StartseiteMagazinGesellschaftCoronakrise rückt UN-Entwicklungsziele in weite Ferne 

Coronakrise rückt UN-Entwicklungsziele in weite Ferne 

Mehr Armut und Gewalt, weniger Bildung und medizinische Versorgung – die Coronapandemie führt nicht nur akut, sondern auch langfristig zu drastischen Verschlechterungen für Kinder weltweit. 

 „Ohne umgehende Massnahmen zur Abfederung der Coronakrise für Familien und Kinder werden wir die UN-Entwicklungsziele bis 2030 nicht erreichen“, sagt Erika Dittli, Programmleiterin bei SOS-Kinderdorf Schweiz. „Familien, die es erst gerade geschafft haben. den Teufelskreis von Armut und mangelnder Bildung zu durchbrechen, droht ein herber Rückschlag.“ 

Dittli geht davon aus, dass Armut und Hunger im Zuge der Coronakrise drastisch steigen werden. Auch die Gewalt gegen Kinder nimmt in der Coronaisolation stetig zu, während die Möglichkeit, Bildung und medizinische Versorgung zu erhalten, weiter sinkt. Eine momentane Einschätzung der UN-Entwicklungsziele: 

Armut

Seit 1990 war die Zahl der Menschen, die in extremer Armut leben, von 36 auf zehn Prozent gesunken. „Aufgrund der weltweiten Wirtschaftskrise verlieren derzeit Millionen von Familien ihr einziges Einkommen und können nicht mehr angemessen für ihre Kinder sorgen“, betont Erika Dittli. Laut Schätzungen der ‹UN-University› wird die Zahl der Menschen in extremer Armut – je nach wirtschaftlicher Entwicklung – um 80 bis 420 Millionen steigen. Noch in diesem Jahr könnte damit die Milliardengrenze überschritten werden – zum ersten Mal seit 2010. 

Hunger

Schon vor Corona war die Zahl der hungernden Menschen in drei aufeinanderfolgenden Jahren wieder gestiegen. „Dieser Trend wird durch die Coronakrise weiter angeheizt. Denn wer heute wegen der Coronakrise seinen Job verliert, leidet in vielen Ländern schon morgen Hunger“, erläutert Dittli. Viele Länder sind zudem ohnehin schon schwer belastet durch den Klimawandel, Kriege oder andere Katastrophen wie beispielsweise die Heuschreckenplage in Nordafrika. Das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) befürchtet, dass zehn Millionen weitere Kinder von Mangelernährung betroffen sein werden – ein Anstieg um 20 Prozent. Bekommen kleine Kinder zu wenig zu essen, führt dies häufig schon nach kurzer Zeit zu irreversiblen Schäden oder gar zum Tod. 

Bildung

Die weltweiten Corona-Massnahmen haben dazu geführt, dass zeitweise mehr als 90 Prozent aller Schüler zu Hause bleiben mussten. „Anstatt zu Hause zu lernen, müssen viele dieser Kinder wieder auf dem Feld oder im Familiengeschäft mitanpacken“, sagt Dittli. Je länger diese Situation andauert, desto wahrscheinlicher ist es, dass ein Kind, seine Ausbildung nie wieder aufnimmt. Vor der Krise gingen neun Prozent aller Kinder weltweit nicht zur Schule. „Wir befürchten, dass diese Zahl wieder steigen wird. Insbesondere Mädchen sind gefährdet, da es sie meist zuerst trifft, wenn die Familie sich den Schulbesuch nicht mehr leisten kann“, so Dittli. 

Kindersterblichkeit

„Wenn Eltern kein Geld für Medizin und Hygienemittel mehr haben und gleichzeitig die Gesundheitssysteme überlastet sind, ist eine Zunahme der Kindersterblichkeit absehbar“, so Dittli. Konnte die Zahl der jährlichen Todesfälle bei Kindern unter fünf Jahren seit 1990 von 12,7 Millionen auf rund 5,3 Millionen mehr als halbiert werden, deuten aktuelle UN-Prognosen darauf hin, dass sie wieder ansteigen könnte. Vor der Coronakrise starben täglich weltweit durchschnittlich 15.000 Kleinkinder unter fünf Jahren. Nun könnten es täglich rund 6.000 mehr sein. „Diese Todesfälle werden zu einem Grossteil auf das Konto von vermeidbaren Krankheiten wie Durchfall gehen. Hierzulande unvorstellbar“, erklärt Dittli. 

Gewalt, Missbrauch, Ausbeutung

Auch das erklärte Ziel der Vereinten Nationen, bis 2030 alle Kinder vor Gewalt, Missbrauch und Ausbeutung zu schützen, wird nach Befürchtungen von SOS-Kinderdorf nicht erreicht werden können – im Gegenteil: „Wo Grossfamilien, auf engstem Raum zusammen wohnen, mit Arbeitslosigkeit und Existenzängsten konfrontiert sind, beobachten wir seit Krisenbeginn einen Anstieg von häuslicher Gewalt“, berichtet Erika Dittli. Auch ausbeuterische Kinderarbeit oder Zwangsehen würden zunehmen. „Vor der Wahl die eigene Tochter hungern zu lassen oder zu verheiraten, entscheiden sich viele Eltern für Letzteres“, erklärt Dittli. 

Das Fazit der SOS-Programmleiterin: „Wenn wir als Menschheit bis 2030 einen Schritt vorwärts machen und uns nachhaltig von dieser Krise erholen wollen, müssen wir in die nächste Generation investieren – in Bildung und die Unterstützung von Familien. Denn die Kinder von heute werden darüber entscheiden, wie nachhaltig und krisenresistent unsere Zukunft sein wird.“ 

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