicher Tätigkeit her, auch ihren Vater.

Gabriela Kaegi, als Musik- und Kulturjournalistin beim Schweizer Fernsehen bestens bekannt, und Heinz Stalder, vielfach erfolgreicher Autor, haben sich anfangs mehr oder weniger zufällig zusammengefunden und gemeinsam der vielseitigen Künstlerin und international tätigen Schweizer Schauspielerin Linda Geiser zu einer Hommage verholfen, deren Titel Auftritt Linda Geiser für sich selber spricht. Es ist weit mehr als eine Biografie geworden, sogar anders und mehr als das, was man in der biografischen Literatur noch als «Portrait» bezeichnen würde. Aus den Seiten des Buchs, aus den Sätzen, die Linda Geiser in ihren von Gabriela Kaegi zurückhaltend angeregten Erzählungen spricht, tritt eine so liebenswürdige wie entschiedene Persönlichkeit hervor. Eine Frau, eine Freundin, Kollegin, Künstlerin und betriebsam positiv den Alltag und dessen Widerwärtigkeiten meisternde Gestalt voller menschlicher Wärme gegenüber Fremd und Bekannt, Mann oder Frau, Mensch oder Tier. Ein Mensch, der sich von keinen Enttäuschungen und Rückschlägen die Freude am Leben verderben, sich aber auch nicht von Hohlem oder gar Falschem verführen lässt.

Auf 397 Seiten insgesamt (inklusive u.a. Liste der Stipendiaten) liegt die Dokumentation eines vielseitigen, von mancherlei Anregungen, Eindrücken und Einflüssen bestimmten und geprägten Lebens vor. Die Erzählungen von Linda Geiser werden von Gabriela Kaegi auf eine sublime Weise mitgeschnitten, ohne dass man den Eindruck gewinnt, eine redigierte Fassung zu lesen. Alles klingt spontan. Mit kursiv gedruckten Einwürfen wird der Text auch immer wieder mit dem Jetzt und Hier verknüpft, was jederzeit packend authentisch wirkt. Heinz Stalder steuert vor allem Kommentare und erläuternde Beiträge bei. Seine Beschreibungen schaffen dem Erzählten Relief und Raum. Fettgedruckt unterbrechen immer wieder Zitateinschübe von wenigen Zeilen bis selten einer Seite Umfang die Texte. Sie stammen von Verwandten, von Freundinnen und Freunden, Verehrern und Verehrerinnen, Kollegen und Kolleginnen, alle mit Namen dokumentiert. Besonders sensibel, jedoch knapp und mehr einem momentanen Lichtschein vergleichbar, illustrieren Auszüge aus Lindas Briefen an die Schwester die Erzählungen und verstärken den Eindruck von Spontanität und Lebensnähe, zeugen aber auch davon, wie stark die New Yorkerin mit ihrer Familie und ihrer Heimat verbunden bleibt.

So gewinnt man den Eindruck, dass man wohl selten bei einer Künstlerin so wenig Ungekünsteltem begegnen kann wie hier. In Auftritt Linda Geiser zeigt sich unverkennbar ein warmherziger und selbstbewusster Mensch und kein Wesen, das versucht, partout eine wirkungsvolle Rolle zu spielen. Diesen Eindruck vermitteln auch die eingestreuten «Fotoschachteln» aus Linda Geisers umfangreichen Archiven, mit wenig Kommentaren zusammengestellt, für sich selber sprechend und bildhaft das «Red House» in New York und seine Bewohner nahebringend.

Denn das Red House ist nicht nur für Linda Geiser, sondern für eine grosse Zahl von zeitweiligen Aufenthaltern zu einem Symbol geworden. Vor allem Stadt und Kanton Bern ermöglichten von 1982 bis 2018 über 150 Stipendiaten aus der Kunst- und Kulturszene einen Aufenthalt bei Linda Geiser im Red House. Zu ihnen gehören eine respektable Zahl von heute berühmten Namen, auch Gabriela Kaegi (1990) und Heinz Stalder (1996). Linda Geiser lässt es sich zeitweise auch nicht nehmen, Frauengruppen aus der Schweiz zu den Sehenswürdigkeiten New Yorks zu führen.

Das Buch, erschienen 2019.

Linda Geiser hat am Berner Atelier Theater als Sechszehnjährige bei Adolph Spalinger ihre Karriere als Schauspielerin begonnen. Bekannt geworden ist sie vor allem in Die sechs Kummerbuben als Mutter Kummer. Es folgten markante Rollen in den Schweizer Gotthelf-Filmen und dann vor allem ihre Darstellung der Madame Blanc in der beinahe endlosen, sehr erfolgreichen Serie Lüthi und Blanc. Dafür flog sie jeweils von New York an die Dreharbeiten in der Schweiz. Verpflichtungen unter anderem in Hamburg und Berlin brachten ihr internationale Anerkennung als Schauspielerin auf der Bühne. In der USA-Filmszene hat sie erfolgreich mit namhaften Regisseuren, Schauspielern und Produzenten des amerikanischen Films zusammengearbeitet. An jeder ihrer Wirkungsstätten hat sie Freundinnen und auch Freunde gefunden. Bezeichnend in diesem Zusammenhang ist das Wort von Dinah Hinz aus einem im Buch enthaltenen Interview von Gabriela Kaegi: «Wichtig sind ihr die Freunde, an Komfort oder Luxus braucht sie wenig.» Wie zutreffend diese Charakterisierung ist, zeigen fast alle Seiten dieses Buchs.

Linda Geiser hat jeden Anlass wahrgenommen, um tätig zu werden. Neben den Engagements auf Bühnen und Filmsets hat sie Schmuck hergestellt, Bilder gemalt und Gegenstände hergestellt, deren Spektrum von Kunst bis nahe zum Kitsch reichen, aber in letzterer Form immer noch von solidem Kunsthandwerk zeugen. Sie hat jede Gelegenheit, Geld zu verdienen, mit ehrlicher Offenheit und Aufgeschlossenheit ergriffen – als Besitzerin eines recht alten, grossen Hauses war sie auch darauf angewiesen. Schmunzelnd erzählt sie vom einträglichen Synchronisieren von Pornofilmen. Solche seien allerdings seinerzeit viel harmloser gewesen als die häufigen Sexszenen in gegenwärtigen Unterhaltungsfilmen.

2018 verkauft Linda Geiser das Red House, eine schmerzvolle Angelegenheit. Sie wohnt jedoch weiter in New York. Ihre Freundinnen und Freunde dort und in Europa, die sie immer wieder besuchen, werden es ihr danken. So herzlich und engagiert, wie am Schluss des Buches es schon einige von ihnen auch schriftlich getan haben. So wie es auch begeisterte Leserinnen und Leser dieses vielseitigen und einfühlsamen Buches tun mögen.

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