StartseiteMagazinDigitalYves Netzhammer – Mensch und Maschine

Yves Netzhammer – Mensch und Maschine

Netzhammer 2006

Während das Kunstmuseum Winterthur eine Installation Netzhammers von 2006 zeigt, sind in der Graphischen Sammlung der ETH Arbeiten ausgestellt, die in Kooperation zwischen Yves Netzhammer und der Professur für Architektur und Digitale Fabrikation, Gramazio Kohler Research, am Departement Architektur entstanden sind.

Der Schaffhauser Künstler Yves Netzhammer setzt sich künstlerisch seit langem mit der digitalen Welt auseinander. Sein zeichnerisches Werk entsteht mit der Computermaus auf dem Bildschirm, er erforscht die erweiterten Möglichkeiten der Multimedia-Anwendungen und der 3D-Computeranimation und untersucht Anwendungen der Künstlichen Intelligenz für sein Anliegen, die Grenzen und Überschreitungen zwischen realer und virtueller Welt in seinen Arbeiten sichtbar zu machen.

Vernissage in der Graphischen Sammlung der ETH: Der zeichnende Roboter fasziniert.

Ein Glücksfall, dass nun in Winterthur und Zürich Installationen von Netzhammer gleichzeitig besichtigt und studiert werden können. Einmal die bahnbrechende Arbeit Nistplätze für Berührungen, einmal eine aktuelle Zusammenarbeit des Künstlers mit Gramazio Kohler Research im Rahmen der Graphischen Sammlung der ETH. Anderthalb Jahre dauerte es, bis stolz verkündet werden kann, dass an der ETH zeitgenössische Kunst entsteht und erst noch in einer Kooperation zwischen Forscher und Künstler und vor allem hier und jetzt.

netzhammer ETH roboter

Ansicht des zeichnenden Roboters im Arch-Tec-Lab mit einer «Zeichnung» nach einem Motiv von Yves Netzhammer, 2019 © Yves Netzhammer / Gramazio Kohler Research, ETH Zürich; Foto: Michael Lyrenmann

Yves Netzhammer zeigte, als der Diskurs vor anderthalb Jahren einsetzte, grosses Interesse an Robotik. Optisch war er mit seinen luftdruckanimierten oder seinen mittels einem 3D-Computerprogramm erstellten Figuren nicht weit davon entfernt. Im Departement Architektur kristallisierte sich heraus, in welche Richtung es gehen könnte. Bald war die Linie, Grundlage des Zeichnens, dreidimensional als Faden oder Schnur als eine Art Maldüse für Roboterarme gefunden. Monatelange Tüfteleien folgten, bis die Ideen des Künstlers und jene der Forscher umgesetzt werden konnten. Aber nun funktioniert die Präsentation mit dem Titel Gravitatorische Behauptungen. Yves Netzhammer/Gramazio Kohler Research:

Im Ausstellungsraum der Graphischen Sammlung zeichnen zwei Roboterarme mitten auf zwei schwarzen Riesentellern mit weisser Schnur ihr Muster: Nein, es geht nicht um Künstliche Intelligenz, die Roboter führen Befehle aus, die am Boden und in dem drüber montierten Gestell des Tellers die vorprogrammierte Zeichnung oder das Fadennetz konstruieren.

netzhammer ethz 2019Zwei Versionen einer «Zeichnung» nach einem Motiv von Yves Netzhammer, ausgeführt vom zeichnenden Roboter im Arch-Tec-Lab © Yves Netzhammer / Gramazio Kohler Research, ETH Zürich; Foto: Michael Lyrenmann

In der Haupthalle der ETH-Zentrum war ein schwarzer gigantischer Teppich mit einer Vielzahl von Zeichnungen aus Yves Netzhammers Arsenal, ausgeführt ebenfalls durch einen Roboter, rund eine Woche lang Anfang Dezember ausgelegt. Nun gibt es noch das Video, welches die Entstehung des Riesenteppichs im Zeitraffer dokumentiert.

