Wenn das nur gut geht. 183’000 Neu-Infizierte in Nord- und Südamerika an einem Tag und mehr als 1’300 Ansteckungen in einer Fleischfabrik im deutschen Gütersloh melden die Medien. Die andere Hiobsbotschaft ist der Epidemie-Dammbruch in den indischen Ballungszentren und ein offenbar mutiertes Coronavirus in Peking, das Rätsel aufgibt. Auch hier steht wiederum ein Markt im Brennpunkt.
Und die Schweiz? Die Augen über die globale Ausbreitung der Ansteckungsherde zu verschliessen, wäre leichtfertig. Während sich die Mehrheit der Bevölkerung hierzulande an die behördlichen Auflagen hält, die Kulturinstitute, die Einkaufsläden und Gastrobetriebe vorbildlich darauf bedacht sind, die verordnete Eigenverantwortung umzusetzen, kümmert sich das Partyvolk und die wieder Morgenluft witternden Demonstrierenden keinen Deut mehr um die Vorschriften.
Der Bundesrat steht mit dem Rücken zur Wand. Wenn er der an sich verständlichen Ungeduld der Wirtschaftsparteien und ihren Verantwortungsträgern zu rasch nachgibt, mahnen die Epidemiologen, Ärzte und Spitäler zur Vorsicht, weil eine zweite Welle sowohl gesundheitspolitisch wie wirtschaftlich unabsehbare Konsequenzen nach sich zöge.
Während sich in den Nachbarländern die Menschen in Sachen Maskenpflicht zumeist diszipliniert verhalten, tragen bei uns im Durchschnitt nur rund 6 Prozent den Schutz. Die Risikogruppen werden von den Leichtfüssen schon misstrauisch beäugt, wenn sie in den öV-Betrieben und im Strassengewusel maskiert Vorsicht walten lassen. Und ob die SwissCovid App, besser bekannt unter dem Namen Contact Tracing, die erforderliche Mehrheit der Nutzer finden wird, ist mehr als fraglich.
Die illegalen Demos sind ein anderes Kapitel. Kurz hintereinander gingen Tausende mit dem importierten Slogan „Black Lives Matter“ gegen Rassendiskriminierung und Gewalt auf die Strasse, gefolgt vom Jahrestag des Frauenstreiks und Tage später der stundenlang mutwilligen Besetzung der Zürcher Quaibrücke durch rabiate Umweltaktivist*innen. Interessant sind hierbei folgende Beobachtungen: Gewalt zu verurteilen ist sicher legitim. Selbst die Polizei verriet Augenmass und liess die Ansammlungen gewähren, auch wenn sich die meisten nicht an die Regeln der Sorgfaltspflicht hielten. Aber Gewalt anzuprangern und dann am Schluss der Kundgebung von Linksautonomen und Scharfmachern Gewalt anzuwenden gegen eben diese Polizei, ist schwerlich hinzunehmen.
Das Zürcher Problem ist aber hausgemacht. Während der AL-Stadtrat Richard Wolff als Polizei-Vorsteher nach Jahren des befangenen Lavierens das Departement wechseln musste, rätselt man jeweils bei seiner Nachfolgerin, der Grünen Karin Rykart, ob sie die verordneten Weisungen umsetzt oder dem Druck der Strasse nachgibt. Während der kantonale Sicherheitsdirektor Mario Fehr den Schulterschluss mit Bern konsequent praktiziert, ist das rot-grüne Zürich eine Wundertüte. Die Aktivisten machen sich dieses Vakuum noch so gerne zu eigen, um an jedem Wochenende einen Demo-Grund aus dem Hut zu zaubern. Action und provozierte Nadelstiche als coole Freizeitbeschäftigung? Es macht den Anschein.
Apropos Legalität: In Basel wurde eine kurdisch-stämmige Nationalrätin am Frauenstreiktag kurz festgehalten, weil sie sich angesichts der willkürlichen Blockade der Mittleren Brücke uneinsichtig zeigte und die bürgerlichen Grundrechte auf öffentliche Meinungsäusserung höher gewichtete als die Vorgaben des Bundes. Rechte für die Frauenanliegen und Pflichten für die Polizei im Widerspruch? Als Parlamentarierin müsste die Grüne eigentlich rechtsstaatliche Prioritäten abzuwägen wissen. Wer Solidarität einfordert, müsste die Blindenbinde durch ein offenes Visier für den praktikablen Gemeinsinn ersetzen.
Bleibt noch das Mohrenkopf-Verdikt. Soll ich als Zürcher inskünftig gegen „Züri-Gschnätzlets“ die beleidigte Leberwurst spielen? Natürlich ist der Vergleich nicht ernst gemeint, aber die aktuelle Verbotswelle feiert schon seltsame Begleiterscheinungen.