Immer noch breitet sich das Virus weiter aus, zwar leicht gedämpft. Aber immer deutlicher sichtbar werden die Konsequenzen aus der Corona-Krise: Es wird immer stiller auf den Strassen, in den Städten, in den Büros und Industrieanlagen. Rund eine Million Arbeitnehmende sind oder gehen in Kurzarbeit. Eine Rezession scheint unvermeidlich. Selbst auf den Spazierwegen, wo zunehmend Joggerinnen und Jogger in ihren bunten Kleidern die Szene beherrschen und an einem im Einzellauf vorbeiflitzen, wird der Auflauf kleiner. Und auf den Pausenplätzen der Schulhäuser herrscht gar Totenstille, kein Spektakel, kein freudiges Herumbalgen und –rennen.
Abgespannt erwartet die Politik, die Öffentlichkeit die Ostertage. Wird es trotz Appellen einen Ansturm Richtung Süden geben? Werden die Ferienhaus-, Wohnungs- und Rustico-Besitzer den Appellen folgen und zu Hause bleiben? Und die Menschen, die nach Sonne und Wärme dürsten, werden sie es aushalten, die freie Zeit mehrheitlich in den eigenen vier Wänden zu verbringen?
Der Bundesrat hat die Bundeskasse noch weiter geöffnet: Zu den 20 Milliarden hat er weitere 20 Milliarden für Kredite an Unternehmen freigegeben, die er zu 85% absichern will. Und der 19. April rückt immer näher. Auf diesen Zeitpunkt hin will der Bundesrat entscheiden, wie es weiter geht: Noch mehr Stillstand oder Lockerung der so einschränkenden Massnahmen.
Was hat Vorrang? Die Gesundheit der Bevölkerung oder die Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Tätigkeiten, die wirtschaftlichen Kosten? Kurz: Gesundheit oder Wohlstand? Wer darf wieder seine Geschäfte öffnen, dürfen die Restaurateure zwar beschränkt, so doch Gäste empfangen, darf wieder gebaut, soll voll gearbeitet werden?
Oder wird der Bundesrat noch weitere Einschränkungen verordnen. Einschränkungen, weil der Höhepunkt der Krise noch aussteht? Kommt gar eine Maskenpflicht? Für die Menschen in den asiatischen Ländern ist das eine vornehme Verpflichtung den Mitmenschen gegenüber. Sie sind auch in Gesprächen, in geschäftlichen, auch in politischen Verhandlungen weit zurückhaltender als wir. Die Maske verhüllt noch mehr, was sie auch sonst nicht schnell preisgeben: Ihre Position, ihre innere Verfasstheit, ihre Gefühlswelt. Wir dagegen gehen auf die Menschen zu, gar Küsschen links und rechts und eines dazu, selbst auf der Ebene der hohen Politik. Wie uns die Wissenschaftler der Kommunikations-Wirkungsforschung vermitteln, kommuniziert der Mensch neben seiner sprachlichen Ausdrucksfähigkeit über rund 100 Ausdrucksdimensionen. Und die wichtigste Kommunikationsfläche ist das Gesicht, mit gegen 50 verschiedenen Ausdrucksdimensionen. Wir lesen im Gesicht, was der Mensch uns gegenüber denkt, fühlt und bewegt, sofern wir uns bewusst auf unser Gegenüber einlassen wollen oder können.
Es macht mir auch jetzt noch Mühe, das Trottoir zu verlassen, dem Entgegenkommenden auszuweichen, auf die andere Strassenseite zu gehen, um die Distanz zu wahren. In normalen Zeiten taten wir dies nur, wenn wir eine unerwünschte Begegnung unbedingt vermeiden wollten. Jetzt ist Norm, was damals mutlos, eigentlich verwerflich war. Es macht mir auch Mühe, auf Distanz zu kommunizieren. Ein intensives Gespräch leidet, eine ganzheitliche Kommunikation ist eingeschränkt, das gegenseitige Verständnis wird gestört. Kommt nun noch die Maske dazu, wird die Kommunikation noch stärker beeinträchtigt, noch mehr leidet das gegenseitige Verstehenwollen.
Die Maske passt im Gegensatz zu den asiatischen Völkern nicht zu unserer offenen Gesellschaft, zu unserer Kultur, unsere Kommunikationsgewohnheiten lässt sie nicht zu. Dennoch: Ich bin für das Tragen der Maske, wenn wir in der aktuellen Situation einkaufen gehen, öffentliche Verkehrsmittel benutzen, uns unter Menschen bewegen, auch wenn die Pflicht nur für die Risikogruppe gelten sollte.
Aber, und das ist wohl zentral für eine solche Entscheidung: Die entsprechende Maskenpflicht ist aufzuheben, wenn wir wieder normalen Zeiten entgegengehen. Was wir alle ja hoffen.