StartseiteMagazinGesellschaftDie rosarote Brille schützt vor Prügel

Die rosarote Brille schützt vor Prügel

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Das ist der Schluss der fünfteiligen Serie von Peter Steiger über ein halbes Jahrhundert Journalismus: Viel Arbeit, wenig Verdienst, viel Kritik. Und dennoch der schönste Job.

Viel Büez: Journalistinnen und Journalisten sind wohl die einzigen Arbeitnehmer, die sich gegen Arbeitszeitbeschränkungen wehren. Die Gewerkschaft Syndicom lancierte vor einigen Jahren einen Vorstoss um die Wochenstunden zu reglementieren und die Überzeit zu entschädigen. Die Anstrengungen verliefen im Sande. Die Mitglieder zeigten keinen Kampfgeist. Hinter dem Desinteresse steht auch Überheblichkeit. „Was wir tun, ist derart wichtig, dass man es nicht reglementieren darf.“

Wenig Verdienst. Journalismus ist einer der wenigen Berufe, die man ohne eine geregelte Ausbildung ausüben kann. Es gibt zwar Kurse und Lehrgänge, auch universitäre. Aber ein Abschluss ist nicht zwingend. Gerne vertauschen Lehrerinnen und Lehrer das Schulzimmer mit dem Grossraumbüro. Womit wir beim Verdienst sind. Er entspricht etwa dem, was Pädagogen erhalten – bernische, und die sind am unteren Rand der Schweizer Lehrerskala.

Untergegangene Zeitungen: Neue Zürcher Nachrichten NZN erschien bis 1991; Volksstimme (Wallis) bis 1961; Berner Landeszeitung bis 1922. Quelle: Schweizerische Nationalbibliothek

Viel Kritik. Wenn du lobst, bist du nach Ansicht des Gelobten ein profunder Sachkenner. Wenn du kritisierst, bist du in den Augen des Kritisierten ein unfähiger Ignorant. So einfach ist. das. Und weil sich auch Journalisten lieber streicheln als prügeln lassen, setzt man im Zweifelsfall lieber eine rosarote Brille auf. Allerdings, und das muss jetzt unter uns bleiben: Als Theaterkritiker einen währschaften Verriss zu schreiben, macht schon auch Spass.

Trotzdem. Viel Arbeit, wenig Lohn, viel Kritik – und dennoch der schönste Job. Ich habe in verschiedenen Branchen gearbeitet. Im News-Gewerbe war es am besten. Flache Hierarchien, viel Freiheit, man sieht am nächsten Morgen, was man geleistet hat. Zwar ist nichts so alt wie die Zeitung von gestern. Aber: Man hat ein kleines bisschen an einem jener ganz kleinen Rädchen mitgedreht, die die Welt bewegen. Naja: Der Bericht über das breitere Trottoir in Hintertupfligen ist schon ein sehr sehr kleines Rädchen.

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2 Kommentare

  1. Zu viel Büez: Tja, lieber Kollege, da bin ich nicht so sicher, ob du die Zurückhaltung richtig interpretierst. Ich erlebte dieselbe bei vielen Journalisten und Journalistinnen als nicht unbegründete Angst, den Job zu verlieren, wenn die Berufsorganisationen versuchten, bessere Arbeitsbedingungen zu erwirken. Und du und ich wissen ja: was ein Freier Journalist in den 70er und 80er Jahren für ganz gewöhnliche Aufträge als Honorar bekam, lag nominell, also in Franken etwa gleich hoch wie heute, mehr als eine Generation später. Nur konnte man damals mit 80 bis 120 Franken bei zweidrei Artikeln wöchentlich seine Lebenshaltungskosten decken. Heute leben freie Journalisten, die nicht noch für irgendwas PR machen oder sonstwie ihre Honorare aufbessern, praktisch immer unterm Existenzminimum – Ausnahmen von Starschreibern bestätigen die Regel.

  2. Ja,liebe Eva, da hast du wohl recht, der goldenen Glanz der Erinnerung hat mich wohl geblendet oder abgelenkt. Ich denke schon auch an die dunklen Stunden zurück. Als die Tränen beim Mai-Massaker der Tamedia flossen. Als der Chefredaktor mir sagte, dass das von mir geleitete Magazin zwar toll sei, aber jetzt eingestellt werde. Als der Umfang von 156 Seiten (Samstag, mit Stellenanzeiger) auf 28 Seiten schrumpfte … Glücklich ist, wer vergisst.

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