Ausserdem wird der Roboter-Netzhammer von einer Serie von Zeichnungen und Grafik begleitet, darunter eine Edition, die Netzhammer gemeinsam mit dem Drucker Arno Hassler für den Anlass herausgegeben hat. Da es sein erster Versuch mit Tiefdruck ist, zeigt der Künstler auch das, was nebst der Neunerserie bei diesen Übungen entstanden ist.

Auch bei den roboterunterstützten Werken ist die grafisch klare, auf den ersten Blick fast naive und immer auch verstörende Ikonographie wiederzufinden, die Yves Netzhammer seit Jahren permutiert. Diese Hybrid-Lebewesen sind minimalistische Figuren, die der Künstler organischen oder auch künstlichen Formen nachempfindet. Fast wie eine Erklärung zu der neuen Arbeit in der ETH ist die Arbeit «Nistplätze für Berührungen» von 2006, welche zur Zeit im Kunstmuseum Winterthur zu sehen ist. Die Installation war einst im Museum Rietberg ausgestellt worden und kam jetzt als Schenkung ans Kunstmuseum Winterthur. Die Installation umfasst 150 Zeichnungen, die mit Überblendungen auf mit weissem Stoff bezogene Körper projiziert werden. Am Anfang und am Schluss der Zeile liegt je ein halber, ebenfalls weiss camouflierter Apfel.

Die «Nistplätze für Berührungen» als bewusste Irritation inmitten von Meisterwerken

In der Sammlung von Meisterwerken der Klassischen Moderne die das Haus zu bieten hat, füllt die Arbeit «Nistplätze für Berührungen» das Kabinetts mit Gemälden von Edgar Degas, Toulouse-Lautrec, Bonnard, Vuillard, Redon. Vier in der Raumdiagonalen stehende Kästen tragen weiss in weiss die halben Äpfel, die Scherben, den Schminkspiegel, die Amphore, die Schublade. Auf den letzten drei entstehen und vergehen 150 in einer endlosen Folge projizierte Strichzeichnungen, digital gezeichnet mit der Maus am Computer.

Eine der 150 Zeichnungen aus der Arbeit «Nistplätze für Berührungen»

Ganz simpel im Strich und so vertrackt oder beklemmend oder auch innig wechseln sie, erzeugen Bilder im Kopf, evozieren Geschichten über das Leben, die Natur, die Liebe, die Gewalt. Ein Dialog zu den Meisterwerken der Vergangenheit will sich nicht so recht einstellen, aber diese finden durch die magische Stimmung im Raum neue Aussagekraft. Die oft geschauten Werke werden mit neuer Energie aufgeladen.

Die Präsentation des Geschenks war für Yves Netzhammer Anlass, weitere Arbeiten in die Winterthurer Sammlung zu bringen, eine davon extra für den Raum mit der klassischen Moderne, wo Arbeiten von Alberto Giacometti, Paul Klee oder Magritte ausgestellt sind. Die leichtfüssig elegante Installation nimmt witzig und abgründig die Aura der Werke auf:

Auf vier Ballonen steht ein Gerüst, welches durch einen heliumgefüllten Ballon sowie zwei Miniprojektoren seine Stabilität findet. Die Projektoren werfen Zyklen von mit einem 3D-Programm generierten Figuren, Füssen, Händen, Totenköpfen, Gummibooten ohne Ruder undsoweiter auf den schwebenden Ballon und an die Wand, wobei in den akkurat geformten Projektionen Beziehungen zu möglichen Geschichten stecken könnten.

netzhammer objektarbeit 2019 winterthurObjektarbeit 2019 nennt Yves Netzhammer diese fragile und absurde Installation

Fotos (wenn nicht anders vermerkt) © R. Hänny

Die Präsentation im Kunstmuseum Winterthur ist bis zum 5. Januar 2020 zu sehen.
Die Ausstellung in der Graphischen Sammlung der ETH dauert bis zum 15. März, wobei sie vom 23. Dezember bis zum 5. Januar geschlossen bleibt.

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