StartseiteMagazinKolumnenZältli für Kinder, Zelte für Senioren

Zältli für Kinder, Zelte für Senioren

„Grosi (75) muss ins Gefängnis.“ So titelte der „Blick“ kürzlich. Es gibt bloss noch eine einzige Form der Diskriminierung – jene des Alters. „Schwuler rast durchs Quartier“. Was wäre nach dieser Schlagzeile zu erwarten? „Jagt ihn, stellt ihn an den Pranger“, so würde man den Verfasser zerstückeln. „Klau-Kosovare knackt Kirchen-Kollekte“, „Lesbe wird Gemeindepräsidentin“, „Sozialhilfe-Empfängerin wirft Pyros“. Solche Überschriften seien menschenverachtend und inakzeptabel, bekäme die Autorin zu hören.

Und jetzt rechtsumkehrt: „Opa holt Büsi vom Baum“, „Rentnerin crasht gegen Laternenpfahl“, „Oma radelt mit dem Velo nach Sibirien“. Das ist gängige Medienpraxis. Wer das vermeintliche Verfalldatum für Seriosität überschritten hat, bekommt ein Etikett verpasst, auf dem in altdeutscher Schrift mal „härzig“, mal „senil“ draufsteht.

So, das war der allgemeinbildende Teil. Jetzt folgt die Vertiefung durch die Praxis. Ob man will oder nicht: Im Restaurant, beim Warten oder unterwegs bekommt man einiges mit, das nicht für einen bestimmt ist. Ich kann meine Ohren ja nicht verschliessen. Und Ohropax, nein, das geht nicht. Unhöflich ist die unfreiwillige Lauscherei nicht. Wenn schon sollten sich jene an den Ohren ziehen, die ihre Umgebung ungebetenerweise mit Intimitäten versorgen.

Nämlich: Ich sitze im Zug von Bern nach Zürich. Der Wagen ist wie so oft überfüllt. Neben mir unterhalten sich zwei Sitznachbarinnen, vermutlich Pflegefachfrauen. „Da hat der alte Mann das Fieberzäpfli geschluckt“, höre ich die eine sagen.

Nun haben wir die zwei Schlüsselwörter: Alt und Zäpfli. Und erkennen diese Kombination als diskriminierend. Denn die Verkleinerungsform, eben Zäpfli, ist ausschliesslich für Kinder bestimmt. Kinder, und nur Kinder, erhalten Schöggeli, Zältli, Täfeli, Öpfeli, Schüehli, Chäppeli, Pilleli. Erwachsene hingegen bekommen Schokolade, Kappen und Schuhe. Den Senioren schliesslich gibt man keine Zältli, sondern Zelte, und wenn sie krank sind versorgt man sie nicht mit Pilleli, sondern mit Pillen. Oder statt mit Zäpfli mit Zapfen. Der Gedanke, dass man mich mit Fieberzapfen kuriert, verfolgt mich den ganzen Tag.

***

Peter Steiger (73) war viele Jahre Redaktor bei der Berner Zeitung, vor allem Lokales und Kultur, und lebt in Bern. Jahrelang war er als Bänkelsänger unterwegs. Dabei entdeckte er seine Liebe zum Theater und verfasste ein gutes Dutzend Bühnenstücke. Die Seniorweb-Redaktion heisst Peter Steiger im Kreis der regelmässigen Mitschreiber herzlich willkommen. 

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