StartseiteMagazinKolumnenDie Corona-Warn-App - nicht ohne die älteren Menschen

Die Corona-Warn-App – nicht ohne die älteren Menschen

Seit einer Woche sind die Grenzen in Europa offen. Am 22. Juni steigt der Bundesrat, früher als erwartet, aus dem Notrecht aus, wechselt von der ausserordentlichen zur besonderen Lage. Und viele stellen sich die bange Frage: Kommt diese umfassende Lockerung nicht zu früh, warum gibt es nur eine Maskenpflicht bei Demonstrationen, nicht aber im öffentlichen Verkehr, wo sie angezeigt wäre? Kommt die Corona-Warn App, die „Swiss-Covid-App“, nicht zu spät? Und werden die älteren Menschen bei der Einführung der App auch miteinbezogen?

Aus verwandtschaftlichen Gründen und wegen verschobener Termine verbringe ich ein paar Tage in Deutschland, im Grossraum Stuttgart. Und was erlebe ich hier, eine weit  diszipliniertere Bevölkerung als in Zürich. Sass ich im Tram in Zürich, war ich oft der einzige, der eine Maske trug. Und im Tagesanzeiger-Online las ich am letzten Donnerstag: „94 Prozent der Pendler tragen keine Maske – und die Fallzahlen steigen.“ Ein ganz anderes Bild in Deutschland. Die Masken werden getragen im öffentlichen Verkehr, in den Geschäften, und auf den Strassen sind die Menschen, die keine Masken tragen, immer noch in der Minderheit. Und in den Restaurants ist es Pflicht, sich mit Adresse, Zeitpunkt und Dauer des Besuches in einem Formular eigenhändig einzutragen. Sind die Menschen in Deutschland solidarischer, gehorsamer, abgesehen von den rund 500 männlichen  Krawallanten der Stuttgarter Partyszene, die Samstagnacht in der Innenstadt wüteten, brutal gegen die Polizei vorgingen und sich dabei mit Masken tarnten? Oder ist es das Unbehagen, welches durch die hohen Zahlen der Infizierten in den Schlachthöfen, bei grossen Familienfesten aufkommt, das zur Vorsicht mahnt?

Jedenfalls kann aber im Gegensatz zur Schweiz in Deutschland bereits seit letztem Dienstag die Corona-Warn-App heruntergeladenen werden. Bis zum Wochenende haben schon etwa 10 Millionen Menschen diesen Schritt auch vollzogen. Und bereits ist eine Kontroverse darüber ausgebrochen, weil der Zugang zur App nicht so einfach ist, obwohl im Internet von der Bundesregierung alles verständlich, animierend erklärt wird. Trotzdem werden nach Presseberichten die Gesundheitsämter mit Anfragen nur so überhäuft, und in den Betrieben sind es die Personalabteilungen, die sich den Fragen der Mitarbeitenden kaum erwehren können. Der Hauptgrund: Es braucht ein Smartphone, auf dem mindestens die Android-Version 6,0 oder das Apple-Betriebssystem iOs 13,5 läuft.

Kritiker halten fest, dass damit rund 80% der über 80jährigen von der Nutzung der App ausgeschlossen sind. Die Zahlen sind deutlich: Die Senioren der Altersgruppe ab 73 Jahren haben in Deutschland nur 51 % und die älteren Menschen ab 84  haben erst rund 40 % einen Internetzugang. Diese Zahlen sind aufgrund verschiedener Studien in der Schweiz etwas, aber nicht viel besser. Es sind also just die Personen, die zur Risikogruppe zählen, welche von der App ausgeschlossen sind.

