Auf der Bühne an der Effingerstrasse in Bern zwar nicht, doch vor dem PC daheim, auf bestem Platz: «Business Class» von Martin Suter.
Seit 1992 schreibt Martin Suter unter dem Titel Business Class Kolumnen; zuerst in der Weltwoche, dann im Tamedia Magazin und zuletzt auf seiner Homepage. In ironischem, oft sarkastischem Tonfall stellt er die interne Welt der Geschäftemacher, Karrieristen und der verschiedenen Managertypen dar, charakterisiert mit subtilem Witz deren abgehobene Eliteklasse und erreicht damit ein beifällig nickendes, manchmal schadenfreudiges, manchmal auch leicht neidisches, immer aber belustigtes, angeregtes Lesepublikum.
Markus Keller, künstlerischer Leiter des Theaters hat einzelne Schilderungen aus diesen Miniaturen von Martin Suter ausgewählt, die mit den gegenwärtigen gesellschaftlichen und menschlichen Situationen besonders trefflich übereinstimmen. Er verbindet sie mit einer eigenen Rahmenhandlung zu einem Zweipersonen-Stück. Kaspar Kilchenmann führt Filmregie; das Video wird produziert von Efentwell!, Concept and Creation Studio in Bern. Premiere des ersten Teils, rund eine halbe Stunde dauernd, war am 22. Mai. Das Video lässt sich jederzeit individuell über die Homepage des Theaters anschauen. Am 5. Juni wird der zweite Teil der Inszenierung folgen.
Markus Keller ist auch Regisseur der Handlung im zur Stimmung passenden Spielraum von Peter Aeschbacher. Mia Lüscher als Martina, strebsame Emporkömmling-Handelsfrau, und Gilles Tschudi, CEO in der Reisebranche, treffen sich zu zweit in der leeren Wartehalle eines Provinz-Flughafens irgendwo in China. Wann startet wohl der in Aussicht gestellte Rückflug nach Europa? Nicht nur die Masken, die sie erst tragen und dann im Verlauf des Gesprächs, das auch die zwischenmenschlichen Kontaktgrenzen immer mehr überwindet, wieder weglassen, weist auf den aktuellen Bezug der Rahmenhandlung hin. Es sind auch die vollkommen unverständlichen chinesisch-sprachigen Durchsagen und das Gespenstische der Leere des Saals – ein einziger Passagier bewegt sich im Hintergrund vorüber; seinen Namen hat man schon früher während einer dieser Durchsagen vernommen – für den quälenden Eindruck von Lockdown und Quarantäne verantwortlich. In diese beängstigende Enge und Isolation, diese unwirkliche örtliche und psychische Lage brechen private Telefongespräche und ein sich mehr und mehr entwickelnder Dialog der Rahmenhandlung zusammen mit den gegenseitig erzählten Erlebnissen ein – diese unzweifelhaft als Martin Suters Miniaturen aus Business Class erkennbar, witzig, peinlich, grotesk und gar nicht karrierefördernd.
Wie es auch auf der Bühne und im Video mit einer Fortsetzungsgeschichte gehen muss, so auch hier: Spannender könnten das Ende des ersten Teils und der Ausblick auf den zweiten kaum gestaltet sein! – Viel Vergnügen am Bildschirm!
Alle Bilder: Mia Lüscher und Gilles Tschudi. Bühne: Peter Aeschbacher, © Severin Nowacki
Aufführungen jederzeit individuell möglich!
Fortsetzung: Premieren am 12. und 26. Juni 2020, 20 Uhr.
Martin Suter, Business Class
Zum Video und zu zusätzlichen Informationen: DAS THEATER an der Effingerstrasse