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Warum ist Werbung so blöd?

Sonnenuntergang mit Model für die Frauen. Auto mit Passstrasse für die Männer. Warum ist Werbung so einfältig? Hier, mit Umweg, die Antwort.

Stellen wir uns einen Werber vor. Allerdings soll er nicht Zahnpasta oder Rasenmäher verkaufen, sondern um Frauen werben. Unser Möchtegern-Casanova sitzt im Café, die zu umwerbende Dame nebenan. Zuerst versucht er es charmant mit Lächeln. Nützt nichts. Dann mit Zwinkern. Kein Erfolg. Er probierts mit „Hallo“. Null Reaktion. Er wird deutlicher: „He, Sie da!“. Sie blickt nicht auf. Er wird zudringlich, lauter. Sie wendet sich ab. Schliesslich steigt er auf den Tisch, trommelt mit den Fäusten auf die Brust, brüllt. Sie verlässt angewidert das Lokal.

So, genau so, ist die Werbung. Sie nervt. Sie ist unausstehlich. Wir wenden uns ab. Nicht jede Werbung ist so, aber viele, viel zu viele. Also sind die Werber schuld, diese saublöden Rüpel, die glauben, immer aufdringlicher und einfältiger sein zu müssen? Und die bloss Widerwillen ernten.

Nein, so ist es nicht. Um dies zu illustrieren, will ich eine kleine Geschichte erzählen. Ich war mal Texter in einer Werbeagentur. Wir betreuten eine Kosmetiklinie. Auf eine Gesichtscrème reagierten einzelne Frauen mit Hautreizungen. Das behinderte den Verkauf. Statt an der Rezeptur zu schrauben, beauftragte uns die Firma mit einer Werbekampagne.

Was wir entwarfen, weiss ich nicht mehr. Es wird wohl nicht die Kosmetikbranche umgepflügt haben. Doch nehmen wir mal an, wir hätten was wirklich Umwerfendes erdacht, originelle Fernsehspots, die in Erinnerung geblieben wären. Nämlich: Filmchen, bei denen sich garstige Figuren dank unserem Mittelchen vorteilhaft verändern. Der böse Wolf wird zum herzigen Bambi, der Teufel zum Engel, die hässliche Hexe zum liebreizenden Schneewittchen.

Diese Idee präsentieren wir unserem Auftraggeber, der Kosmetikfirma, dem Werbechef, dem Marketingboss, dem Verkaufsleiter und dem Oberhäuptling, dem CEO. Der Werbechef gibt sich als Kreativer und sagt: „Tolle Idee. Aber ein bisschen zu radikal. Könnte man nicht das Bambi durch Heidi Klum ersetzen?“ Der Marketingboss: „Origineller Vorschlag. Aber wir dürfen niemanden vor dem Kopf stossen. Statt hässlicher Figuren nehmen wir lieber nette Hausfrauen.“ Der Verkaufsleiter: „Sauglatter Gedanke. Aber wir müssen sympathisch rüberkommen. Wir machen besser was  mit viel Stimmung und einer schönen Frau.“ Der CEO: „Schon recht, dieser Einfall. Aber wir nehmen lieber ein Model mit Sonnenuntergang am Meer.“

Tja, so ist das mit der Werbung. Eigentlich sind sie ja gar nicht so blöd wie ihre Werbung, die Werber.

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5 Kommentare

  1. Ja da wird im Parlament depatiert um das Überspringen der Spots beim Retourschauen von Filmen! Warum wohl tut man das? Warum steigen die Abwaesser an wenn Werbung läuft? Dieser Blogg trift es genau! Ist ein Filmchen einmal lustig oder gar originell, so wird er uns so oft um die Ohren gehauen, dass es eben nicht mehr lustig ist. Da kommt mir ein Ex-Slogan des Mediamarkt in den Sinn. ICH BIN DOCH NICHT BLÖD

  2. Doch, doch, viele der heutigen Werber scheinen blöd zu sein, was sich an ihren Produkten zeigt. Allerdings kann man auch sagen, je blöder die Werbung, desto besser kommt sie beim (blöden) Publikum an. Man spricht dann über diesen Fernsehspot, wie dümmlich und eben blöd er herüber kommt. Da bleibt oft als einzig Positives nur ein mitleidiges Lächeln übrig. Was ich bei den Auftraggebern der Fernsehwerbung nicht verstehe, ist die Tatsache, dass sie das Ärgernis der Unterbrecherwerbung immer noch mitmachen und viel Geld dafür ausgeben. Merken die nicht, dass sie das Fernsehpublikum mehr verärgern als dass sie für ihr Produkt werben? Während den Werbeblocks geht man doch zum Kühlschrank oder zappt kurz auf andere Sender. Etwas gar dumm sind jene, die ihre Werbung sogar in kurzer Zeit mehrmals hintereinander über die Mattscheibe flimmern lassen. Dies bezeichne ich nicht mehr als Werbung, sondern als provokantes Ärgernis. Sowas hat mit Werbepsychologie nichts mehr zu tun.

  3. Ja, auch ich ärgere mich meistens an den sehr, sehr stumpfsinnigen Werbeblöcken. Das meiste, was uns da geboten wird, ist einfach nur primitiv, geschmacklos und blöd! Da stelle ich mir meistens den Ton ab, oder gleich den Fernseher, weil ich mich darüber nur aufrege. Oft merkt man ja fast nicht, um welches Produkt es da geht.

  4. Tja, werte Kommentatoren, da habt ihr schon recht. Aber ich bleibe dabei, die wirklichen Werbegrüsel sind die Auftraggeber.

    • Kann ja sein, aber die Werbefachleute machen für Geld jeden Blödsinn, der von den «Werbegrüseln» verlangt wird. Dabei könnte man erfolgreiche Werbung durchaus auch ohne Werbespezialisten aufbauen, wie z.B. die Bettwarenfabrik …

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