In der Schweiz laufen zurzeit erste Tests mit der Warn-App „SwissCovid“. Zwar basiert die Swiss Covid App technisch auf dem gleichen Prinzip wie die deutsche Corona-Warn-App, dennoch sind die beiden Apps nicht kompatibel. Kommt hinzu, dass Android und iOS immer nur eine aktive App zur Corona-Kontaktverfolgung erlauben. Daher können leider nicht mehrere Apps parallel genutzt werden. Grenzgänger beispielsweise können also nicht einfach beide Apps installieren. Immerhin hat die deutsche Bundesregierung deshalb ihr Interesse an einer Kompatibilität mit SwissCovid bekundet. Das genügt aber im reisefreudigen Europa bei weitem nicht. Ziel muss es doch sein, dass die Apps zumindest in Europa untereinander Daten austauschen können. Die Schweiz hat sich mit der EU und den verbliebenen Efta-Staaten für eine kompatible App einzusetzen,

Es bleibt nun zu hoffen, dass die entsprechende und notwendige Gesetzgebung aus Datenschutzgründen in der Schweiz so schnell wie möglich unter Fach und Dach kommt, so dass die Schweizer-Warn App im kommenden Monat Juli offiziell eingesetzt werden kann. Vorgesehen ist, dass die Verordnung vom Bundesrat am nächsten Mittwoch verabschiedet wird. Und zu hoffen ist zudem, dass in der Schweiz die aktuell in Deutschland gemachten Erfahrungen mit den älteren Leute  beherzigt werden. Der Kauf eines Smartphones könnte erleichtert, subventioniert werden, genauso wie der Kauf von Hörgeräten von der AHV mitfinanziert werden. Das Prozedere ist bekannt: Es müsste nur auf Smartphones angewendet und ausgeweitet werden. Die notwendigen Finanzen wären aus den bereits gesprochenen Corona-Milliarden abzuzweigen. Daneben ist eine breite Informationskampagne vonnöten, die verstanden wird. Und an entsprechenden Hilfestellungen, wie Einführungskurse und Beratungen wird sich seniorweb.ch aktiv beteiligen. Die Not macht erfinderisch. Diesmal darf die Politik die älteren Menschen nicht ausser Acht lassen, wie sie es zu Beginn de Corona-Krise tat, als die Alters- und Pflegeheime im Gegensatz zu den Spitälern in den Hintergrund rückten, in Vergessenheit gerieten.

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5 Kommentare

  1. Guten Tag
    Dieses Problem dürfte ein Fall für den Schweiz. Senioren Rat SSR sein.
    Mit freundlichen Grüßen
    Prof. Jörg Conrad

  2. Auch die zurzeit runterladbare SwissCovid Preview App läuft auf Apple/iOS nur auf dem neusten Betriebssystem 13.5. Ich bin immer noch sehr zufrieden mit meinem iPhone 5s, das ich neben meinem Macbook Pro täglich oft benutze – darauf läuft nur iOS 12.4.7 und so kann ich die App nicht laden und ein neues iPhone ist es mir vorläufig nicht wert.

  3. Die grundsätzliche Frage ist, ob die App nicht zum sorglosen Umgang mit der Pandemie in der Öffentlichkeit verleitet. Ich habe ja die App und werde, wenn wirklich Ansteckungsgefahr drohte, informiert. Wenn ich mich nicht in Massenveranstaltungen begebe, grössere Menschenansammlungen vermeide, den ÖV nur ausserhalb der Stosszeiten nutze und eine Maske trage ist die Ansteckungsgefahr gering. Die Gefahrenherde zu meiden, ist für ältere Personen ohnehin angesagt. Also erübrigt sich das Problem mit fehlenden oder veralteten Smartphones.

    Massenveranstaltungen durchzuführen ist in der momentanen Situation verantwortungslos. Personen, die sich innerhalb solcher Veranstaltungen anstecken, sollten die Kosten, die für das Tracing anfallen, übernehmen müssen.

  4. Ich, 82-jährig, benutze seit Jahren ein aktuelles Smartphone. Ich kann es bedienen, nutzen und Neues entdecken, auch die SwissCovid App. Meine Umgebung hat, wenn überhaupt, ein modernes und altersgerechtes Tastentelefon. Mit den grossen Tasten und sind sie bestens bedient. Man könnte damit sogar fotografieren und SMS/MMS benutzen. Die Idee, moderne Smartphones günstig zur Verfügung zu stellen, um im Trackingnetz dabei zu sein, wird schon nur an den Anforderungen der Inbetriebnahme solcher Geräte scheitern!

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